Eigentlich wollte ich etwas über meine neue Liebe schreiben. Ganz positiv, ohne aggressiven Puls. Dann fuhr ich 1.100 Kilometer mit meiner Familie quer durch Frankreich aus dem Urlaub nach Hause und kaum rotierte die private Dreckwäsche in der Maschine, saß unser aller Laschet schon im feingebügelten Hemd in einem Jugend-Boxprojekt im Frankfurter Gallus. Da geriet ich ins Schwitzen. Ganz ohne zu boxen. Und es fiel mir wie Schuppen von meinen müden Augen: verdammt, Wahltag! Im September. Kann ich ja nicht völlig ignorieren. Auch wenn ich es wirklich gerne täte.
Also, wenn jeder heiß läuft, bitteschön, dann will ich mir nichts vorwerfen lassen und schieße einen aus der Hüfte. Denn selbst der kleine Mann aus NRW löst umständlich die Manschetten-Knöpfe, steigt in den Ring und zeigt sich sozial interessiert. Alle aufpassen! Jetzt wird es also ernst. Soll keiner denken, der Armin wüsste nicht, wo der Hammer hängt und der Schuh drückt. Und kaum sitzt der Frack wieder blitzsauber und wie eine Eins, biedert er sich gleich mal ordentlich beim verrückten Elon Musk an und lässt sich zu allem Überfluss vom neuen König des Weltalls mächtig vorführen und auslachen. Wasserstoff? Hahaha, hohoho.
Der Elon weiß einfach alles und Armin schaut staunend auf. So souverän wünscht man sich einen Bundeskanzler, gelle! Keine Arschkriechereien und immer die Hände aus den Taschen. Herr im Himmel, was hatte da die Angela noch Profil!
„Fliegt los, meine Späher und bringt mir Annalenas Kopf!“
Aber gut, derweil hat die BILD-Zeitung unter Führung von Julian Reichelt die grüne Rey Skywalker so quer durchs Gebälk gebasht, dass in diesem Fall eh nur Schadensbegrenzung angesagt sein kann. Eine historische Chance leider fulminant an die Wand gesetzt. Das gelingt sonst in dieser Qualität höchstens Eintracht Frankfurt. Doch viel unglücklicher und hüftsteifer kann man sich nicht von einer bis ins Mark angstvoll erschütterten Männermischpoke durch die Manege treiben lassen. Jetzt rufen sie alle im stillen Kämmerlein nach dem geschmeidigen Robert, doch dieser Zug scheint bereits nach Nirgendwo zu fahren. Aber vielleicht wäre das, entgegen der gängigen Praktiken, eine Möglichkeit gewesen, einfach mal zu zeigen, wie es wirklich ist und das eigene Ego ruhen zu lassen. Wer annähernd einmal im Wissenschaftsbereich oder in einer Führungsfunktion tätig war, hat eine grobe Ahnung, wie schwer das alles unter einen Hut zu bringen ist. Vollzeitjob, Zeit für die Kinder finden, Buch schreiben und hier noch Wahlkampf führen. Da kann der Mann noch so emanzipiert treu zur Seite stehen, ohne fremde Hilfe oder Fünfe gerade sein lassen, funktioniert so etwas nur schwer. Übrigens machen das viele Männer seit Lebzeiten nicht anders, es kümmert nur so richtig niemanden, wenn dabei beschissen wird. Schwamm drüber. Kavaliersdelikt. Doch Reichelts Höllenbastarde schlagen eh nur an, wenn es dem männlichen Patriarchat und dem Tafelsilber des konservativen Wohlstands an den Kragen geht. Klassische Konditionierung. Blut gerochen und ab geht es. „Fliegt los, meine Späher und bringt mir Annalenas Kopf!“ Herrje. Hättest du dich nur aufs Wesentliche konzentriert, Annalena! Bücher schreiben kannst du, wenn die Rente kommt.
Das passiert aber, weil in dieser Welt immer alle unentwegt und dauernd alles machen wollen. Wie der nimmermüde Matthias Schweighöfer Drehbücher verfasst, Filme dreht und Bands gründet. Anstatt sich einfach nur darauf zu verständigen, treudämliche Gesichter in Till Schweiger oder Zack-Snyder-Zombie-Filmen zu machen. Das reicht völlig, um Kind und Kegel zu ernähren und Ruby O. Fee bliebe trotzdem treu an seiner Seite. Dagegen kommt am Ende dann so ein Schmodder wie „Lachen Weinen Tanzen“ raus. Braucht keine Sau!
Aber zurück zum Wahlkampf. Da staunt nämlich einer plötzlich gar nicht schlecht und wittert seine Chance. Jetzt stellt sich einmal jemand vor, die SPD mit Olaf Scholz rollt das Feld von hinten auf. Das wäre ja fast so, als würde der HSV 2023 deutscher Meister werden. Mann, Mann. Dieses Land ist gerade in der Midlife-Krise. Vielleicht fahr’ ich grad weiter nach Italien.