Allesamt einmal hergehört. Freunde und Verwandte. Leser dieser Reihe und lose Bekannte. Ich habe eine Bitte. Ganz aufrichtig. Sollte ich in meinem Leben über 80 Jahre alt werden und für eine höhere Stelle oder ein Amt kandidieren wollen – beispielweise Präsident von einem größeren Verein oder sogar irgendeinem Land – dann haltet mich davon ab. Ja? Und wenn ich nicht zuhören mag oder glaube, es besser zu wissen, dann schiebt mir bitte diesen Beitrag unter die Nase und erinnert mich an meine eigenen Worte. Ok? Macht ihr das? Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass ich mit 80, 82 oder am Ende 84 Jahren nicht mehr in der Topverfassung für herausgehobene Funktionen und gewichtige Entscheidungen bin.
Ich vermute, das ist ein fieser Trick des in die Jahre kommenden Gehirns.
Das ist so ein Gefühl, das ich gerade mit Anfang 50 habe. Und ich glaube, dieser Eindruck trügt mich nicht. Eine der Gefahren des Älterwerdens liegt aus meiner Sicht der Dinge zweifelsfrei darin, dass man leicht dem Irrglauben anheimfallen kann, man wäre immer auf dem Gipfel der Schaffenskraft. Und ohne einen höchstpersönlich würde der Laden – egal welcher auch immer – nicht mehr laufen. Ich vermute, das ist ein fieser Trick des in die Jahre kommenden Gehirns. Wenngleich ich gar nicht beurteilen kann, wie das bei anderen Menschen ist, vielleicht legen die ja wirklich urplötzlich und überraschend einen Zahn zu. Nur ich schließe kategorisch für mich aus, dass eine höhere Position bei mir dann noch zielführend ist. Ich habe vor, mit über 80 nicht mal mehr den Vorsitz des Stadtteilvereins zu übernehmen. Oder die Entscheidung zu treffen, wie eine zeitgemäße Arbeitsplatzgestaltung für meine Mitarbeiter ausschauen kann. Nach jetzigem Stand würde ich gerne ab 80 entspannt und konzentriert eine schlaue Wochenzeitung lesen, mittags ein Glas Grauburgunder trinken und ohne schlechtes Gewissen regelmäßig Mittagsschlaf halten. Im Übrigen plane ich auch um diesen Altersdreh meinen Führerschein abzugeben, aber das ist ein ganz anderes Thema. Und bevor sich der Verein der rüstigen KFZ-Rentner beschwert: Ich spreche hier, wie gesagt, nur für mich.
Dabei will ich den Wert von Erfahrung und Altersweisheit nicht unterschätzen.
Es mag bei anderen ganz anders ausschauen. Ich wage nur in meinem Fall zu prognostizieren, dass ich in 30 Jahren weder die Ausdauer eines Emil Zatopek noch die Reaktionsschnelligkeit eines Rehkitz besitze. Das liegt beides schon heute nur noch begrenzt bei mir vor. Dabei will ich den Wert von Erfahrung und Altersweisheit nicht unterschätzen. Ganz im Gegenteil. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass in etlichen Führungspositionen ein bestimmtes Alter von immensem Vorteil ist und den Sturm und naiven Drang der Jugend mit lässiger Nonchalance in die Ecke stellt. Meiner Meinung nach ist die beste Zeit für Führung die Zeit, wenn der Drang der Veränderung auf ausreichend Spielerfahrung trifft. Diese Mischung ist besonders gelungen, denn sie verhindert, dass man tollkühn ins Verderben reitet und auch nicht in Bewahren und im Stillstand verharrt. Irgendwann kippt es in vielen Fällen nämlich gerne in den Stillstand und in das Bewahren. Leider fast immer. Allein deshalb ziehe ich meinen Hut vor allen, die zur rechten Zeit den Vorderausgang finden. Direktoren, Abteilungsleitungen, Politiker, Fußballer und sogar Rockmusiker. Philipp Lahm und Toni Kross beispielsweise. Oder die kalifornische Punkband NOFX, die just in diesen Monaten ihre Abschlusstour spielen. Nach 40 Jahren. NOFX haben in ihrer Karriere qusi alles richtig gemacht. Konsequentes DIY, ein eigenes Label, immer die gleiche Besetzung, viel (un)gepflegter Witz und Loyalität. Sie hören selbstbestimmt auf, bevor sie im Jammertal enden. Ursprünglich wollte ich den ganzen Beitrag Fat Mike, El Hefe, Eric Melvin und Erik Sandin widmen. Doch dann sah ich erst Joe Biden am Rednerpult stehen, dann abdanken und spätestens da wurde mir sonnenklar, dass auch ich frühzeitig Klarheit und Fakten schaffen muss. Präsident oder Vorsitzender des lokalen Fußballvereins? Freunde, Verwandte, Leser dieser Reihe und lose Bekannte, sobald ich 80 Jahre alt bin, könnt ihr auch mit mir nicht mehr rechnen. Respekt für diesen Sinneswandel, lieber Joe!