
©Till Benzin
Peter Linhart Chris Heun
Freunde, holt die Taschentücher raus! Und am besten leiht ihr uns gleich eins, denn unsere sind vollgeheult: Mit der 25. Ausgabe beenden wir gleichsam feierlich wie leicht melancholisch unsere Musikantengeplänkelreihe. 25 faszinierende, lustige, ernsthafte, freundschaftliche und zu jeder Zeit kollegiale und respektvolle Begegnungen von Muckern der unterschiedlichsten Genres im Blind-Date-Modus. Vom Musikprofessor über Rocker, Popper, Jazzer, Klassiker, Funker und Metaller bis hin zur Splatterikone in viel zu engen Lackhosen. Wir hatten da schon eine – gelinde gesagt – sehr bunte Mischung auf unserer Rock ’n’ Roll-Couch. Und trotzdem gab es eines nie, nämlich Schweigen und Langeweile.
Ach ja, weil wir soooo oft gefragt werden: Es ist wirklich wahr, kein einziger Teilnehmer wusste im Vorfeld, auf wen er treffen wird. Doppelschwör! Bis auf eine einzige Ausnahme, nämlich die just folgende, allerletzte Auflage des Musikantengeplänkels. Wobei da Kommissar Zufall seine dicken Wurstfinger im Spiel hatte.
Aber der Reihe nach: Es war uns ein echtes Anliegen, dass sich mit dieser finalen Runde auch ein Kreis schließt. Daher war es naheliegend, die Geplänkelei mit den zwei Herren enden zu lassen, mit denen es auch angefangen hat: Saxofonist, Bandleader und Jazz-Spezialist Peter Linhart auf der einen Seite unseres schicken Sitzmöbels, sowie Rockgitarrist, Berufsmusiker und Gitarrenlehrer Chris Heun ihm gegenüber. Vor über drei Jahren lernten sich die zwei (obwohl gerade mal fünf Kilometer Luftlinie voneinander entfernt wohnend) über die Premiere dieses Formates kennen. Und Achtung (denn jetzt wird es fast schon ein wenig zu pilcheresk, um wahr zu sein): Aus dieser Begegnung wurde eine echte Männerfreundschaft, inklusive regelmäßigen, gegenseitigen Einladungen zum Kochen, Essen, Trinken und – natürlich – Quatschen. So gingen zu diesen Gelegenheiten nicht nur einige feinste Leckereien und diverseste Weinflaschen, sondern auch massenweise Stunden drauf. Und wir sind dran schuld ... Hach!
Dementsprechend war es für Chris natürlich Ehrensache, seinem Kumpel Peter die Aufwartung zu machen, als dieser einige Tage vor diesem letzten Geplänkel in der Centralstation gemeinsam mit der Darmstädter Jazz-Bigband den Darmstädter Musikpreis in Empfang nehmen durfte. Beim obligaten Smalltalk nach dem Festakt stellte sich dann – knirsch, grummel – heraus, dass beide demnächst zufälligerweise den gleichen Termin bei den FRIZZen haben. Dankeschön auch! Aber hey, wir nehmen das locker. Hat ja immerhin 24 Mal ganz hervorragend geklappt und am Ende drücken wir da natürlich auch gerne mal die tränchenfeuchten Augen zu. Eine kleine, feine Aufgabe für das große Finale haben wir uns dann aber doch noch selbst gestellt. Wir drehen den Spieß um und wollen wissen, wie viele Minuten es die Herren Vollblutmucker schaffen, explizit NICHT direkt über das Musizieren an sich zu sprechen oder sich in Fachsimpeleien zu verlieren. Das Ergebnis von guten zwei Stunden Geplänkel: Knappe vier Minuten. Immerhin! Hier das Protokoll ...
FRIZZ Das Magazin: Peter, du hast just mit dem Darmstädter Musikpreis den – nach dem Volksmusik-Echo – zweitwichtigsten Award überhaupt gewonnen ...
Peter: Aber, aber, du darfst die Grammys nicht vergessen! Es ist also der drittwichtigste Preis. Das Beste aber war, dass ich fast den Barscheck mit dem Preisgeld auf der Bühne hab liegen lassen. Hab ich dann aber zum Glück noch rechtzeitig gemerkt! (alle lachen)
Chris: ... und ich möchte hinzufügen, dass ich den Kleinwallstädter Gitarrenlehrerpreis eingeheimst habe.
P: Echt? Respekt!
C: Ich gewinne jedes Jahr! Bin ja auch der Einzige ... (alle lachen) Es folgt eine mehr als einstündige, angeregte Diskussion über den Dienstleistungsgedanken beim Musikmachen, die basisdemokratische Diktatur als Führungsstil einer Band, die Intonation von diversen Instrumentalgrößen, wie schnell und oft man sich erbrechen würde, wenn man einen Formatradio-Dancepop-Song komponieren müsste und wie viel Glück der Gründer von Mister Mister hatte – bis Peter eine Zigarettenpause vorschlägt. Die Runde begibt sich in die Teeküche, wo ganz nebenbei das ursprünglich gereichte stille Wasser und der Kräutertee gegen zwei, drei kühle Bierchen eingetauscht werden.
Weil wir gerade dabei sind: Wieso rauchen eigentlich so viele Bläser?
P: Echt? Ist das so?
Aus dem Gefühl heraus kennen wir viel mehr rauchende Blasmusiker als Nichtraucher.
C: Die müssen halt einfach ständig was im Mund haben. (lacht)
P: Tja, vielleicht ist das wirklich so. Eine andere Erklärung hätte ich jetzt auch nicht.
C: Also ich kenn das von Jazzern irgendwie auch nicht anders.
Habt ihr eigentlich noch andere Laster?
C: Ist das jetzt noch der offizielle Teil?
Heute gibt’s nur offizielle Teile.
P: Dann sag ich nix!
C: Ich schließe mich an! (alle lachen)Trotzdem erzählt man sich einige Anekdoten aus der jeweiligen Sturm- und Drangphase, über deren Druckfähigkeiten man sich nicht final einigen konnte.
Okay, dann stellen wir jetzt die letzte Frage. Gibt’s irgendwas, was ihr gerne tut und was nichts mit Musik zu tun hat?
Peter & Chris schauen den FRIZZ mit einer Mischung aus Fassungs und Ratlosigkeit an.
P: Meinst du jetzt Hobbys?
Zum Beispiel. Oder eben andere Leidenschaften.
P: Die gibt’s! Ich fahre zum Beispiel für mein Leben gerne Fahrrad und interessiere mich sehr für Politik. Und was ich mir wahnsinnig gerne anschaue sind so Sachen wie „Leschs Kosmos“ und so, solche Themen begeistern mich.
C: Lesch guck ich zwar nicht, dafür aber immer wenn’s irgend wie geht „Terra X“...
P: ... auch gut!
C: Ich liebe das, vor allem, weil man nicht unbedingt hinschau en muss. Das funktioniert quasi auch als Hörbuch. Und ist tief in der Nacht auch eine prima Einschlafhilfe.
P: Und da haben wir sie doch tatsächlich wieder gefunden: eine unserer raren Gemeinsamkeiten. Ich penne bei diesen Sendungen nämlich auch immer sehr gut ...
Gutes Stichwort. Wir legen uns mit dem Geplänkel jetzt auch mal zur Ruhe und schmieden Pläne für ein neues Format. Danke an alle Teilnehmer unseres Blind-Date-Spielchens. Es war uns ein Fest!
Der Gitarrist und Bassist Chris Heun betreibt in Kleinwallstadt eine private Gitarrenschule und hat im Laufe seiner Karriere in unterschiedlichen Formationen gespielt, an zahlreichen Studioproduktionen mitgewirkt und mit Musikern von Accept, U.D.O., Whitesnake, Yngwie Malmsteen, Cradle of Filth und vielen anderen zusammengearbeitet. Mit den Combos Majesty und Razorback war er zuletzt auf ausgedehnten Tourneen in Europa unterwegs.
Der Obernburger Saxofonist Peter Linhart gehört nach übereinstimmender Meinung zu den besten Instrumentalisten des Rhein-Main-Gebiets und darüber hinaus. Aktuell arbeitet er als Instrumentaldozent und leitet mehrere Jazzbigbands und Ensembles. In seiner Vita stehen Koops und Konzerte mit Mike Stern, Earnie Watts, Charlie Mariano, Peter Herbolzheimer, Wolfgang Dauner, Till Brönner und vielen anderen.