Nicolas Fries ist mit Leib und Seele Brauer. Das hat er nicht nur mit seinem beeindruckenden „Gesellenstück“ unter Beweis gestellt, das aktuell im Handel erhältlich ist. Denn seine Liebe zum Beruf geht bei ihm sogar unter die Haut …
Schon weit vor Ablauf seines 14-tägigen Praktikums zur Osterzeit 2017 war dem Leidersbacher klar, dass er mit „Brauer & Mälzer“ zum einen seinen Traumberuf und mit der Eder & Heylands Brauerei zum anderen seinen Ausbildungsbetrieb gefunden hatte. Als wir uns zum gemeinsamen Gespräch mit Nicolas und dem 1. Braumeister der Eder & Heylands Brauerei, Markus Sabel, treffen, erzählt er uns unumwunden, dass er nach dem Praktikum und bestandenem Abitur auch nur eine einzige Bewerbung geschrieben habe: nach Großostheim. Zum Glück teilte man dort die gegenseitige Wertschätzung und belohnte die Praktikumsleistungen mit einem Ausbildungsplatz.
Seit September 2018 erlernte Nicolas den Beruf des Brauers & Mälzers und hat augenscheinlich kein bisschen von seiner ursprünglichen Euphorie für dieses Handwerk eingebüßt. Ganz im Gegenteil, jeder neue Tag bestätigt ihn aufs Neue in seiner Berufswahl, was nach seiner Aussage unter anderem durch die Vielfältigkeit der Aufgabenstellungen und Anforderungen begründet ist. Denn ein Brauer & Mälzer benötigt neben einer gewissen körperlichen Belastbarkeit und einer Affinität zu moderner Technik auch tieferes Wissen bei biochemischen und naturwissenschaftlichen Zusammenhängen und belastbare Fertigkeiten in Mathematik. Kaum ein anderer Beruf verbindet so unterschiedliche Schwerpunkte miteinander – und kaum ein anderer Beruf ist so spannend und zukunftsträchtig.

© Till Benzin
Hopfen und Malz, Gott erhalt’s
Eine Beziehung, die unter die Haut geht
Der andere Grund, warum Nicolas mit Feuereifer bei der Arbeit ist, ist schlichtweg seine Liebe zum Bier. „Er hatte einfach ein unbändiges Interesse daran, zu ergründen, wie die verschiedenen Prozesse zusammenhängen, wie es von der Idee zum fertigen Endprodukt kommt“, präzisiert sein Vorgesetzter Markus Sabel. Und nicht ohne Stolz ergänzt er, dass „Nicolas seit seinem ersten Praktikumstag das Brauen von Grund auf verstehen wollte. Er verkörpert die Faszination, die unser Handwerk ausmacht.“ Ebendiese Faszination manifestiert sich bei Nicolas inzwischen auch optisch, denn er hat sich den Leitspruch seines Berufs sogar auf den Arm tätowieren lassen. „Hopfen und Malz, Gott erhalt’s“ steht da geschrieben. Der Satz wird gekrönt von einem traditionellen Braubottich und dem Zunftzeichen der „reinen“ Bierbrauer, dem Brauerstern. Dieser ähnelt auf den ersten Blick tatsächlich dem sogenannten „Judenstern“, hat mit diesem aber so gar nichts zu tun. Markus Sabel und Nicolas klären auf: Der Stern setzt sich aus zwei Dreiecken zusammen. Das erste Dreieck, mit der Spitze nach oben, steht für das Element Feuer. Das zweite Dreieck, mit der Spitze nach unten, steht für das Element Wasser. Dieses Zunftzeichen hat sich zur Einführung des Reinheitsgebots etabliert, als sich die „reinen“ Brauer mit ihm von denjenigen abheben wollten, die es mit dem Gebot nicht ganz so genau nahmen und neben Wasser, Malz, Hopfen und Hefe auch allerlei andere Zutaten hinzufügten. Manchmal werden bei der Darstellung des Brauersterns noch zwei, drei kleine Striche ergänzt, die die Gerste symbolisieren sollen. Seit dem September 2020 ziert der außergewöhnliche Blickfang seinen rechten Oberarm und wird ebenso unvergänglich sein wie die Liebe zu seinem Job. Behaupten wir jetzt einfach mal, nachdem wir Nicolas kennengelernt haben.
Das „Gesellenstück“ vom Gesellen Nicolas Fries
Ziemlich genau ein Jahr später, im Sommer 2021, beendete er seine Ausbildung bei der Eder & Heylands Brauerei und ist seitdem dort als Geselle tätig. Und wie es sich seit einigen Jahren für die Auszubildenden des Betriebes gehört, erhielt auch Nicolas die Chance, ein selbst kreiertes Bier zur Produktion eines kurzzeitig erhältlichen Specials im eigenen Betrieb einzureichen. Mit Erfolg, denn aktuell ist im gut sortierten Fachhandel eine begrenzte Menge seines „Gesellenstücks“ erhältlich.
Unter dem Titel „Gesellenstück #3 – Edel Doppelbock“ erwartet die Genießer unserer Region ein tiefdunkler Doppelbock mit stattlichen 9% Vol. Alkohol, der alles ist, aber kein massentaugliches Helles für schnellen, erfrischenden Genuss. Vielmehr ist das Gesellenstück ein echtes Geschmackserlebnis für den delikatessaffinen Gaumen und definitiv für eine Zielgruppe gemacht, die exklusive Bierspezialitäten gerne mal aus einem Stielglas zu sich nimmt. Angenehm weich und ölig fällt das dunkelbraune Gold in eben jenes, und wer seine Geschmacksknospen mit einem ersten Probeschluck benetzt und vorbereitet hat, der erlebt ab dem zweiten Schluck eine deutlich wahrnehmbare Komposition aus Schokolade-, Kaffee- und Raucharomen.
Die Idee zu diesem Bier hatte Nicolas in der heimischen Probeküche, in welcher er mit verschiedenen Rezepturen tüftelte und im Kleinstformat braute. Vom Prototyp seines Doppelbocks fertigte er 15 Liter und brachte diese zur Verkostung in seinen Ausbildungsbetrieb. Gemeinsam mit seinem ersten Braumeister und Mentor Markus Sabel wurde probiert und bewertet, verbessert und geschliffen – bis er die Freigabe erhielt, seinen Doppelbock für die offizielle „Gesellenstück“-Reihe vorzubereiten.
Was in der Praxis bedeutet, die Rezeptur aus der kleinen, heimischen Brauküche auf den großen Maßstab der Eder & Heylands Brauerei umzulegen: Alles muss entsprechend neu berechnet, skaliert und individuell vorbereitet werden, denn schließlich kann man ein entsprechendes Lebensmittel mit den fein komponierten Zutaten nicht einfach mittels Schema F hochrechnen. Vielmehr kommt in diesem Moment das zum Zuge, was Nicolas gelernt hat: echte Braukunst.
Eben diese Handwerkskunst kam übrigens auch bei der Auswahl der verwendeten Zutaten zum Einsatz. So verwendete Nicolas bei seinem Doppelbock drei verschiedene Malzsorten bzw. Veredlungswege. Das Rauchmalz, das für das von Nicolas persönlich bevorzugte Raucharoma nach Vorbild des berühmten „Schlenkerla“-Bieres aus Bamberg verantwortlich ist, wird über Buchenrauch verarbeitet, das dunkle Chocolate Malt sorgt für die zartbitteren Schokonoten und der Einsatz von Röstmalz steuert die Kaffeearomen bei. Für Markus Sabel stellt ein Glas des Gesellenstücks somit beispielsweise den Abschluss eines guten Essens dar: „Da ist alles drin, was es in diesem Moment braucht. Ein Stück Schokolade, einen Kaffee und eine gute Zigarre!“ Kein Wunder, dass ungefähr die Hälfte des produzierten Gesellenstücks bereits vergriffen ist, wer sich mit dieser raren Bierspezialität eindecken möchte, sollte sich also beeilen.
Und nun?
Prüfung exzellent abgeschlossen, seine eigene Bierkreation im Handel – was kommt als nächstes? Nicolas würde gerne für ein bis zwei Jahre in einer kleineren Brauerei neue Eindrücke sammeln, bevor sein Studium zum Diplom-Braumeister bzw. Diplom-Brauingenieur auf der Agenda steht. Ein Weg, der von Markus Sabel und der Eder & Heylands Brauerei komplett unterstützt wird. „Für Leute wie Nicolas ist es sehr wichtig, jetzt seine ‚Wanderjahre‘ anzutreten und sein Können in anderen Brauereien auszubauen. Da stehen wir voll dahinter“. Und wenn dann in ein paar Jahren ein erfahrener Diplom-Brauingenieur Nicolas Fries wieder in Großostheim vor der Tür steht? „Dann nehmen wir ihn mit offenen Armen wieder in Empfang!“ ergänzt Sabel mit einem Lachen. Alles richtig gemacht, Nicolas, mach weiter so!