Es ist schon ungewöhnlich, was hinter den Kulissen jedes Jahr rund um das Stadtfest bei den FRIZZen passiert. Es existieren so einige bekannte Fettnäpfchen, von denen man wüsste, wie sie zu umgehen wären und neue Herausforderungen, denen sich das wackere Team stellen musste. Es folgt eine protokollarische Aufbereitung des Stadtfestwochenendes in Tagebuchform. Selbstredend vollkommen verblümt, unironisch und bierernst. Have a lot of fun – wir hatten ihn schließlich auch.
Der gute, alte Stefan Waggershausen wusste bereits 1990, wie wir FRIZZen uns genau drei Jahrzehnte später fühlen würden. „Beim ersten Mal tat´s noch weh, beim zweiten Mal nicht mehr so sehr“. Lalalaaaa, schubiduu. Recht hatte er, der alte Knochen! Die erste coronabedingte Stadtfestabsage 2020 hat uns wirklich richtig, richtig dolle wehgetan, brauchen wir euch ja aber auch gar nicht zu erzählen. Bei der nächsten „canceled“-Erfahrung 2021 hat’s zwar auch noch übel in der Herzgegend gepiekst, aber da schwangen irgendwie schon andere Gefühle in uns mit. So eine komische Mischung aus „haben wir uns ja eh schon denken können“, „wär’ ja auch zu schön gewesen“ und „Grillen mit Kumpels kann ja auch voll lustig sein“. Zudem haben wir uns mit FRIZZ im Park ja auch selbst ein wunderschönes Trostpflaster auf die offene Stadtfestwunde kleben dürfen.
Und dann kommt dieser Hammer-Serengeti-Sommer zwoundzwanzisch, Rock am Ring, Wacken und das Mühlberg machen ordentlich Pustepuste für die geschundene Seele und das Leben fühlt sich fast schon wieder so geil an wie früher. Gefühlt hatte zwar jeder nochmal schnell Corona zwischendurch, aber irgendwie liegen alle ein paar, wenn überhaupt, verrotztkopfschmerzübelkeitsbetrübte Tage später wieder eingeölt und glucksend am Baggersee rum. Um’s kurz zu machen: Stimmung!
Gleiches natürlich auch im Hause FRIZZ, wenngleich sofort die erste bange Frage durch die Kaffeeküche kriecht: „Können wir das überhaupt noch?“. Zwei, drei, sechs Bier später ist sich das Kompetenzteam einig. „Klaadoch“! Also dann, ran an die Planungen, die es dann direkt zum Re-Start auch so richtig dicke in sich haben, da die hauseigene To-Stemm-Liste neben der kompletten Goldbacher Straße inklusive Bühne, Bands, Licht, Ton, Bier, Cocktails und Peter P. sowie der Bühne im Schlosshof um die Mammutaufgabe Getränke und Infrastruktur in Letztgenanntem erstmals ergänzt wurde. Ergo: Erweiterung des Gastro- und Orga-Teams um massig Leute, was in der aktuellen Situation allein schon nahezu unlösbar ist.
Doch der FRIZZ-Stadtfest-Chefvondatganze Dirk B. ist ein Fuchs und bucht für das Schloss eine dermaßen kompetente, erfahrene und sattelfeste Mannschaft zusammen, dass seit dem letzten Augustwochenende in Berlin ein gewisser Fredi B. zu recht um seinen Job zittert. Das Kompetenzteam ist sich demnach sicher, „das wird dieses Jahr ein Selbstläufer!“.
Spoiler: Wurde es nicht. Aber schön. Und lustig!

© Evelyn Neschenz | TEVI Media
Stadtfest Tagebuch 2
Donnerstag, 25. August
12:00 Mal galant warmlaufen, nech? Also trifft sich das (erweiterte) Kompetenzteam im Schlosshof, um schon mal die nun erweiterte Baustelle in Angriff zu nehmen. Stimmung ist gut, auch Peter P. kommt im Handumdrehen in seiner gewohnten Rolle als Mentor, Antreiber, Allwissender und Gute-Laune-Bär an.
12:15 Die neue Technik-Crew schlägt auf. Im Gepäck eine schnieke Trailerbühne, Technik-LKW und den FRIZZ Jens T., der den ortsunkundigen Konvoi aufgrund der taktisch grandios geplanten Sperrung der Willigisbrücke auf einer Ausweichroute ans Schloss guidete. Kurzes aber heftiges „Hallo allerseits“, bis jemand die Frage der Fragen in den Raum schmeißt: „Passt das Ding durch den Torbogen?“. Müsste eigentlich, wurde ja acht Wochen zuvor alles bei einem (schlussendlich) feuchtfröhlichen Ortstermin ausgemessen. Leider ging der Zettel mit den Maßen noch am selben Abend verlustig (Stichwort Feuchtfröhlich).
12:25 Konspiratives Gemurmel, wissendes Nicken. „Muss!“. Also dann. Und siehe da, die Bühne ist anscheinend nach den Vorgaben des Torbogens des Schloss Johannisburg konstruiert und gebaut worden. Geschmeidiger und passgenauer ist da noch nie so ein Vieh durchgeflutscht. Hatten wir ja schließlich alles fachmännisch ausgemessen.
13:00 Lasset die Spiele beginnen: Getränkestände bauen, Infrastruktur an den Start bringen, Bühne hochziehen, Technik einbauen, Stromversorgung herstellen, Logistik koordinieren. Die Rädchen greifen ineinander, alles läuft wie am Schnürchen. Jens T. hat übrigens vorsorglich Flip-Flops angezogen. Nicht, dass er am Ende noch Cases schieben oder Pavillons aufbauen muss. Arbeitsschutz geht vor!
18:22 Die Kühlwägen kühlen, die Bühne blinkt und tönt, Peter P. schwitzt, Rainer K. raucht. Läuft.

© Evelyn Neschenz | TEVI Media
Stadtfest Tagebuch 3
Freitag, 26. August
13:00 Treffpunkt des Kompetenzteams am Lager der FRIZZen in Schweinheim. Gespanntes Warten auf den gemieteten LKW, wie immer gesteuert vom tollkühnen Markus S. Wird er es schaffen, den monströsen Kleintransporter diesmal in weniger als zwölf Zügen rückwärts in die Einfahrt von der Größe einer zweispurigen Autobahnauffahrt zu bringen? Es werden letzte Wetten abgeschlossen und Handys in Position gebracht.
13:08 Markus S. hat das Fahrzeug tatsächlich mit dem ersten Zug rückwärts Richtung Tor gestumpt. Lange Gesichter beim sonst so schadenfrohen Kollegengesindel. Keine lustigen Handyvideos, keinen Grund für Hänseleien. Und Gewinne können auch keine ausgeschüttet werden. Hatten ja ausnahmslos alle gegen ihn gewettet. Dass der Klein-LKW knapp zwei Meter neben dem Tor steht und die Hebebühne somit gar nicht aufgehen kann, lassen wir an dieser Stelle einfach mal unerwähnt.
14:20 Diese Scheiß-Cases werden jedes Jahr schwerer, das Lager wird jedes Jahr kleiner, die Gänge werden jedes Jahr enger, die Treppen werden jedes Jahr steiler. Und doch haben wir das ganze benötigte Material für die Goldbacher Straße nach viel Fluchen und Herumschreien im Auto. Heiland! Dass wir einfach nur älter und morscher werden, ist selbstverständlich absolut ausgeschlossen.
15:00 Zurück in der Goldbacher geht’s nun mit noch mehr Manpower (und vermeintlichem Fachwissen) an den Aufbau. Läuft alles irgendwie, wenngleich man ehrlicherweise schon zugeben muss, dass das vor Corona insgesamt besser gelaufen ist. Geht aber anscheinend nicht nur uns so: Eingespielte Abläufe geraten durcheinander, Material kommt zu spät oder zu früh, alles muss sich irgendwie noch eingrooven. Aber das Team ist spitze und gemeinsam läufts. Und so’n Pavillon kann ganz schön kompliziert sein.
17:02 Genau zu diesem Zeitpunkt drei Jahre zuvor war die gesamte Gastro-Szenerie bereits fertig. Werden wir in diesem Jahr knapp verfehlen.
17:38 Thekenwelt ist soweit fertig, was folgt ist der obligatorische Stromcheck. Eigentlich ne Formsache. Eigentlich.
17:40 Von acht Kühlungen laufen zwei, der Rest ist tot, ebenso wie die Lampen. Der Expertenrat tritt zusammen, ein Krisenstab wird gebildet und nach minutenlanger Diskussion wird dem Problem mit Taktik und Ausschlussverfahren begegnet. Letzteres ist aufgrund einer gigantischen Unterverteilung mit Abzweigungen, Kettenschaltungen und ausgetüftelten Verlängerungsstrecken echt ne sportliche Angelegenheit.
18:04 Nachdem alles durchgeprüft wurde tritt Ratlosigkeit ein. Bis irgendeiner die Gamechanger-Frage stellt: „Für was´n der rote Knopp da an der Kabeltrommel?“ Und es ward Licht und es ward kühl.
18:15 Kurz zur Theorie: Um 18.45 Uhr trifft sich ein Guide mit dem 40-Tonner der Technikfirma, um ihn auf einer geeigneten Route in der richtigen Fahrtrichtung in die Goldbacher zu leiten. Um 19.30 Uhr holt der gleiche Guide dann das Fahrzeug mit der großen Bühne ab, damit dieses über eine andere Fahrtrichtung zum Platz geleitet wird. Alles ausgecheckt.
18:24 Kurz zur Praxis: In der Goldbacher Straße schlagen zur schönsten Freitagabend- Feierabendverkehrszeit ein 40-Tonner und eine große Trailerbühne auf. Überraschung gelungen! Nicht nur Markus S. schaut staunend zu, wie man einen Sattelzug in einem Rutsch dort einparkt, wo unsereins gerade mal einen Twingo reinbasteln kann.
18:52 Jens T. dreht frei: Er entscheidet nach reiflicher Überlegung innerhalb von vier Sekunden, dass der Backstagebereich dieses Jahr woanders hingebaut wird, um mehr Parkflächen hinter der Bühne zu generieren. Stolz zeigt er der Sitecrew den auserkorenen neuen Platz fürs Zelt und erntet Blicke, die er zuletzt gesehen hat, als er sich sicher war, Michael Jackson im Nanu Nana gesehen zu haben.
19:18 „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“, „Passt!“, „Passt nicht!“. Jens T. diskutiert immer noch mit der Sitecrew über das Backstagezelt.
19:30 Das Backstagezelt passt. War doch klar. Jetzt erstmal ein Bier.
19:46 Jetzt geht alles ganz schnell. Straßensperre, Bühne positionieren und bauen, Zäune stellen, Banner hängen, Ton und Licht einbauen. Irgendwann ist es …
23:25 Feddich. Was’n Ritt. Wir sind im Spiel!

© Till Benzin
Stadtfest Tagebuch 4
Samstag, 27. August
11:30 Die ersten Crewmitglieder trudeln so langsam in der Goldbacher und im Schlosshof ein. In der Goldbacher Straße sitzt das Kompetenzteam beim ersten Kaffee zusammen und lacht sich über die Story aus 2019 kaputt, als Peter P. vergaß, die Zapfanlagen zu checken und dann beim Thekensturm mit ohne Weizen vom Fass dastand. Anfängerfehler und definitiv Once in A Lifetime. Sieht auch Peter P. selbst so.
12:28 Peter P. und seine Missionen: Sonnenschirme aufspannen, Kaffee trinken, rumpöbeln und Schuhe binden. Alles wichtig, keine Frage.
13:12 Die erste Band des Wochenendes, Ozzy Rebourne, trifft in der Goldbacher ein. Unsere diesjährige Bühnencrew nimmt also auch mal langsam die Arbeit auf.
14:00 Die Goldbacher füllt sich erstaunlich schnell, es ist im Vergleich zu den letzten Pre-Corona-Jahren schon ziemlich viel los. Alle freuen sich …
14:02 Alle bis auf Peter P., der ziemlich hektisch durch die Thekenstraße kreiselt. Aus den Zapfhähnen kommt nämlich nur warmer Schaum. Der hat doch nicht tatsächlich wieder den Check der Weizen-Tevos vergessen?
14:05 Er hat.
15:30 Ozzy Rebourne geht auf die Bühne und sorgt für grandiose Stimmung. Gute Stimmung allenthalben, nur Peter P. ist aus Gründen nicht ganz zufrieden.
15:32 Inzwischen gibt’s auch kaltes Weizen vom Fass.
17:30 Smells like Nirvana gehen auf die Bühne, Changeover, Crew und Zeitpläne laufen aufgrund optimierter Abläufe wie ein Schweizer Uhrwerk. Es macht alles so unfassbar viel Spaß.
18:00 Spätestens jetzt platzt die Goldbacher aus allen Nähten, gleiche Infos aus dem Schlosshof. Und überhaupt: Aschaffenburg pulsiert, alle Bühnen sind bestens frequentiert und die Besucher holen sich das zurück, auf was sie zwei Jahre verzichten mussten.
19:30 NU on Stage – und alles bebt.
21:56 Während AB/CD zum Finale dieses grandiosen Samstags die brechend volle Goldbacher Straße zum Ausrasten bringen, kommt dann doch noch mal kurz Wallung in alle Beteiligten hinter den Kulissen: Die Bühne im Schloss wurde vorrübergehend stillgelegt, da zu viele Menschen zu den Schlagerschlampen drängten. Doch schon bevor passende Szenarien aktiviert werden müssen, kommt Entwarnung. Lage im Griff, die Schlampen schlagern weiter.
00:12 Die Goldbacher hat sich geleert, im Backstagebereich klingt der Tag aus. Die Technikcrew macht sich auf, sensible Einrichtungen und Gerätschaften auf der Bühne zu sichern und Nachtfest zu machen. Dabei entdecken sie erstmals, dass es direkt hinter ihrem Regieplatz eine Cocktailbar gibt …
00:15 Über das, was in den folgenden 26 Minuten passiert, hüllen wir an dieser Stelle den Mantel des Schweigens. Aber lustig wars auf jeden Fall. Und auf einmal waren alle ziemlich müde und mussten dringend ins Hotel.
2:48 Die Last Men Staning, bestehend aus einem FRIZZ und einem Mitglied der Band NU, trinken den letzten Cuba Libre aus und übergeben die Location in die treuen Hände der Security. In Wirklichkeit haben die Secus bereits die letzten zwei Stunden die Location vor den Last Men Standing beschützt.

© Evelyn Neschenz | TEVI Media
Stadtfest Tagebuch 6
Sonntag, 28. August
11:23 Als sich Jens T. dem Backstagebereich nähert überkommt ihn urplötzlich ein ungutes Gefühl. Gedankenblitze aus dem Jahr 2019 tauchen vor dem geistigen Auge auf, als One Step Closer mit unfassbar viel Material für ihre Lightshow den kompletten Sonntag den Backstagebereich lahmlegten. Und da die Band in diesem Jahr für die erkrankten Blutjungs einspringen, schwant dem Bühnenchef böses …
11:25 Entwarnung. Im Backstagebereich ist alles leer, inklusive der Augen der Technikcrew, die aufgrund der Twentycrazyminutes an der Cocktailbar bislang nur körperlich anwesend ist.
12:00 Und es geht direkt weiter. Waren all die Jahre um diese Uhrzeit nur verrentete Fahrradfahrer anwesend, die verzweifelt den Ausgang aus der Feiermeile suchten, wird die Goldbacher schon von Fans des Frühschoppens und der Black Hearts bevölkert. Von Haus aus eine gute Kombi!
13:12 Bereits zum Soundcheck tanzen die Menschen und die Band kriegt Applaus. Freiheit und Bock, ihr zwo verrückten Hühner!
16:34 Während die Drowning Suns ihr Alternative-Brett in die Menge feuern, verhandeln die Black Hearts hinter der Bühne leidenschaftlich mit Chefbooker Dirk B. wahlweise über eine Erschwerniszulage oder einen neuen Slot. Voll Mimimimimi. Haben doch gerade mal zwei Stunden in der prallen Sonne Musik gemacht, geboogiet und geshaked und pro Mann die Lächerlichkeit von drei Liter Schweiß verloren. Die stellen sich aber auch an, echt jetzt.
18:00 Eigentlich wären jetzt die Blutjungs auf die Bühne gegangen und hätten das absolute Highlight des diesjährigen Stadtfestes markiert. Aber die dumme Sau Corona findet Splatterpop wohl doof und zwang die Jungs in Lack, Leder und Netzstrapsen zur Absage. Glücklicherweise konnten wir der Band trotzdem einen Wunsch erfüllen und eine Coverband als Ersatz buchen! Welcome One Step Closer!
18:58 Die knallvolle Goldbacher Straße feiert das druckvolle Linkin Park-Set von OSC, hinter der Bühne wird geknuddelt, geprostet und geratscht. Die Boppins sind inzwischen vollzählig in the House und machen das, was sie am besten können: Die Boppins sein. Endspurt jetzt!
20:00 Do you feel allright? Antwort hier (…) einfügen.
21:59 Da laufen Freudentränen, ohne Scheiß Leute. War das geil.
2:14 Peter P. singt zur Freude aller „Sing mei Sachse, sing“, Markus S., Dirk B., Till B. und Jens T. machen sich das letzte Bier auf, Rainer K. schließt die Hebebühne und zündet sich eine an. Klappe zu, Affe tot. Der Platz ist leer, es ist vorbei. Anstrengend, aufregend, ein Riesenspaß! Tausend Dank an alle, die da waren! Ab jetzt wieder regelmäßig, oder?

© Evelyn Neschenz | TEVI Media