Foto: Till Benzin
STREETS OF AB #10
Sommer, Sonne, Bötchen fahren: Wenn die ersten Sonnenstrahlen die Nasenspitze kitzeln, kennen Ascheberscher Frischluftfreunde kein Halten mehr – alle strömen in den wohl schönsten Landschaftspark, den man sich nur vorstellen kann. Friedrich Karl Joseph von Erthal, seines Zeichens Mainzer Erzbischof und Kurfürst, kann man also – im Schönbusch-Biergarten sitzend – niemals ausreichend dafür huldigen, dass er den Aschaffenburgern dieses Kleinod hinterlassen hat. Doch auch am prachtvollen Schloss Johannisburg kann man sich, auf der Willigisbrücke stehend, nicht wirklich satt sehen …
Was liegt auch näher, als bei angemessenen Temperaturen ein paar gemütliche Stunden im Grünen zu verbringen? Als Erholungsort eignet sich der Landschaftspark Schönbusch nämlich hervorragend. Ihm nähert man sich aus der Innenstadt kommend oftmals über die Löherstraße – gerne auch Löhergraben genannt –, vorbei an der Kultgaststätte Omas Kochtopf sowie am St. Katharinenspital, das von 1604 bis 1610 errichtet, im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach wieder aufgebaut wurde – heute dient das Kirchlein der griechisch-orthodoxen Gemeinde als Versammlungsort. Passiert man anschließend die beiden Traditionshotels Goldener Karpfen und Wilder Mann, gelangt man zielsicher zur Willigisbrücke. Gebt es zu, an diesem idyllischen Örtchen über dem Main habt ihr euch die letzten Tage des Öfteren aufgehalten – schließlich habt ihr euch wieder eine ordentliche Portion Tradition auf dem 86. Aschaffenburger Volksfest abgeholt. Ihr habt ja recht: Einmal im Jahr muss eine Tüte gebrannte Mandeln verputzt, der Lukas „gehauen“ und der Magen bei einer rasanten Fahrt im schnellsten Gefährt auf dem ganzen Platz umgedreht werden.
Im Juli heißt es nun: Kurz durchatmen – im August zieht es die Heerscharen nämlich wieder auf das Areal am Main, um zu heißen Reggae-Rhythmen die Ascheberscher Hüften kreisen zu lassen. Dieses Jahr geben sich unter anderem die Söhne Mannheims, Patrice und Frittenbude die Ehre beim Afrika-Karibik-Festival. Niemals sonst ist die Welt so zuhause im Bayerischen Nizza wie an diesen Tagen, die komplett im Zeichen des Beats stehen. Natürlich darf das Flanieren entlang der Basarstände und das Testen der fremden Leckereien nicht fehlen.
Wer auf der Suche nach Schnäppchen ist, kennt den Volksfestplatz indes auch wie seine Westentasche: Am Samstagmorgen sollte man früh aus den Federn kriechen, um beim regelmäßig stattfindenden Flohmarkt ordentlich fuggern zu können. Skater finden wenige Meter weiter dank des Skaterparks ihr Eldorado – ein sportlich heißes Pflaster ist dann nur noch einen Steinwurf entfernt: Im Stadion am Schönbusch ist schon so manches Tränlein vergossen worden – selbstverständlich drangen ebenso viele Jubelschreie aus heimischen Kehlen.
Kleine Schönbuschallee
Die am Stadion vorbeiführende Kleine Schönbuschallee, ein ehemaliger Promenadenweg, verbindet die Innenstadt übrigens mit dem Park Schönbusch und ist der perfekte Weg für Fußgänger. Über die Darmstädter Straße fahren täglich schließlich über 30.000 Fahrzeuge – sie sollte man also besser den motorisierten Verkehrsteilnehmern überlassen. Erst recht, wenn hier in naher Zukunft weitere Fahrbahnen noch mehr Vehikel erlauben … Es ist sowieso viel schöner, sich dem malerischen Park im Stil eines englischen Landschaftsgartens auf Schusters Rappen zu nähern. Beim Marsch über die Willigisbrücke lässt es sich bereits hervorragend über die historische Vergangenheit dieses Bauwerks sinnieren: Ihren Namen verdankt die Brücke dem Mainzer Erzbischof und Reichskanzler Willigis, der zwischen 987 und 989 die erste (noch hölzerne) Brücke über den Main bauen ließ. Fast genau an der Spitze des Maindreiecks und in der Mitte zwischen Adenauer- und Ebertbrücke ist die erste Version der Willigisbrücke also tatsächlich der erste Übergang über den Main gewesen.
Die Kleine Schönbuschallee wurde in den ersten Plänen des zuständigen Architekten übrigens noch als „Avenue d’Aschaffenbourg“ bezeichnet – die nahezu parallel verlaufende Darmstädter Straße, die heute am Stadtteil Leider samt Hafen sowie Stockstadt vorbei bis nach Darmstadt führt, hieß damals noch Frankfurter Chaussee.
Atemberaubende Sichtachse
Aber zurück zum eigentlichen Ziel: Erholung im Grünen! Das etwa 160 Hektar große Gelände des Parks Schönbusch kann man eigentlich kaum verfehlen. Der Mainzer Erzbischof und Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal legte ihn zwischen 1776 und 1782 an, ihm und seinem guten Geschmack verdanken die Aschaffenburger außerdem noch das Schöntal, die Fasanerie und den Schlossgarten. Eine Besonderheit ist das so genannte Alleefeld zwischen großer und kleiner Schönbuschallee – eine Sichtachse ermöglicht den direkten Blick vom Schloss Johannisburg zum klassizistischen Schloss Schönbusch. Übrigens ist die Kleine Schönbuschallee in der Bayerischen Denkmalliste aufgeführt und wird teils von der Stadt Aschaffenburg und teils von der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen verwaltet, ebenso wie das klassizistische Schlösschen des Parks, welches direkt am unteren See gelegen ist. Überhaupt gibt es noch viele andere Highlights im Park, die man sich nicht entgehen lassen sollte: Bötchen fahren auf dem idyllischen See, Versteckspiel im Irrgarten, ein Besuch im Dörfchen, in dessen unmittelbarer Nähe schottische Hochlandrinder das ganze Jahr über grasen, oder ein gemütliches Käffchen im „kulinarischen“ Schönbusch – im Restaurant sowie im Biergarten ist für alles gesorgt, was glücklich macht. Wenn es dann an einem lauen Sommerabend, an dem man längst Hugo, Aperol Spritz oder ein kühles Blondes in den Händen hält, noch heißt: Rick’s Café goes Schönbusch, dann gibt es doch absolut kein stimmungsvolleres Fleckchen mehr als dieses, oder?