Der Blick in das Programm kleiner Verlage lohnt sich immer. Bestseller müssen nicht wie nach altem Bertelsmann-Zitat „gemacht“, sondern dürfen durchaus auch einmal selbst entdeckt werden. Der Debütroman von Manja Präkels ist so ein Juwel. Präkels’ Buch spielt in der Stadt, in der auch Moritz von Uslars wichtiger Reportageroman „Deutschboden“ (2010) entstand. Von Uslar zog für drei Monate in die Kleinstadt Zehdenick an der Havel, um ihre Bewohner zehn Jahre nach der Wende zu porträtieren. Seine Protagonisten sind dabei zum Teil ehemalige Rechtsradikale. Auch in „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ kehrt Erzählerin Mimi anlässlich der Beerdigung ihres Vaters in das verschlafene Havelstädtchen unweit Berlins zurück. Während einer schlaflosen Nacht im zerfallenden Elternhaus erinnert sie sich an ihre DDR-Kindheit und die Freundschaft zu einem stillen Nachbarsjungen, die endete, als er den Kampfnamen „Hitler“ erhielt. Eine zutiefst melancholische und gleichzeitig berührende Erzählung über eine schicksalsbehaftete Jugend in der ostdeutschen Tristesse. Und vielleicht ein umso wichtigerer Roman, um die sabotierten Seelen und Identitäten Ostdeutschlands besser nachvollziehen zu können.
Manja Präkels: Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß
Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß
31. Juli 2017
978-3957322722