Was hat man sich an ihnen bereits abgearbeitet, durch Filme und Bücher gezogen, Klänge von damals hoch- und runtergespielt – an den vermeintlich und ach so goldenen Zwanzigern. Man wähnt sich förmlich dabei gewesen zu sein, entkommt der medialen Aufarbeitung doch so schnell niemand. Umso gespannter konnte man sein, als TASCHEN ein neues Werk mit dem verheißungsvollen Titel „Es wird Nacht im Berlin der wilden Zwanziger“ ankündigte.
Es hatten sich Autor Boris Pofalla und Illustrator Robert Nippoldt zusammengetan, um „den Geist dieses Jahrzehnts in einem atmosphärisch dichten Album einzufangen“. Versucht haben das ja schon einige. Einigen ist das durchaus auch gelungen. Vollendet haben jenes komplexe Aufgabenfeld allerdings just genannte Herren. Man hält ein – wie aus dem Hause TASCHEN gewohnt – edles Werk in Händen, das gut das Doppelte kosten dürfte, so hochwertig und brillant ist es gearbeitet. Großzügige Abbildungen, kurzweilige Texte, sorgfältigst recherchiert, Themen, die weiter als über den sprichwörtlichen Tellerrand blicken lassen und doch so berlinerisch sind wie sie nur sein könnten.
Und ja! Es wird tief in den dunklen Facetten des Molochs gewühlt, Armut und Laster gleicher Raum gewährt wie Glitzerrevuen und Erfolgsmelodien. Man sollte sparsam mit Lobhudeleien und Superlativen umgehen, aber dieses Buch hat auf unbestimmte Zeit seinen Platz gefunden: den der schönsten Hommage an Berlin. Dass sich auf der vorletzten Seite auch noch eine CD mit weltbekannten Titeln von Interpreten wie Brigitte Helm, Marlene Dietrich oder Lotte Lenya versteckt, macht diesen Band auch nur noch perfekter.