Kennt jemand die „Thundermans“? Nein? Sagt keinem was? Macht nix. Bis vor kurzem waren sie auch mir kein Begriff. Bis sie jemand hier eingeschleppt hat. Ich glaube, der Sohn von Freunden war es. Und, ach ja, noch eine Frage, bevor ich Näheres erkläre. Hat jemand der Leserschaft Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren? Ja? Dann kann es sein, dass die „Thundermans“ auch bald Teil der Familie werden. Es sei denn, es handelt sich bei euch oder Ihnen um eine super politisch, ultra bewusste und vor allem durchweg medienkritische Familie. Diejenigen werden die „Thundermans“ vielleicht nie kennenlernen. Wir sind leider nicht so. Ich glaube, wir wollten auch nie so sein. Wir hatten auch nicht vor, den gesamten Haushalt auf vegane Ernährung umzustellen. Ein bisschen Lebensphilosophie der 80er und 90er darf wegen mir ruhig noch bleiben. Zumindest eine Mischung aus den unterschiedlichen Welten. Vielleicht rede ich mir das aber auch gerade nur ein, weil wir kapituliert haben. Aufgegeben und inmitten von Corona die letzte Disziplin fallen lassen.
Jetzt regieren die „Thundermans“ das Serienprogramm. Aber wer zur Hölle sind sie eigentlich? Die „Thundermans“ sind eine Art Superhelden-Sitcom für Kinder in der oben genannten Altersspanne. Ich habe lediglich eine Folge gesehen. Zur Selbstvergewisserung, ich kann ja nicht alles zulassen. Vielleicht habe ich aufgegeben, ich bin aber noch längst nicht blind und naiv. Nach meiner Einschätzung ist es eine eigene Mischung aus „Eine schrecklich nette Familie“, „Mork von Ork“ und der Bat-Man-Reihe mit Adam West. Päng. Boom, Dong! Nano-Nano? Alles kapiert? Richtig. Im Kern eine coole Mixtur also. Denn alle drei Reihen habe ich in meiner Jugend in den verschiedenen Phasen ausgiebig selbst geglotzt. Und als „Batman hält die Welt in Atem“ damals völlig überraschend der Abend-Wunschfilm an einem Samstag im ZDF wurde, glaubte ich wirklich ganz kurz, wir Kinder könnten mächtig mitbestimmen im Kosmos der Erwachsenen. Erst später wurde mir klar, dass dieser Abend eine Ausnahme war. Wie so vieles in einer in weiten Teilen ungerechten Welt und in meinem späteren Leben. Ein überraschender Coup fast geleichzusetzen mit dem Pokalsieg der Eintracht 2018. Aber nur fast.
Zurück zum Thema. So eine furiose Mischung kann ich jetzt meinen Kindern nicht vorenthalten. Eine Folge habe ich bislang nur geschaut und ich bin einmal ehrlich: Ich würde gerne noch viel mehr davon sehen, müsste ich nicht gleichzeitig irgendwelchen Erwachsenenkram erledigen. Zeugs wie Videokonferenzen durchführen, Berichte des Vorstands schreiben oder mit Mitarbeiterinnen und MItarbeitern über deren Arbeitspensum quatschen. Alternativ das Abendessen kochen, mit meiner Frau die anstehende Kommunion besprechen oder nur mal die Steuer vorbereiten. Und damit meine Frau und ich diesen Erwachsenenkram wenigstens halbwegs konzentriert erledigen können, lassen wir die Kinder eben die „Thundermans“ glotzen. Ist kein sonderlich schlauer Trick, aber manchmal fällt mir partout kein anderer ein. Und seit Corona wütet, schon mal gar nicht.
Die eine Folge lässt mich also schon mal gar nicht hier den „Thunderman“-Kosmos erklären, deshalb brauche ich kurz mal die Hilfe meiner Tochter. Also bitte, Hanni, sei so nett, wer sind die „Thundermans“ und welche Superkräfte haben sie? Die „Thundermans“ sind …
- Hank Thunderman: 52 Jahre – Kräfte: Superstark, kann fliegen
- Barbara (Barb) Thunderman: 44 Jahre – Kräfte: Lilafarbene Blitze schießen
- Phoebe Thunderman: 15 Jahre – Kräfte: Telekinese, Frost-Feueratem
- Max Thunderman: 15 Jahre – Kräfte: Telekinese, Frost-Feueratem
- Billy Thunderman: 10 Jahre – Kräfte: Superschnell rennen
- Nora Thunderman: 8 Jahre – Kräfte: Laseraugen
- Chloe Thunderman: 5 Jahre – Kräfte: Teleportation, Baby-Kräfte: Seifenblasen
Das Alter ist jeweils von meiner Tochter geschätzt, ich glaube, sie liegt damit aber verflixt nah dran. Dazu kommt noch Dr. Colosso, ein Superschurke, der als Kaninchen verwandelt in einer Art Gefangenschaft bei den „Thundermans“ lebt. Es ist also einiges geboten. So viel, dass sie jede Folge der vier Staffeln mindestens zwei bis dreimal mit mächtig vielen Schenkelklopfern und massig Gekicher geschaut haben. Die „Thundermans“ haben mal alle bisherigen Serien ins Abseits geschoben. Bäng, Boom, Peng. „Sprit“, „Miraculous“, „Bibi & Tina“, gähn, schnarch, Schnee von gestern. Allenfalls Notfallprogramm! Diese Familie besetzt jede Pore. Kürzlich wollte Bruno partout nicht aufstehen, weil er noch dringend frühs um sieben über die „Thundermans“ nachdenken musste. Dazu fragt er mich, ob ich ähnlich stark wie Hank Thunderman bin. Herrje. Das nenn’ ich eine Fanschaft!
Ich bin natürlich nicht so stark wie Hank Thunderman und fliegen kann ich auch nicht. Meine Frau ist zwar gerne ordentlich auf Zunder, aber lilafarbene Blitze fliegen noch lange nicht. Die Betonung liegt hier auf noch nicht. Aber, dass sich die Gedanken meines Sohnes bereits kurz nach Sonnenaufgang ausschließlich um Hank Thunderman drehten, führte zu einem kleinen Frost-Feueratmen in meinem Rachen. Ich glaube, es wird höchste Zeit, dass Corona sich mal vom Acker macht. Das nimmt sonst kein gutes Ende. Nano-Nano!
Bruno und ich hören: Seam „Are You Driving Me Crazy?“ (Touch and Go Records)