© Cosmo Hirst Mahal
Petra Fries
„Nur das Herz weiß, was richtig für die Seele ist“ – so erklärte Stefanie Novotna im Juli, weshalb es ihr leicht gefallen war, Aschaffenburg den Rücken zu kehren. Ihr Weg führte die 28-Jährige ins vietnamesische Hoi An, wo sie das Spirit Bird Hostel eröffnete. Bereits im Mai hatte Steffi Besuch aus der Heimat: Petra Fries hatte mit ihrem Mann Franz-Josef die Koffer gepackt und für zwei Wochen Leberkäse gegen Frühlingsrollen getauscht. Beim Rückflug hatte die 56-Jährige nicht nur dreckige Wäsche, sondern auch „eine Sinnkrise vom Feinsten“ im Gepäck. So dauerte es nicht lange, bis die beiden Powerfrauen einen kühnen Plan schmiedeten …
Glutamat. Überall Glutamat. Während die westliche Welt längst begriffen hat, welch schädliche Auswirkungen der Geschmacksverstärker auf die Gesundheit hat, geht in Asien bis heute nahezu kein Essen ohne den Zusatz über den Tresen. In Steffis Augen ein Unding. Und somit war die Marschrichtung des Spirit-Bird-Zuwachses klar: Im ans Hostel angegliederten Restaurant wird kein Gericht mit Glutamat in Berührung kommen. Während Steffi mit Geschäftspartner Michael Kredics bei ihrem neuesten Projekt auf der Suche nach helfenden Händen war, saß im heimischen Aschaffenburg eine von Fernweh geplagte Petra … die wenig später ein Flugticket nach Danang gebucht hatte. Mitte September verabschiedete sich die gelernte Einzelhandelskauffrau für acht Wochen von ihrem Mann, um das Auswandererduo bei der Eröffnung des Restaurants unter die Arme zu greifen.
Wenige Tage später waren die Damen bereits in ihrem Element: „Die Küche haben wir nach deutschem Tempo bestückt. Wir sind auf Steffis Motorrad mit all den Töpfen, Pfannen, Schüsseln und Gläsern durch Hoi An gedüst und haben alles ins Hostel gebracht“, lacht die 56-Jährige. „Was für ein Spaß, alles zu finden. Das Meiste wird in den Haushaltsgeschäften bis an die Decke gestapelt. Unvorstellbar für die deutsche Gründlichkeit!“ Vietnam wäre natürlich nicht Vietnam, wäre der neue – mannshohe! – 600-Liter-Kühlschrank nicht auch auf dem Motorrad geliefert worden. „Völlig normal“, erklärt Petra und schiebt hinterher: „Vietnam ist nix für Weicheier!“
Geöffnet hat das Restaurant noch nicht, lassen doch manche Möbel noch auf sich warten. Die Küche wurde indes schon eingeweiht: „Begonnen habe ich mit Tomatenrührei, Crêpes habe ich auch schon gebacken“, erklärt Petra. „Die Platten dafür habe ich aus Deutschland mitgebracht.“ Wahl-Vietnamesin Steffi hatte da ganz andere Gelüste – „doch die konnte ich mit Elisenlebkuchen vom Hench stillen“, schmunzelt die zweifache Mutter. „Das alles hier ist ein großes Abenteuer, weil ich auch keine zwanzig mehr bin. Alles ist sehr intensiv, das Leben, die Gerüche, das Meer. Mein Herz ist so voller Erlebnisse. Ich bin von so vielem beeindruckt. Es ist vor allem diese Einfachheit, die mich zutiefst berührt. Und die Zeit ist so unwichtig“, so die Aschaffenburgerin, die in der Ferne nicht nur kreative Crêpes zubereitet, sondern auch an der Fortsetzung ihres dritten Buches werkelt: „Die ,Ohrenküssjen‘ kommen im Dezember heraus. ,Malina‘ soll dann ein Jahr später fertig sein“, so die Hobbyautorin. 2011 erschien ihr Erstling „Zwiebelschalen“, der Nachfolger „Glückshaut“ 2013.
Nur noch wenige Tage wird sie im Paradies verweilen. „Die Idee mit der Unterstützung für das Restaurant ist voll aufgegangen. Ich kann ruhigen Gewissens wieder nach Hause“, freut sich die Powerfrau. Wer Petra kennt, weiß, dass das letzte Flugticket nach Vietnam sowieso noch lange nicht gebucht wurde.