Hey, willkommen 2020! Ich wünsch’ mir was! Ganz ernsthaft. Aber nicht Nicole-mäßig „Ein bisschen Frieden“ oder „Schnaps für alle und das für umme“. Ganz so naiv bin ich in Anbetracht der Schwachmaten, die überall an den Tresen der Welt das Bier ausschenken, auch wieder nicht. Aber es geht einen Hauch in die Richtung. Jaja. Besser mal rucki-zucki den Böllerdreck zusammenkehren. Ich wünsche mir nämlich ein paar bessere Umgangsformen und Verlässlichkeit. „Hallo“, „Grüß Gott“, „Wie geht’s“, „Auf Wiedersehen“, „Dankeschön“. Tür aufhalten, im Bus aufstehen, wenn die Oma einsteigt, dem Blinden kein Bein stellen und den jungen Halbstarken in der S-Bahn nicht im Stil eines renitenten Alt-Nazis angeifern, nur weil der lautstark mit seinem Kollegen debattiert. Die Jugend von heute ist nicht so schlecht wie alle denken und außerdem kommen wir ansonsten eh nicht weiter. Diese Dinge wünsch’ ich mir. Es geht mir tierisch auf den Klettverschluss, dass das immer weniger Menschen interessiert, wie man miteinander spricht und welche Regeln noch verbindlich gelten. Dabei geht’s mir vor allem um den allgemeinen Straßen- und alltäglichen Geschäftsverkehr. Nicht Geschlechtsverkehr, GESCHÄFTSverkehr! Mal ganz genau lesen, ihr Schlawiner! Das ist mein Thema. Da wäre uns allen geholfen. Und wenn ich schon mal dabei bin, wünsch’ ich munter weiter. Ich wünsche mir, dass ihr Vögel, die ihr mir vorher auf Ebay-Kleinanzeigen 48 Fragen zur nie getragenen Jeans gestellt und gehandelt habt, als ginge es um einen Ferrari plus, dann wenigstens auch zum Abholen kommt. Ich hab’ die nämlich auf eure sehr reduzierte Frage: „Hose noch da? Morgen, 11 Uhr?“ tatsächlich reserviert und gewartet habe ich auch. Und vorher auf euer penetrantes Nachfragen sogar noch den Bund und die Hoseninnenseite gemessen und dazu zwei weitere Bilder geschickt. Oder so ähnlich. Hab’ ja sonst nix zu tun. So bin ich. Ihr Knallköppe kommt aber nicht, weil es euch anscheinend völlig am Hintern vorbeigeht. Aber es gehört sich so. Also das Kommen, wenn man sich ankündigt. In meiner Welt. Dann brummt der Umgang auch wie ein mit Flutschi geölter Motor. Ach was wär das schön. Auch toll wäre es, wenn meine Frau auf dem Gehweg nicht unvermittelt als „blöde Fotze“ angeschrien werden würde, nur weil sie mit ihrem Fahrrad kurz das Trottoir kreuzt. Denn A) ist sie das wirklich nicht und B) ist das kein Verstoß, der solch eine Beschimpfung rechtfertigt. Was machen wir denn, wenn tatsächlich wirklich ein Bock geschossen wird? Kopf und Bein ab? Nur, um mal die Koordinaten wieder zu richten. In Deutschland 2020. Und ich wünsch’ mir, dass die Verkäuferin im Spielzeugladen auf meine Frage, ob denn der „Paw Patroller“ noch mal ins Lager kommt, nicht einfach ein barsches „Weiß ich nicht“ und auf mein Nachhaken „Wirklich niemand hier weiß das?“ kein trockenes „Niemand!“ ins Gesicht blökt. Und stattdessen ein „Lieber Herr, da frag’ ich gleich mal nach, lassen sie ihre Nummer da, wir melden uns“ ins Ohr säuselt. Ganz kundenorientiert. Das wünsch’ ich mir vom neuen Jahr. Herrgott, das kann doch alles nicht so schwer sein. Dann muss ich vielleicht auch nicht mehr ganz so viel pöbeln!

Geht aufs Haus 1|2020
Die FRIZZ-Kolumne: Ralph Rußmann wünscht sich was.