Foto: Till Benzin
VOCALS TREFFEN DRUMS
Diesmal hat die Konstellation von Haus aus ordentlich Dampf im Kessel. Mit Martin Großmann nimmt zum einen eine der schillerndsten Figuren der heimischen Musikerszene auf unserer schnieken (hüstel) Couch Platz, die mit ihren Bands Blutjungs und Carlos Mogutseu vor allem für eines steht: schonungslose Texte, mal bitterböse, mal ein wenig düster, mal gnadenlos witzig und immer mit gehörig Verve in die jeweilige Fresse. Ihm gegenüber sitzt Schlagzeuger Gabriel Mosch-Wedde, neben seinen Jobs in diversen musikalischen Projekten einer der Gründer der Music Monks.
FRIZZ Das Magazin: Moin in die Runde! Kennt ihr euch?
Martin: Ja, vom Sehen. Wir haben uns sogar schon mal einen Backstagebereich geteilt. Aber geprügelt haben wir uns bislang noch nicht …
Gabriel: Warum auch, wenn wir zwei prügeln, dann nur in eine Richtung (der Blick geht auf den FRIZZen).
M: Genau! Aber im Ernst, ich habe die Monks mal auf dem Stadtfest gesehen, als wir dort auf der gleichen Bühne gespielt haben. Mehr Berührungspunkte gab es bislang aber nicht.
G: Dafür hab’ ich bei den Blutjungs sogar schon mal Licht gemacht bei einem Clubgig hier in Aschaffenburg!
M: Ehrlich? Da muss ich dich gleich fragen: Waren wir nett?
G: Zum Publikum, oder was?
M: Nee, ich meine zu Crew und Veranstalter und so. Ganz im Ernst, wir versuchen immer höflich und zuvorkommend zu den Leuten vor Ort zu sein. Die arbeiten ja schließlich auch für oder wegen uns in dem Moment dort. Mich würde wirklich interessieren, ob das bei euch damals auch so angekommen ist.
G: Ach das meinst du. Da ich grundsätzlich auch ein Freund von guten Umgangsformen bin und ebenfalls immer versuche, mit einem Handschlag und Lächeln auf die Leute zuzugehen, bleiben mir solche Abende eigentlich nur in Erinnerung, wenn die Leute unhöfliche Honks waren. Sowas bringe ich aber mit euch nicht in Verbindung, also müsst ihr lieb gewesen sein.
Apropos lieb. Martin, du stehst ja im Ruf, Cover- und Tributebands zu hassen.
M: Und in diesem Ruf stehe ich zu Unrecht! Grundsätzlich kann nämlich von mir aus jeder covern, was er will. Ich finde das zum Geldverdienen sogar absolut legitim, nur hat das in meinen Augen mit „Musik machen“ nichts zu tun. Und das, was ich wirklich hasse, ist die Art der völlig übertriebenen und ungerechtfertigten Art der Selbstdarstellung bei so manchen Combos dieses Genres. Da gibt’s Bands, die tingeln übers Land und spielen Rockstar. Wobei „spielen“ falsch ist: Die tingeln übers Land und denken, sie sind Rockstars.
G: Ich gebe dir da bedingt recht. Leute, die sich groß machen aufgrund der Lorbeeren anderer, sind auch nicht mein Fall. Aber der überwiegende Teil sind nette Kollegen, die allermeisten dazu auch noch richtig gute Musiker.
M: Dass die allermeisten was drauf haben, bestreite ich auch gar nicht! Und wenn die guten Mukker davon leben müssen, sind das auch noch mal andere Voraussetzungen. Aber wenn du Musik nur als Hobby machst, kann ich nicht verstehen, wieso dann gecovert wird. Da finde ich eigene Sachen viel cooler.
G: Eigene Musik ist natürlich cool, keine Frage. Wie viele andere bei den Monks spiele ich ja auch noch in anderen Bands, die eigenes Zeug machen. Was aber bei allen Bands gleich ist: Wenn sie’s nicht können, klingt’s kacke!
M: (lacht) Stimmt! „Wenn du’s nicht kannst, klingt’s kacke“ – das ist geil. Unser nächster Songtitel!
G: Das beziehst du jetzt aber bitte nicht auf uns (lacht)!
M: Doch voll! Nee, im Ernst, meiner Meinung nach haben die Music Monks da einen anderen Stellenwert und das sage ich nicht nur, weil du gefühlt 2,70 Meter groß bist. Ich persönlich ordne euch da eher so im Stil der Boppins ein. Die covern zwar auch noch einen Teil ihres Programms, geben aber den Nummern einen eigenen Touch oder arrangieren vielleicht sogar komplett um. Das hat schon eine kreative Qualität.
G: Die Kreativarbeit liegt bei uns auch darin begründet, dass Seeed selbst seine Nummern live ständig verändert und ab und zu auch mal völlig verfremdet. Und wir orientieren uns bei unserem Set wiederum fast ausschließlich an den Live-Versionen von Seeed und Peter Fox, die wir dann für uns erarbeiten. Wir wollen ja keine stumpfe Kopie sein, demnach klingt’s bei den Monks nie wie auf Platte. Manchmal bringt das aber auch aberwitzige Situationen hervor. Letzten Samstag in Dormagen …
M: … oh Gott, Dormagen! Diese Geschichte endet tragisch, das weiß ich jetzt schon. Wobei „letzten Samstag in Dormagen“ ein noch viel besserer Songtitel ist …
G: (lacht) Ja! Lass’ uns was daraus machen! Aber zurück zur Geschichte: In Dormagen ist eine Frau in der Pause gegangen und hat zu dem Typ an der Kasse gemeint, wir wären nicht so gut wie Seeed, denn auf Platte würde es anders klingen. Abgesehen davon, dass wir uns niemals anmaßen würden zu behaupten, wir wären annähernd so gut, hat diese Frau aber auch garantiert noch nie ein Seeed-Konzert besucht …
M: Kenn ich! Zu mir ist mal einer gekommen und hat gesagt „Ey, war toll, aber mit dem Originalsänger fand ich es besser!“
G: Und, lebt er noch?
M: Jaja, wir haben ihn laufen lassen! Was machst du denn eigentlich für eigene Sachen?
G: Unser neues Projekt heißt „Ned & the Birds“ und geht so grob in Richtung Blues. Eigentlich wollten wir uns „Ned & the Wankers“ nennen, aber …
M: Oha, da fällt ein Gig auf dem Kirchentag aber aus!
G: Wahrscheinlich, aber wer will denn da schon spielen?
M: Och, Blues und Kirche könnte heute schon funktionieren.
G: Kann sein, aber die werden uns sowieso nie fragen. Ach ja, früher hab ich auch mal bei Freak 91 getrommelt, die Band gibt’s aber leider schon länger nicht mehr. Die haben irgendwann mal einen Major-Deal angeboten bekommen und sind daran förmlich zerbrochen. Zum einen wollte die Plattenfirma, dass die erste Single eine Ballade sein sollte und darauf hatte keiner Bock. Und zum zweiten hat sich ein Teil der Band einfach nicht getraut, dieses Risiko einzugehen.
M: Das wird immer so sein, dass auf einmal die Hälfte der Band nicht mehr mitmacht, wenn tatsächlich mal eine große Plattenfirma kommt. Wir hatten mit den Blutjungs auch schon vorbereitete Verträge von zwei großen Firmen vorliegen und haben dann nicht unterschrieben. Im Nachhinein ist das aber auch genau die richtige Entscheidung gewesen. Ich habe dann einfach mein eigenes Label und einen kleinen Verlag gegründet – und seitdem bin ich derjenige, der die Plattendeals verteilt!
(Es entwickelt sich eine Plauderei über die Vor- und Nachteile von Plattendeals, die Aschaffenburger Musikszene, die Furcht davor, einen Blutjungs-Song auf Antenne Bayern zu hören, Gigs in ganz kleinen und ganz großen Clubs sowie die Teflon-Ring-Mafia im Automobilzuliefererbereich. Und dann das Geständnis: Das erste Carlos-Mogutseu-Programm bestand zur Hälfte aus Peter-Alexander-Songs …)
Martin Großmann ist der Frontmann der Splatter-Popper Blutjungs sowie der Kultbands Carlos Mogutseu und Dee Andern. Außerdem betätigt er sich als Schriftsteller und hat mit „Doppelmond“ einen Kurzgeschichtenband für all die herausgebracht, denen die Blutjungs zu harmlos und Carlos Mogutseu zu lustig sind. Martin ist zudem Gründer und Inhaber des Indie-Labels „Phonowerke Luna“.
Gabriel Mosch-Wedde ist Gründer und Drummer der Seeed-Tribute-Band Music Monks. Seine musikalische Laufbahn hat ihn unter anderem hinter die Schießbude bei Freak 91 wie auch der Grönemeyer-Coverband LuXuS geführt. Aktuell spielt Gabriel neben den Monks in der Blues-Rock-Band „Ned & the Birds“ und ist Teil der Weiler-Drum-Connection.