Nun sind Achim Greser und Heribert Lenz auch in ihrer Wahlheimat Aschaffenburg ganz offiziell Superstars. Zuerst öffnete am 17.3. die Kunsthalle Jesuitenkirche ihre Tore für eine fünfmonatige Werkschau mit 150 Originalen. Und dann wurde ihnen auch noch der Aschaffenburger Kulturpreis verliehen, in Anwesenheit von unter anderem Günther Jauch, der anscheinend auch mal echte Promis von Nahem und in Farbe erleben wollte.
Was fehlt in dieser Reihe noch? Klar ein Schnack mit den FRIZZen! Und um ehrlich zu sein, es war gar nicht so einfach Heribert Lenz an die Strippe zu bekommen. Drei Anläufe brauchte es, um dem vielbeschäftigten Zeichner in den hektischen Tagen rund um die Ausstellungseröffnung, Daily-Business und anderen Presseterminen unsere Fragen um die Ohren zu hauen. Unser Slot: Im Anschluss an eine Pressekonferenz und einen wahren Interviewmarathon …
FRIZZ Das Magazin: Hallo Herr Lenz, ich hoffe, der Tag war bislang nicht allzu stressig?
Heribert Lenz: Naja, der Tag war bislang schon anstrengend. Wir haben schon recht viele Interviews gegeben und das kann schon ziemlich anstrengend sein, besonders wenn sich die Fragen sehr ähneln. Aber das gehört ja auch dazu.
So, jetzt machen Sie mir Angst.
Ach nein (lacht). Wir haben im Schlappeseppel pausiert und sind erholt. Alles gut!
© Greser und Lenz
Homo sapiens raus!
Wie sieht denn ein absolut durchschnittlicher Tag im Leben eines erfolgreichen Karikaturisten-Duos aus?
Auch wenn das einige vielleicht denken, führen wir auf jeden Fall kein Bohème-Leben. Wir treffen uns jeden Tag gegen 10 Uhr, da haben wir beide schon die Zeitungen und das Netz nach relevanten Themen durchgeschaut. Und dann geben wir jedem Tag einfach eine Chance.
Der kreative Prozess, wie läuft der bei Ihnen ab?
Zuerst sondieren wir Themen, die sich für unsere Arbeit anbieten. Wir reden dann durchaus ernsthaft und ausführlich darüber. Dadurch ergeben sich Ansätze, an denen wir unser Glück versuchen. Dann beginnen wir mit ersten Skizzen dazu. Wir arbeiten ja schon seit über 27 Jahren zusammen und haben da natürlich Routine entwickelt. Das Motiv bildet sich, später kommen dann Sprechblasen und Unterzeile dazu. So entsteht ein Bild nach und nach. Wichtig ist uns aber immer, dass auch Leser, die sich nicht konsequent mit allen tagespolitischen Vorgängen auseinandersetzen, unsere Witze verstehen können.
Kann es auch vorkommen, dass dieser Ablauf mal durchbrochen wird, beispielsweise wenn zuerst eine Textidee existiert?
Dann ist die Frage, in welcher Szenerie können wir das erzählen. Es passiert auch, dass wir zwei ursprünglich getrennte Ansätze dann in einem Bild verschmelzen. So wie beispielsweise jüngst bei der Karikatur mit dem Papst, der den Bahnvorstand auffordert, die weiße Flagge zu heben und dem GDL-Chef Weselsky nachzugeben.
Gibt es von Ihren Kunden eigentlich auch Themenvorgaben?
Eher selten. Wir schicken in den allermeisten Fällen Ideen an die Redaktion. Bisweilen wird uns ein Themenwunsch angetragen, wenn sich partout keine Illustration findet. Viele Themen halten oft kaum länger als 24 Stunden. Bei der FAZ zum Beispiel kann es durchaus vorkommen, dass wir ein Bild einreichen und es nicht gedruckt wird, weil das Thema quasi schon „verfallen“ ist.
Sie könnten also auch gar nicht „auf Halde“ produzieren?
Wir heben alle Skizzen auf. Und wenn irgendein Thema irgendwann mal wieder aktuell ist, kann man diese Skizzen eventuell modifizieren und daraus dann etwas machen. Aber bewusst auf Halde produzieren geht eigentlich gar nicht mehr. Sie merken es ja selbst jeden Tag, alles hat sich dermaßen beschleunigt und was innerhalb von 48 Stunden nicht platziert wurde, ist definitiv vorbei und man kann es vergessen.
© Greser und Lenz
Homo sapiens raus!
Viele Kreative berichten von der „Angst vor dem weißen Blatt“. Schon mal selbst von einer Blockade betroffen gewesen?
Es ist umgekehrt, wir machen dem weißen Blatt Angst (lacht). Es ist natürlich manchmal so, dass wir nicht in Form sind. Aber selbst dann finden oft wir am Ende des Tages doch immer noch eine Lösung. Außerdem können wir Krisen oder Lustlosigkeit, wenn wir uns unterhalten, immer irgendwie wegzaubern, das funktioniert tatsächlich sehr gut bei uns.
Wie oft in Ihrem Leben haben Sie den Satz „Kann man davon leben?“ schon gehört?
(lacht) Inzwischen schon längere Zeit nicht mehr. Wir haben das große Glück, einen Exklusivvertrag zu besitzen. Auch unsere früheren Tätigkeiten für beispielsweise den Stern, Focus und den Spiegel haben dafür gesorgt, dass wir von unserer Arbeit ganz gut leben können. Es gibt aber durchaus Kollegen und Kolleginnen, die teilweise sehr hart kämpfen müssen und jeden Tag ihr Material auf gut Glück an verschiedene Zeitungen schicken mit der Hoffnung auf Abdruck. Wir sind da tatsächlich privilegiert, dass wir für die FAZ als Exklusivzeichner tätig sein dürfen.
Bei welchen Themen hört für Sie der Spaß auf?
Oh, das ist eine gute Frage. Tatsächlich versuchen wir ja, jedem Thema eine Chance zu geben. Aber es gibt dann tatsächlich Ereignisse, zu denen wir für unsere Arbeit noch keine passende Idee gefunden haben, der Krieg in Israel ist zum Beispiel so ein Thema. Die Zeiten haben sich verändert, es gibt Themen, bei denen für manche Menschen der Spaß aufhört. Die Leute werden achtsamer, wie es neudeutsch heißt. Wir sind der Auffassung, dass Witze eine wichtige Funktion in der Gesellschaft haben. Lachen kann befreiend sein und Spannungen lösen. Witze dienen der gesellschaftlichen Entlastung. Minderheiten sollten viel mehr Witze über Mehrheiten machen. Menschen, die zu uns gekommen sind, haben einen anderen Blick auf uns Deutsche. Es ist verbindend, übereinander zu witzeln, und sich dabei auch durchaus mal etwas härter anzupacken.
Worüber können die Herren Greser & Lenz selbst lachen?
Gerne auch über alte, klischeehafte Witze. Oder im Schlappeseppel, wenn Leute am Nebentisch Witze über uns machen, weil wir gerade so abgefeiert werden. Das ist auch lustig und das gehört dazu. Die Aschaffenburger sind sehr scherzbereit und witzfest. Sie haben Humor.
Apropos Schlappeseppel, Sie haben da ja Routine-Termine …
Durchaus. Unser Platz ist da immer an diesem riesengroßen Stammtisch, der sich perfekt zum Austausch von Nachrichten, Klatsch und Tratsch eignet. Wir sind da zwei-, drei Mal die Woche.
© Greser und Lenz
Homo sapiens raus!
Aber dann sind diese Termine ja wahrscheinlich auch durchaus Teil Ihrer Arbeit, was Inspiration und Storys betrifft, oder?
Wir haben, glaube ich, noch nie einen fertigen, verwendbaren Witz mitgenommen. Aber atmosphärisch ist es einfach wunderbar, mit den Leuten da zu babbeln und Stimmungen aufzunehmen. Und in den Zeichnungen tauchen ab und zu mal Köpfe auf, die man aus der Kneipe kennen könnte.
Was wollten Sie schon immer mal in einem Interview über sich selbst hören oder lesen? Sie hätten jetzt die Möglichkeit, den Inhalt der letzten Frage komplett selbst zu bestimmen.
Oha, das ist ganz schwierig (lacht). Vielleicht das: Dass Greser & Lenz bei den Olympischen Spielen sieben Goldmedaillen aus Paris abgeräumt haben. Nein, dass wir eine saugute Wahl mit unserem Umzug nach Aschaffenburg getroffen haben und dass wir in dieser Stadt so wunderbar als Biertischmitsitzer aufgenommen wurden. Ich hoffe, ich habe das jetzt zu Ihrer Zufriedenheit gelöst.
Da können wir schon irgendwas draus machen. Wir danken für Ihre Zeit und wünschen alles Gute!
Im Schnelldurchlauf
Homo sapiens raus! Heimspiel für Greser & Lenz
Werkschau mit 150 Originalen der Karikaturisten
Bis 18.8.; Kunsthalle Jesuitenkirche, Aschaffenburg