Das Wintersemester neigt sich dem Ende zu. Im April geht’s mit dem Sommer- und vermutlich nächsten Corona-Semester weiter. Das heißt, es fangen wieder eine Menge (un-)entschlossener, junger, und wissbegieriger Menschen an, sich der akademischen Bildungsinstitution „Universität“ anzuschließen.
Mit inzwischen sieben Semestern auf dem Buckel, konnte ich mich schon einige Zeit mit dem Konzept des Studiums als spezialisierte Wissensaneignung vertraut machen. Mit Sicherheit gäbe es noch Exemplare mit durchaus tiefgreifenderen Erfahrungen – zumindest was die zeitliche Variable angeht, aber kurz vor dem ersten Abschluss, darf man sich dann doch ein meinungsbildendes Resümee erlauben. Es folgt eine nicht ganz so objektive Sichtweise auf das Studieren, während eine Pandemie wütet.
Der Februar 2020 war bis dato der letzte richtige Studienmonat. Geprägt von einer wie immer stressigen Prüfungsphase und sich in den letzten Feinschliffen diverser Hausarbeiten befindend, hat man sich auf die wohlverdiente vorlesungsfreie Zeit gefreut. Und Corona? Corona war da noch ein Phänomen in der Ferne, das ja vermutlich bald wieder verschwindet. Pustekuchen.
Als sich Ende März so langsam abzeichnete, dass das Sommersemester 2020 wohl nicht regulär stattfindet, wurde der kurze Hauch Vorfreude auf etwas Abwechslung und einem neuen Format des Lernens, Lehrens und Austauschs, durch einen ziemlich stark ausgeprägten Moment der Ernüchterung wieder ausgelöscht. So waren viele Kommilitonen – meine Wenigkeit eingeschlossen – anfangs davon begeistert, Seminarsitzungen und Vorlesungen über Zoom beizuwohnen. Gründe wie, „der Weg zur Uni fällt weg“, „länger schlafen“ und „macht ja keinen Unterschied, ob ich in der Videokonferenz mit Mitstudierenden und dem Dozenten diskutiere oder in einem Raum mit ihnen sitze“, wogen dann doch nicht die fehlende Sozialisation, hitzige Face-to-Face-Diskussionen ohne Betätigen eines Stummschaltknopfes oder das simple von Informationen berieseln lassen in einer Grundlagenvorlesung auf.
Spätestens nach besagtem Sommersemester war der Wille für die Rückkehr in den Präsenzunterricht wieder allgegenwärtig. Verschiedene Unis haben diverse Hygienekonzepte in Planung gegeben und der doch so hoffnungsvoll schimmernde Silberstreif am Horizont – ein Hybridsystem aus Präsenz- und Onlinelehre – wurde schlussendlich doch wieder durch eine fette, schwarze Wolke verdeckt, auf der „Zweite Welle“ stand.
Das Wintersemester 2020/21 hat kaum etwas Gutes mit sich gebracht. Das gleiche unmotivierende Lehr- und Lernsystem. Die gleichen technischen Schwierigkeiten in unserem Drittweltland der Digitalisierung. Die gleichen vielen Stunden täglich vor dem Rechner. Der gleiche, sich immer wiederholende Alltag. Hinzu kam der nie enden wollende Lockdown – erst in seiner seichten und später verschärfteren Version – und dem damit einhergehenden Wegbrechen der wenigen letzten Möglichkeiten, mal in eine Bar oder in ein Restaurant zu gehen.
Das mag jetzt alles ziemlich negativ klingen, hat man aber den Gegenpol „Studieren in Normalsituation“ miterlebt und voll und ganz genießen können, wäre es eine Lüge, zu behaupten, ein Onlinestudium wäre vergleichbar anreizend.
Es gibt vieles, was studieren ausmacht. Für mich ist es, mich zwischen den Vorlesungen mit meinen Freunden auf einen Kaffee treffen zu können. Mich bis tief in die Nacht in der Bib in Lernsessions zu verausgaben. Uns gemeinsam über die Schnelligkeit des Wegklickens der PowerPoint-Folien in einer Vorlesung zu beschweren. Nach einem anstrengenden Lerntag auf ein oder zwei (oder mehr) Bier mit den Kumpels und Kumpelinen in die Stammkneipe zu gehen. Fragwürdiges Mensaessen zu konsumieren. Mich mit Profs in Sprechstunden auszutauschen. All das und noch viel mehr sind wichtige Punkte für die Weiterentwicklung als Studierender und nicht 90 Minuten eine Ansammlung stummer, schwarzer Kacheln anzustarren und darauf zu hoffen, dass sich irgendjemand dazu erbarmt, einen Laut von sich zu geben.
Die wenigen positive Aspekte, die das Onlinestudium mit sich bringen, sind die Verlängerung der Regelstudienzeit und die Bafögförderungshöchstdauer – ja, das Wort gibt’s wirklich – um genau die Anzahl der Corona-Semester, obwohl man gute Chancen hat, die regulären 30 ECTS Punkte pro Semester abzuleisten. Zudem ist es pendlerfreundlich und die Selbstdisziplin für eigenständiges Arbeiten wird noch stärker antrainiert. Das war’s dann aber auch.
Keiner weiß, wie lange Corona noch andauert, deswegen weiß auch keiner, wann man wieder mal in den Hörsaal darf. Das Versprechen der Kanzlerin, dass angeblich jeder bis Ende September ein Impfangebot erhält, lässt aber wieder einen leichten, silbrigen Schimmer für das Wintersemester 21/22 am Horizont erscheinen.
Jeder, der sich dafür entscheiden sollte, während einer Pandemie ein Studium anzufangen, sollte allerdings nicht gleich wieder aufgeben. Denn Onlinestudium und reguläres Studium sind zwei Paar völlig verschiedene Schuhe – und letzteres gilt es unbedingt auch mal mitzuerleben!