Foto: Till Benzin
STREETS OF AB #4
Bestens eingekleidet cool(inarisch)e Geschenke einkaufen und anschließend einen erfrischenden Cocktail einverleiben? Das geht nirgendwo besser als in jener Straße, die sich im Stadtkern befindet und zu den ältesten Aschaffenburgs gehört. Doch verstaubt ist jener abwechslungsreiche Pfad, der zwischen Herstallturm und Sandkirche angesiedelt ist, keineswegs – wie kaum eine andere Straße zieht jene Menschen, die sich für Kultur, Kunst und Shopping interessieren, zu jeder Tages- und Nachtzeit gleichermaßen an. Der verkehrsberuhigte Roßmarkt, der nach dem früheren Pferdemarkt benannt ist, ist schließlich Kult – weshalb? Bitte sehr.
Im Roßmarkt kann man in der Tat seit jeher gut shoppen. Wer sich heute allerdings schick einkleiden möchte, der steuere gleich zu Beginn in unmittelbarer Herstallturm-Nähe das Crestline an. Dort gibt es feinsten Zwirn – natürlich nur von angesehenen Herstellern. Hier findet nicht nur der gediegene Geschäftsmann ein Stöffchen, das gehobenen Ansprüchen genügt. Wenige Meter entfernt kommen dann auch Freunde legerer Kleidung voll auf ihre Kosten: Im Trendstore Six Step warten angesagte Skaterklamotten – locker, lässig und stylisch.
Im Musik- und Pianohaus Dreßler gibt es dafür schöne Töne und all das, was ein Musikerherz so begehrt. Gleiches gilt für den nicht subventionierten Livemusikclub Colos-Saal: Zum Beispiel Cassandra Steen, Wir sind Helden, Seeed, Helge Schneider, Nina Hagen oder Nickelback performten hier bereits, Joschka Fischer, Jürgen Trittin, Gregor Gysi, Volker Beck und andere kamen schon vorbei, um politisch-heiß zu diskutieren. 1992 begann – dank Claus Berninger – die Erfolgsgeschichte des Colos-Saals – bis heute tummeln sich auf der Bühne, die längst bis weit über das Rhein-Main-Gebiet hinaus bekannt ist, internationale Künstler, nationale Newcomer und regionale Dauerbrenner gleichermaßen. Den Spagat zwischen Entertainment und anspruchsvoller Musik schafft das Team dabei scheinbar mühelos – das Ergebnis: Mehr als 250 Veranstaltungen sowie um die 100.000 Besucher im Jahr. Ohne diese Adresse wäre Aschaffenburg definitiv ein großes Stück ärmer!
Wem nach einem fulminanten Konzert im Colos-Saal die Zunge annähernd auf Hosenbundhöhe hängt, muss noch nicht einmal vor die Tür treten: In der Jazzküche gibt es kühles Blondes ebenso wie diverse Kaffeespezialitäten – vom Gaumenschmaus vielfältigster Art mal ganz zu schweigen. Schon früher war für Kulturaffine der Roßmarkt genau das richtige Pflaster: Das erste Aschaffenburger Kino eröffnete nach der Jahrhundertwende hier seine Pforten. Auch darf das Herz des Bierfreundes nun lachen: Ende 1796 wurde am Roßmarkt 25–31 die Heylands Brauerei GmbH gegründet.
Auf ein Date mit Albert …
Weiter geht es in der Straße, in der es bis zum Ersten Weltkrieg nach Heu und Pferden roch und diverse Kutschereien beheimatet waren: Bereits der Eingangsbereich der Aloha Bar versprüht hawaiianisches Flair. Am Wochenende ist es hier stets proppenvoll – ein bisschen Südsee möchte ja schließlich jeder erleben …
Der Roßmarkt ist allerdings nicht nur ein Eldorado für Cocktailfans, sondern ebenso für diejenigen, die auf der Suche nach dem ultimativen Geschenk sind: Im Coolinarium findet man Dinge, von denen man gar nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt – die man dann aber natürlich unbedingt haben muss. Hat man jetzt immer noch nicht genug Cocktails geschlürft oder mittlerweile einen kleinen Hunger entwickelt, so kann man nach erfolgreicher Shoppingtour in einer kultigen Bar pausieren: Betagter Mann mit zotteliger Frisur und wirrem Blick – das kann nur das Jahrtausendgenie Albert Einstein sein! Eine Bar, die sich einem Wissenschaftler verschrieben hat – geht das überhaupt? Schließlich verbindet man Formeln, Zahlen und Wurzeln nicht gerade mit knusprigen Croissants, frischen Salaten oder einem süffigen Feierabendbier. Klar geht das: Im Einstein treffen sich nämlich nicht nur Leuchten und Mathematiknerds, sondern einfach alle Menschen, die Lust auf ein gepflegtes Gespräch und schmackhaftes Essen haben. Zum leckeren Frühstück, zur Erholung nach der Einkaufstour oder zum netten Plauderabend mit Freunden ist das Einstein immer das perfekte Ziel.
… oder Che Guevara?
Frisch gestärkt macht der Musikkenner, die Sandkirche schon fest im Visier, noch einmal große Augen: In der Auslage eines kleinen, szenigen Lädchens fallen Plattencover der größten Musiklegenden sowie der Superstars von heute ins Auge. Besondere Scheiben, egal ob bekannt oder unbekannt, findet man nur im Echobeat. Dieser Laden ist ein echtes Original, das Schmuckstücke bereithält und zum akustischen Verlustieren einlädt.
Kunstfreunden geht es vis-à-vis kaum anders: In der Galerie Muschik kann man nicht nur das neueste Werk von Udo Lindenberg bestaunen, sondern auch einen echten Rizzi erwerben. Oder man verschafft seinem Lieblingsbild dort einfach den passenden Rahmen. Fast an der Sandkirche angekommen, darf man getrost noch ein Belohnungsgetränk nach erfolgreicher Erkundungstour einnehmen: Entweder im Kultcafé Schwarzer Riese oder in der Q-Bar, in der man nicht nur ein Stück Kuba findet, sondern Che Guevara und Ernest Hemingway auch zeigen, welche musikalischen und kulinarischen Schätze ihr Land zu bieten hat. Nicht nur die Q-Bar wird am 6.6. übrigens der legendäre Sandsturm erfassen – insgesamt weht dieser an jenem Mittwochabend durch stolze 17 Locations (siehe auch Seite 35)! Ab 20 Uhr darf man sich auf 22 DJs und sechs Bands/Acts freuen.
Wer sich nun fleißig auf dem Pfad der Heimatkunde bewegt hat, dem sei nun ein Päuschen im Grünen gegönnt: Nur wenige Meter trennen den Roßmarkt vom Park Schöntal, der grünen Seele Aschaffenburgs. Jetzt heißt es ordentlich erholen – das abendliche Konzert im Colos-Saal fordert schließlich wieder vollen Einsatz …