Theken[tabu] #4: Jochen Seitz
Jochen Seitz, Jahrgang ’76, begann das Fußballspielen in seiner Heimatgemeinde Heimbuchenthal. 1992 wechselte er zur Viktoria Aschaffenburg, von dort aus startete er seine Profikarriere, in deren Verlauf er für den HSV, Unterhaching, Schalke, Stuttgart, Kaiserslautern, Hoffenheim, Aachen und den bulgarischen Erstligisten Burgas spielte. Seine aktive Laufbahn ließ er in der Regionalliga in Alzenau ausklingen und übernahm dort auch seinen ersten Trainerposten. Zur Saison 2016/17 übernahm der Inhaber des A-Trainerscheins die Viktoria, mit der er aller Voraussicht nach zur kommenden Saison in die Regionalliga zurückkehrt. Zudem ist er als Angestellter im Finanzwesen tätig. Mit seiner Familie lebt er in einer Gemeinde am Bayerischen Untermain.
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Jochen Seitz (lacht): Das ist schon mal richtig!
Okay, hilf mir bitte. Was für Themen gibt’s bei dir noch, die nichts mit dem runden Leder zu tun haben?
Familie, Freunde. Das sind die Haupthemen abseits des Platzes.
Ganz ehrlich, da wäre ich jetzt noch alleine drauf gekommen. Macht’s nicht wirklich einfacher … (lacht)
Ich spiele noch ganz gerne Tennis. Und dann habe ich ja auch noch einen normalen Job als Angestellter im Finanzwesen. Ich bin jeden Tag bis 14 Uhr im Büro und dann haben wir vier Mal die Woche Training. Viel Freizeit ist da halt nicht und die wenige Zeit verbringe ich dann natürlich am liebsten mit der Familie und Freunden.
Das zerstört natürlich ein bisschen das allgemeine Bild von ehemaligen Spitzensportlern. Da denkt man, dass die während ihrer aktiven Zeit so viel Geld verdient haben, dass sie sich danach gemütlich daheim lang machen können.
Wir haben vor vier Jahren gebaut. Kennst du die Grundstückspreise hier in der Region? (lacht) Im Ernst: Meine berufliche Vergangenheit hat mir dahingehend schon einiges erleichtert. Aber auch sonst: Was will ich nur daheim? Rumsitzen? Mir würde direkt die Decke auf den Kopf fallen! Die Kombination aus geregeltem Job und Trainer ist da schon perfekt.
Gab’s in den jungen Jahren deiner Karriere eigentlich auch irgendeinen Plan B? Was wäre aus dir geworden, wenn jetzt nicht einer um die Ecke gekommen wäre, der gesehen hätte, dass du besser kickst als die anderen?
Ich habe auf der FOS in Aschaffenburg meinen Abschluss gemacht und wäre aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwo in einem Büro gelandet. Vielleicht hätte ich auch irgendwo studiert, aber eigentlich war mir schon relativ früh klar, dass es so kommen wird. In dem Zeitraum, in dem man sich um sowas intensiver Gedanken macht, so um das letzte Schuljahr herum, waren die Würfel im Endeffekt schon gefallen.
Das ist interessant, weil alle Leute, die ausgefallene Berufe haben, sei es beispielsweise Musiker, Comedian oder eben Sportler, genau das sagen: Es sei ihnen relativ früh klar gewesen, dass es beruflich so ausgehen würde. Die haben alle so eine unerklärliche Sicherheit darin gehabt.
Es geht um den unbedingten Willen. Der ist entscheidend.
Gibt’s noch andere heimliche Talente?
Fest steht: Kochen ist es nicht! (lacht)
Auch nicht Grillen?
Doch, grillen funktioniert! Wir haben uns einen guten Gasgrill geleistet. So stelle ich mir Entspannung vor: Sonne, Kumpels, ein gemütliches Bierchen und nebenher grillen! Aber im Kochen ist meine Frau wesentlich besser. Ich kann den Kindern mal Nudeln machen, auch wenn meine Frau sich beschwert, weil ich teilweise auf Fertigprodukte zurückgreife und das so gar nicht ihr Ding ist … (lacht)
Das wundert mich jetzt ein bisschen. Du musstest ja die Hälfte deines bisherigen Lebens extrem auf deinen Körper und dementsprechend auch auf deine Ernährung achten. Wurde euch das komplett abgenommen?
Nein, ich habe da auch nie viel Wert drauf gelegt. Ich habe da vielleicht auch eine gute Veranlagung und durch das regelmäßige Training keine Probleme gehabt. Und von Vereinsseite wurde damals auch nicht so auf das Thema geachtet wie heute.
Was war denn deine größte Sünde zu deiner Sportlerzeit?
Viele, denn ich hab schon auch mal ganz gerne gefeiert nach den Spielen, auch in Aschaffenburg! (lacht) Auch wenn ich heute weiß, dass das für den Körper bestimmt nicht das Beste war. Uns hat das aber damals nicht wirklich interessiert und rausbekommen hat das auch keiner – bis auf Felix Magath, der hier auch ein paar Kontakte hat. (lacht) Damals war aber auch eine andere Zeit. Heute kann eine Person des öffentlichen Lebens nicht mehr einfach um die Häuser ziehen. Da zückt ja jeder sofort das Smartphone und ein paar Minuten später steht alles im Netz. Das war damals schon entspannter.
Was würde passieren, wenn morgen RTL anruft und dich für die nächste Staffel „Let’s Dance“ verpflichten will.
Gar nix, da ich nicht tanzen kann! (lacht)
Können die meisten anderen da auch nicht. Zumindest nicht am Anfang.
Aber ich würde mich da komplett blamieren. Ich bin so ein steifer Bock, das wäre wirklich nicht schön anzuschauen! Wobei, kommt auf’s Geld an – wenn du in der ersten Runde ausscheidest, hast du einen lockeren Job gehabt! (lacht)
Gibt ja auch noch andere Formate …
Grundsätzlich sind derlei Promi-Formate nichts für mich, da ich nicht der Typ bin, der im Mittelpunkt stehen muss. War schon immer so. Wenn mich ein Fernsehreporter beispielweise aktiv nach einem Statement gefragt hat, habe ich das schon gemacht, denn das war ja auch Teil des Jobs. Da gab’s aber natürlich auch ganz andere, die von sich aus schon auf die Kameras zugelaufen sind und sich profilieren mussten. So bin ich nicht! Zudem ist der Informationswert solcher Interviews ja auch immer sehr überschaubar.
Du bist wirklich viel herumgekommen in deiner aktiven Zeit. Welche Stadt war denn die schönste?
Ich habe ja fast nix ausgelassen und da waren echt die schönsten Städte dabei. Ich war in Hamburg, Stuttgart, München …
Und Gelsenkirchen.
Okay, wenn’s nach Schönheit geht, müssen wir Gelsenkirchen weglassen! (lacht) Aber in den anderen Städten zu leben und zu arbeiten war ein Traum! Gerade auch in Bulgarien. Wir haben direkt am Strand vom Schwarzen Meer gewohnt, wunderschön, das war echte Lebensqualität. Im Nachhinein muss ich mich vielleicht darüber ärgern, dass wir das zu wenig ausgenutzt haben.
Apropos ausgehen. Disco oder Konzerte?
Sehr gerne Konzerte. Ich war vor ein paar Wochen in Köln bei Metallica. Sensationell! Ich habe mir schon viele große und richtig gute Konzerte, von Coldplay bis Take That, angeschaut. Das macht mir total Spaß.
Dann sind wir wahrscheinlich beide froh, dass Pietro und Sarah eventuell nächstes Jahr in der DSDS-Jury sitzen.
Ja, Gott sei Dank!