FAZ, Spiegel TV, Tagesschau und neben vielen weiteren regionalen und überregionalen Medien hat auch das russische Staatsfernsehen über die Demonstrationen der Rechten in Aschaffenburg berichtet. In diesem Sommer schreibt unsere Stadt also Schlagzeilen und die wenigsten davon sind erbaulich.
Immerhin: Zwischenzeitlich gibt es auch ein paar gute Nachrichten, doch es wird Zeit, dass sich das Verhältnis umkehrt, damit unsere Stadt Putin nicht weiter als Paradebeispiel für die Unterstützung des „feindlichen Westens“ seines verbrecherischen Krieges in der Ukraine dient!
Wie es so weit kommen konnte
Ende Juni zogen Demonstrierende mit und ohne Traktor durch die Aschaffenburger Innenstadt. Ihr Protest richtete sich vor allem gegen die Grünen, die sie aus dem Land jagen wollen. Tja, dass die Rechten immer einen Sündenbock brauchen, der die Schuld an allem, was nicht rund läuft, trägt, ist hinlänglich bekannt. Ein Demonstrant sähe allerdings gerne gleich die ganze Regierung im Steinbruch, um – was auch sonst – „Steine zu kloppen für Kindergärten“. Gab’s schon mal, diese Art von Zwangsarbeit in Steinbrüchen. Wer die ein oder andere Folge von ZDF-History geschaut hat, sieht die Filmsequenzen, die vor rund 80 Jahren aufgenommen wurden, recht deutlich vor sich. Und damit ist klar, wessen Geistes Kind dieser Demonstrant ist.
Ein knapper historischer Exkurs
Anfang Mai 1945 lieferten sich die Aschaffenburger Häuserkämpfe mit der einrückenden US-Armee, die, gemeinsam mit den Alliierten, dem mehr als zwölf Jahre währenden Horror des NS-Regimes ein Ende setzte. Vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten lebten jüdische und nichtjüdische Aschaffenburger ganz selbstverständlich miteinander, pflegten Freundschaften und Geschäftsbeziehungen. 1945 gab es keinen einzigen Juden, keine einzige Jüdin mehr in Aschaffenburg; manche konnten auswandern, viele nahmen sich das Leben und noch mehr wurden in Konzentrationslagern ermordet. An diese Bürger erinnern Stolpersteine vor ihren einstigen Wohnhäusern, die vom Künstler Gunter Demnig verlegt wurden. Und diese Stolpersteine sind im Juni mit Säure verätzt worden, um die Gravur im Messing – und damit Namen und Lebensdaten der Menschen – unkenntlich zu machen. Man muss sich das vorstellen: Da läuft jemand mit ätzender Säure quer durch die Stadt und zielt auf jeden Stolperstein, der ihm auf seinem Weg begegnet, um die Identität der einstigen Aschaffenburger ein zweites Mal auszulöschen. Was diese Person antreibt, ist für unser Miteinander zwar nicht irrelevant, kann aber in diesem Beitrag ganz sicher nicht ergründet werden. Viel wichtiger ist an dieser Stelle zu betonen, dass diejenigen, die die Schändung der Stolpersteine und damit die Verhöhnung der Opfer des Holocausts nicht akzeptieren, die sich darüber empören, – also die Mehrheit der Stadtgesellschaft – Zeichen setzen.
Liebe Freunde der Demokratie!
Das ist Ende Juli nun endlich passiert. Rund 3.500 Menschen aller Generationen kamen auf dem Schlossplatz zusammen, um unter dem Motto „Aschaffenburg bleibt bunt. Punkt!“ klarzustellen, dass Hass und rechte Hetze in Aschaffenburg keinen Platz haben. Viele Besucher nahmen zum ersten Mal an einer Demonstration teil und eben das macht deutlich, wie sehr sie die Vielfalt in unserer Stadt schätzen und deshalb dazu beitragen, dass Aschaffenburg so weltoffen bleibt, wie es ist.
Weil von Rechts aber leider noch keine Ruhe zu erwarten ist, wird es an dieser Stelle nun ein bisschen persönlich: Liebe Freunde der Demokratie, wenn unsere schöne Stadt nicht zum geselligen Treffpunkt für völkische Beobachter und deren Sympathisanten werden soll, dann runter von der Couch! Macht euch breit in eurer Stadt, wenn sie zu ihren Demonstrationen aufrufen und zeigt den rechten Hetzern, dass sie in Aschaffenburg keinen Nährboden für ihre menschenverachtenden Parolen finden. Setzt euch ein gegen Hass und Ausgrenzung: Widersprecht rechten Parolen, greift ein, wenn jemand rassistisch beleidigt wird, erteilt sexistischen und homophoben Kommentaren eine Absage. Kurz: Steht ein für die Demokratie. Steht ein für ein Aschaffenburg des Miteinanders, in dem alle willkommen sind, die sich zu den Grundrechten der Bundesrepublik bekennen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, so beginnt Artikel 1 des Grundgesetzes – er ist Versprechen und Mahnung zugleich.