Das mit dem Aufregen, böse Schimpfen und dieser Kolumne ist so eine Sache. Manchmal fragt mich die Redaktion nett und zugewandt, ob ich nicht mal was zu diesem oder jenem Thema schreiben mag. Und wenn ich so freundlich gefragt werde, dann denke ich immer gerne drüber nach. Das Problem mit dem Aufregen ist aber, dass ich es nicht so recht steuern kann. Es gibt Themen, die sind objektiv übler Kram, trotzdem schwillt noch lange nicht mein Kamm. Zum Beispiel der Aschaffenburger Schlachthof-Skandal. Ganz klar furchtbar. Gequälte Schweine, fiese Mitarbeiter und obendrauf noch eine korrupte Veterinär-Medizinerin. Schlimmer geht’s nimmer.
Wo Rind und Ferkel noch kurz vor dem Schafott glücklich über grüne Wiesen traben.
Alles auch noch prominent von den Öffentlich-Rechtlichen entdeckt. Heiland der Welt! Liebhaber des gepökelten Saumagens, das mag es in Nordrhein-Westfalen beim Tönnies geben, aber doch nicht in „Gott-mit-dir-du-Land-der-Bayern“. Wo Rind und Ferkel noch kurz vor dem Schafott glücklich über grüne Wiesen traben. Doch denkste, Puppe. Selbst am Untermain wird die Sau nur halbgar betäubt, bevor ihr die Kehle aufgeschnitten wird. Das ist sehr wohl ziemlich übel und verachtenswert. Nur regt es mich nicht richtig auf. Weil ich möglicherweise mit nichts anderem gerechnet habe hinter dicken Schlachthofmauern. Mich erstaunt vielmehr die reflexartige Empörung, die alle ergreift, wenn solche Missstände aufgedeckt werden. Sind denn so viele treu naiv und glauben bei bestehenden Wurst- und Fleischpreisen im Supermarkt kann alles blitzsauber, superfair und im Sinne des Schlachtviehs über die Bühne gehen? Sind wir so behämmert und denken, dass Grillspieß und marinierter Schweinenacken für die ganze Familie wirklich nur knapp 14 Euro kosten können, wenn das System dahinter nicht an vielen Stellen korrupt und am Arsch wäre? Von daher nochmal für alle: Wer schöne Bedingungen für Sau und Rind mag, muss in die Tasche greifen und zum Erzeuger vor Ort tapern. Wer das nicht will, darf sich nicht über die Bedingungen an der Schlachtbank empören. So viel dazu.
Dank Sanifair kann wenigstens seit einigen Jahren halbwegs ansteckungsfrei gekackt werden
Was mich allerdings dagegen derzeit wirklich aufregt, ist der Zustand der Raststätten im Land. Denn nahezu immer, wenn ich rausfahre, sieht es auf mindestens jedem zweiten Rasthof so aus, als habe der Herrgott höchstpersönlich schlechtgelaunt einen Monsterhaufen hingesetzt. Runtergewichst, alte sanierungsbedürftige Gebäude, eingesaut von vorne bis hinten, eine kulinarische Theke, die selbst ich halbtrunken freitagsnachts noch origineller bekochen könnte, keine Auswahl an vernünftigen Zeitungen und Zeitschriften, im Gegenzug nur Pornoblätter für die Fernfahrernot, Bockwurst im Glas und Automaten-Kaffee. Das kann doch nicht unser Ernst sein? So wollen wir Besucher aus ganz Europa empfangen? Dank Sanifair kann wenigstens seit einigen Jahren halbwegs ansteckungsfrei gekackt werden. Für den Rest schäme ich mich. Ganz aufrichtig. In Italien bekomme ich sogar nachts um drei einen Cappuccino serviert, den mir in Frankfurt der Italiener der Herzen nicht schöner in die Tasse zaubert, dazu kann ich feine Olivenöle, lokale Weine und Focaccia mit Mortadella kaufen. Und wenn ich nach zwölf Stunden Fahrt müde bin, stelle ich mich auf einen beleuchteten Parkplatz direkt am Eingang, mache einen Ratz und fühle mich so sicher, als würde Mama Leone höchstpersönlich ihr schützendes Auge auf mich richten. In Deutschland dagegen schiebe ich mich zwischen zwei LKWs aus Ländern, die ich nur vom Hörensagen kenne, beobachte das muntere Treiben der nächtlichen Prostitution und hoffe, dass der Kunde die bestellte Dame nur aus Jux gerade in den Schwitzkasten nimmt. So passiert. Hand aufs Herz! Selbstredend brennt hier keine Laterne mehr, die Polizei isst derweil wahrscheinlich die letzte Bockwurst und ich entscheide mich für Kaffee, Cola und Weiterfahrt. Besser ist das. Wenn ich Glück habe, bekomme ich um 22 Uhr wenigstens noch ein Schnitzel mit Pommes. Vielleicht stammt das sogar noch aus der Produktion des Aschaffenburger Schlachthofs. Ach Gott. Manchmal schließt sich der Kreis am Ende. Es gibt einiges zu tun, packen wir es an!