
Helmut Schuster
Sommersonne durchflutet das Meer der mächtigen Spessartbäume und sprenkelt Luft und Stämme und den weichen Waldboden mit abertausenden von hellen Lichtflecken. Ein laues Lüftchen streichelt die Wipfel und lädt die Fichten zum Tanz und die Buchen und Eichen zum säuselnden Flüstern. Es ist Sommer im Spessart – die Bäume spenden erfrischenden Schatten und es duftet nach Erde, Holz und Leben. Was gibt es da Schöneres als eine Wanderung durch den heimischen Wald? Die Seele baumeln lassen, die Schritte spüren, den Rhythmus des Lebens, den Weg als Ziel … doch was ist das?
Plötzlich ein Rascheln im Blätterwald. Wir stocken und lauschen. Ein Kratzen. Ein metallisches Schaben. Was geht hier vor? Ein Schnappen wie von einer Heckenschere. Wer stört den wäldlichen Frieden? Dann plötzlich ein Hämmern. Böse Filme von Rippchen mit Morcheln …
äh … von Rippern und Meuchelmördern graben sich aus vergessenen Gehirnregionen inspiriert von lange nicht mehr gesehenen Horrorfilmen in unser Bewusstsein. Sollte wirklich im beschaulichen, idyllischen Spessart ein grausames Verbrechen begangen oder vertuscht werden?
Es ist natürlich ganz anders. Wir treffen nur auf einen weiteren Baum. Einen Baum von einem Mann. Groß, standfest und grün. Mit lichter Krone und einem verschmitzten Lächeln. Das Lächeln stammt von Helmut Schuster und das grün von seinem Poloshirt, das er immer trägt, wenn er im Dienst ist. Im Dienst? Ja – Helmut ist Vorstand für Wege im Spessartbund und das macht ihn zum „Herrn“ über 6.200 Kilometer markierter Wanderwege im gesamten bayerischen und hessischen Spessart.
Dabei kontrolliert er nur einen Bruchteil der Wegemarkierungen selbst. Helmut koordiniert eine Gruppe von mehreren hundert ehrenamtlichen Helfern, die jeden Wanderweg persönlich überprüfen. Mindestens einmal im Jahr wird jeder Weg abgelaufen, Markierungen geprüft, Schilder gereinigt und wenn nötig mit der Heckenschere frei geschnitten. Wenn ein Schild abhanden gekommen ist, wird ein neues an den Baum genagelt. Außerdem müssen die Wegweiser und Pfosten überprüft werden, ob da noch alles intakt ist, oder ob der Zahn der Zeit beziehnungsweise die rohe Kraft einiger Waldgesellen gewirkt haben.
Und dann muss Helmut das alles natürlich noch digital erfassen. Jeder ehrenamtliche Markierer schreibt ein Wegeüberprüfungsprotokoll, jeder Wegweiser ist mit GPS-Daten gespeichert und jeder Weg im digitalen Wegenetz erfasst. Herr über alle diese Daten ist Helmut.
„Mehr als 1.200 Stunden Arbeit jedes Jahr investiere ich dafür!“, erklärt Helmut mit seiner schnoddrigen Lässigkeit, als wäre das Ganze ein Klacks und an einem Wochenende erledigt. Tatsache ist, dass der gelernte Ingenieur, der jahrzehntelang als Bereichsleiter für die Produktion von Präzisionsmotoren zuständig war, wohl kaum eine Woche des Jahres nicht im Zeichen der Wege unterwegs ist.
Das alles, damit wir und die vielen Gäste diese herrlichen Wanderungen durch den Spessart machen können. Ohne Markierung und Wegweisung wären die Wanderer im wahrsten Sinne des Wortes verloren – das Wandern im Spessart schlichtweg nicht möglich.
Warum Helmut, der auch als Vorstandsmitglied des Spessartbunds (siehe unten) ehrenamtlich wirkt, sich das alles antut? „Wandern ist schon immer meine Leidenschaft und der Spessart meine Heimat. Ich möchte mithelfen, dass möglichst viele Menschen beim Wandern den Zauber dieser Landschaft unbeschwert genießen können, ohne sich zu verlaufen!“
Der Spessartbund …
… ist ein regionaler Wanderverband mit über 10.000 Mitgliedern organisiert in circa 80 Ortsgruppen. Neben Naturschutz und Kulturarbeit ist das Wandern das große Thema des Spessartbunds. Jedes Jahr werden hunderte von geführten Wanderungen angeboten und mit seinen vielen ehrenamtlichen Wegemarkierern pflegt der Spessartbund das 6.200 Kilometer lange Wanderwegenetz im Spessart. Eine Fördermitgliedschaft kostet 36 Euro im Jahr und unterstützt die Wegearbeit des Spessartbunds, von der alle profitieren.