
Foto: Mischa Nawrata
BANDBESPRECHUNG 9|2012: JULIAN MULDOON
Ein Junge greift zur Gitarre, singt zu vier Akkorden über das Leben, die Liebe und den Schmerz. Wenn Julian Muldoon gleich das Colos-Saal-Team mit seiner ersten EP begeistert und dort als Unbekannter seine Veröffentlichung feiern darf, dann sollte man genauer hinhören. Der erst 21-Jährige stammt aus Aschaffenburg, ist Musiker mit Leib und Seele (Achtung, Phrasenschwein!). Zur Musik kam er schon ziemlich früh durch den Musikverein. Dort lernte er Schlagzeug und Trompete spielen. Mit 15 wechselte er zur Gitarre. Später kam noch das Klavier hinzu. Bereits in jungen Jahren komponierte er eigenes Material, um es anschließend aufzunehmen, war allerdings nie wirklich Mitglied einer Band. „Irgendwie wollte ich immer lieber alleine Musik machen“, stellt er fest. Das sagen alle, die es mit der eigenen Musik ernst meinen. Ein Stück gesunde Selbsteinschätzung schadet nicht.
Nach dem Abitur ging es für einige Zeit ins Ausland. Aber nicht, um im Mittelmeer nach Meerjungfrauen zu tauchen, vielmehr entschied er sich für den alten Pfad der Straßenmusik. Irland sollte es sein. Natürlich. Das Land der Folklore und Liedermacher. „Von Juni bis November funktionierte das ganz gut, dann konnte ich der Kälte nicht mehr standhalten und musste mir eine normale Arbeit suchen.“ Und dieser Schlüsselmoment wirkt sich in der Qualität seiner ersten EP „Apparently, Yes!“ aus. Neben dem nötigen Know-How an Instrumentenkunde und dem Talent in der Stimme, ist es vor allem die Erfahrung, die hervorsticht. So singt Muldoon nicht nur von der Sehnsucht nach der Straße. Er hat sie erlebt. Mal mehr, mal weniger spektakulär. Dennoch begeht der Sänger nicht den klassischen Fehler junger Musiker, seinem Publikum das Leben in konstruierten Phrasen zu erklären. Er schreibt lieber über Stimmungen und versucht in seinen Texten die Musik möglichst gut zu transportieren. Das klingt erstaunlich erwachsen, eingängig und zeichnet sich durch reifes Songwriting aus. Auch wenn seine persönliche Plattensammlung von Bands wie Oasis, Strokes, Libertines, Coldplay oder den Beatles geprägt ist, erinnern seine smoothen Songs eher an Solokünstler. In den poppigen Momenten stellenweise an James Morrison, in den ruhigeren auch mal an Joshua Radin oder den irischen The-Frames-Frontmann Glenn Hansard.
Interessant ist sicher auch Muldoons aktuelle Backing-Band, die sich aus Freunden und Bekannten der lokalen Musikerszene (Hörspiel, Crooked Shoes, The Streetless) zusammensetzt. „Bis jetzt ist leider nur der September-Gig mit dieser Besetzung geplant, aber ich hoffe doch, dass die Jungs in Zukunft öfter mit mir spielen.“ Was wird also weiterhin geschehen? „Es wäre natürlich sehr schön, wenn die Reise noch weiter geht, allerdings kann man das ja vorher nie wissen. Aktiv verfolge ich erstmal meinen EP-Release und das Veröffentlichen zweier Musikvideos, von denen „In The Shade Of Me“ schon auf YouTube zu finden ist.“ Aktuell ist der Mathematikstudent wieder in Wien auf Inspirationssuche. Denn das wahre Leben findet man nur auf den Straßen dieser Welt.