
©Till Benzin
Frank Keller Seppl Bayer
Willkommen im September, liebe Freunde des gepflegten Mucker-Talks und damit auch willkommen zum grandiosen Jubel-Jubi-Monat. Es gibt reichlich was zu feiern im heimischen Rock ’n’ Roll-Zirkus! In der goldverkleideten Ecke: Seppl Bayer, unter anderem Gitarrist und Sänger der Jackaroos, die am Sa., 14.10., 20 Uhr ihr zehnjähriges Bandjubiläum mittels gästegeladener Birthdayshow im Colos-Saal begehen. Ihm gegenüber in der platinbeschlagenen Ecke: Gitarrist und Sänger Frank Keller, der mit einem Konzert am Fr., 29.9., 20 Uhr im Aschaffenburger Stadttheater sein sage und schreibe dreißigjähriges Bühnenjubiläum feiert. Wie immer (und da machen wir auch für Geburtstagskinder keine Ausnahme) wussten beide nicht, auf wen sie jeweils treffen. Und dann das: Als die beiden in der Redaktion einfinden, gibt es eine ausgesprochen herzliche Begrüßung – anscheinend kennt man sich. Gelinde gesagt.
Seppl: Achtung, setz dich nicht auf diese Seite. Da hab ich gerade eben vor lauter Aufregung Kaffee verschüttet! (Wischt die letzten Reste weg.) Weißt du eigentlich noch, wann und wo wir uns kennengelernt haben?
Frank: Boah, da muss ich überlegen, warte mal ...
S: Ich erzähl’s dir. Du bist damals aus der German Big Band ausgetreten und hast mir in Rottenberg eine Notenmappe mit dem ganzen Gitarrenmaterial in die Hand gedrückt.
F: Echt? Warst du da tatsächlich mein Nachfolger?
S: Nee, ich war auch nur bei dieser einen Probe dabei und hab mich dann doch anders entschieden. Kurz danach habe ich eine eigene Band gegründet, die hieß Herr Wichtig. Der Name hat ganz gut gepasst, denn unser Trompeter hatte ein Mobiltelefon so groß wie ein DINA4Blatt. Das war der Hammer, wir haben auf der Fahrt zu den Gigs von der Autobahn aus an gerufen und schon das erste Bier bestellt! (alle lachen)
F: Saugut! Damals war schon eine coole Zeit mit einem ganz eigenen Spirit. Ich war mal Teil der White-Out-Schülerband, viele von den anderen Musikern spielen heute zum Beispiel bei Echoes. Damals war es zum Beispiel Usus, dass Bands sich durch selbst veranstaltete Festivals untereinander die Gigs besorgt haben. Kennst du das noch?
S: Ja, klar! Das war damals so! Meine erste Band damals hieß Spanish Tinge, ich war Trompeter. Ursprünglicher Name war aber Chicken Mona Band. Ich habe nach der ersten Probe damals groß den Bandnamen auf den Trompetenkoffer gesprüht und kam voller Stolz zur nächsten Probe. Und zack haben mir die anderen mitgeteilt, dass die Band sich umbenennen wird. (alle lachen) Du hast doch auch mal Trompete gespielt, oder?
F: Ja, damals im Musikverein Germania Rottenberg! (lacht) Und noch besser: Ich hab sogar mal Geige gespielt. Gerade erst neulich habe ich mir bei Flippo Staab (Instrumentenbauer, Bassist & Gründungsmitglied der Houzeband, Anm. d. Red.) wieder eine Geige gekauft. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass ich dieses Instrument irgendwann mal halbwegs anständig spielen werde! Wie bist du von der Trompete zur Gitarre gekommen?
S: Mein Bruder hatte eine Konzertgitarre, die durfte ich aber aus Prinzip nicht anfassen. Natürlich habe ich heimlich darauf geübt, wenn er nicht da war. Ziemlich schnell war ich auch besser als er, aber ich durfte es mir nicht anmerken lassen. Vom ersten Lehrlingsgehalt habe ich mir eine Westerngitarre gekauft und Unterricht genommen – bei Maurice Nicholls (2007 verstorbene Aschaffenburger Gitarrenlegende & eben falls Gründungsmitglied der Houzeband, Anm. d Red.)!
F: Echt? Knaller! Maurice hat damals auch viele Schüler von mir übernommen, als ich mit dem Unterrichten aufgehört habe.
S: Ich war sein allererster Schüler! Er war ein toller Mensch!
F: Ja, das war er! Wir haben in Aschaffenburg erfreulicherweise sehr viele gute Musiker, die das ernsthaft verfolgen und folgerichtig einen Beruf daraus gemacht haben. Genau so haben wir viele sehr talentierte Mucker, die aber vor dem Schritt Richtung Berufsmusiker zu großen Respekt haben. Ich frage mich oft, warum das so ist.
S: Ich persönlich war auch schon mehrmals vor dieser Entscheidung gestanden. Aber ich sehe das inzwischen so: Musik ist meine zweite große Leidenschaft, nach meiner Familie. Aber wenn ich mein Hobby zum Beruf machen würde, hätte ich kein Hobby mehr. Zudem kenne ich ehrlich gesagt nicht so viele Berufsmusiker wie dich, die den Spaß an der Musik offensichtlich zu keiner Zeit verlieren. Du strahlst immer so einen Enthusiasmus aus, das ist meiner Meinung nach sehr selten.
F: Danke, das ist schön zu hören. Das hat auch viel damit zu tun, dass ich das ganze Booking selber mache. Dadurch kann iches schon zu einem gewissen Teil steuern, wann und wo ich mit welchen Besetzungen und Ensembles in welchen Genres spiele. So kann ich auch immer für die richtige Abwechslung sorgen – das ist ein wichtiger Faktor, den ich sehr zu schätzen weiß. Interessant dabei ist folgender Umstand: Wir können hier in unserer Region von der Musik leben, obwohl wir noch nie einen Top-50-Titel hatten. Erzähl das mal Berufsmusikern aus Spanien, England oder den USA. Die schütteln alle den Kopf, weil die sich das gar nicht vorstellen können. Was macht ihr denn mit den Jackaroos für Musik?
S: Ursprünglich war die Band als Funk-Projekt angesetzt, aber das Repertoire hat sich im Laufe der Zeit, auch durch die Erweiterung durch junge Musiker wie Kevin Wegener, ergänzt und entwickelt. Heute ist unsere Setlist ein Spagat zwischen Mother’s Finest, Tower of Power, Lenny Kravitz und Bruno Mars.
F: Mit Bläsern?
S: Nee, leider nicht.
F: Singst du auch?
S: Ja, aber nur einige wenige Nummern. Gab es bei dir schon mal Songwünsche, bei denen du dachtest: WTF? Wenn ja, was machst du dann?
F: Ich hab mal beim SWR gesehen, wie Samu Haber von Sunrise Avenue auf einer Akustikgitarre „Atemlos“ gespielt hat – und das war cool. Ich will damit sagen, dass man auch aus der furchtbarsten Nummer live und spontan immer was Nettes machen kann. Na gut, aus fast jeder Nummer! (lacht) Was willst du mit den Jackaroos in zehn Jahren machen?
S: Weiterhin Spaß haben und das spielen, was wir wollen. Es gibt schon eine grobe Marschrichtung, aber es muss einfach Spaß machen. Und du?
F: Für die nächsten Jahre ist schon irgendwie eine Tendenz erkennbar. Irgendwas in Richtung Kleinkunst, eher textlastig. Bekannte deutsche Titel, die nicht abgedroschen sind, mit deutschen Texten, die von mir kommen. Ich texte nämlich für mein Leben gerne. Und natürlich weiterhin viel live spielen auf Veranstaltungen mit außergewöhnlicher Atmosphäre. Was ich auch noch gerne ausbauen würde, sind Programme mit angejazzten Sachen, so in Richtung John Mayer und so.
S: Schreibst du auch eigene Songs?
F: Auch, ja.
S: Ich hab noch nie eigene Sachen von dir gehört.
F: Die lasse ich manchmal ganz unauffällig einfließen. Wobei das am Anfang nicht immer leicht war, weil die Sachen ja auch immer sehr persönlich sind. Deswegen sage ich bei diesen Nummern auch nicht immer per se im Voraus, dass sie von mir sind ... (alle lachen)
FRIZZ dankt und klinkt sich an dieser Stelle aus dem Schnack aus, der sich tatsächlich noch längere Zeit in gelöster Atmo fortsetzen sollte ...
Frank Keller lernte erst Konzertgitarre, bevor er als 14-Jähriger zur E-Gitarre kam. Zudem spielte er in jungen Jahren ebenfalls Trompete und Geige. Er begleitete die Musicalprojekte der FakS und spielte in der German Big Band, bevor er mit White Out in die Rock- und Popwelt eintauchte. Mit der Hollywood Connection gründete er einen Zusammenschluss von Profis, die sich selbst vermarkten. Mit seinen diversen Bands spielt Frank aktuell bis zu 170 Termine im Jahr.
Mit sechs Jahren begann Seppl mit der kleinen Trommel im Spielmannszug. Nach der Fanfare und der Trompete kam er mit 14 Jahren zur Gitarre. Unterrichtet wurde er von Maurice Nicholls und Joschi Pevny. Als Trompeter spielte er bei Spanish Tinge, als Gitarrist führte sein Weg über Herr Wichtig, Jazzbigband und die Akustik-Coverband Fun Club schließlich zu den Jackaroos. Zudem spielt er bei der Band Salsaringer, die eigene Songs mit Kahlgründer Texten abliefern.