Der Tod eines Kindes ist immer und ohne Frage extrem traurig und tragisch. Sofern die Öffentlichkeit etwas davon mitbekommt, dann in der Regel, weil verhängnisvolle Unfälle oder schwere Krankheiten hinter dem viel zu frühen Ableben der kleinen Menschen stehen. Genauso traumatisch für alle Betroffenen, aber weit unter dem Radar von allen sind hingegen die Sternenkinder aus der Region.
Sternenkinder: Im Herzen ihrer Eltern
Als Sternenkinder werden Kinder bezeichnet, die im Laufe der Schwangerschaft beziehungsweise während oder kurz nach der Geburt versterben, manchmal werden sie auch genauso liebevoll Engels- oder Schmetterlingskinder genannt. Wird ein im Mutterleib verstorbenes Kind auf die Welt gebracht, so spricht man von einer stillen Geburt. Was abseits der Namen und des Zeitpunkts immer gleich ist: Der Tod des eigenen Kindes ist selbstredend ein massiv erschütterndes Ereignis für die betroffenen Eltern und nicht selten auch für deren Umfeld. Und doch sind Tod- oder Fehlgeburten auch heute noch oft ein Tabuthema, weswegen die Betroffenen nicht selten mit ihren Erlebnissen, der Trauer und den Sorgen von der Gesellschaft alleingelassen werden.
Menschen, die sich kümmern
Um solche Eltern in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen, hat sich 2021 der Verein „Mein Sternenkind Miltenberg“ gegründet, der im darauffolgenden Jahr als gemeinnützig anerkannt wurde. Hervorgegangen ist der e. V. aus einer Selbsthilfegruppe, die im Jahr 2019 von der selbst betroffenen Mutter Jennifer Hartmann initiiert wurde. Schnell war den Teilnehmern der Gruppierung klar, dass sie auch anderen Eltern nach dem Tod ihres Kindes bestmöglich helfen wollten, worauf „Mein Sternenkind Miltenberg e.V.“ entstanden ist. 31 Mitglieder zählt der Verein aktuell und bietet neben der regulären Vereinsarbeit auch regelmäßige Gruppentreffen mit unterschiedlichen Aktivitäten an. Ein weiteres Herzstück sind aber auch Einzelbegleitungen und individuell gestaltete Hilfsangebote für betroffene Eltern. So wurden beispielsweise alleine 2024 bislang 13 Familien speziell begleitet.
Wie die Arbeit des Vereins „Mein Sternenkind Miltenberg e.V.“ im Detail aussieht, was wir alle für betroffene Familien tun können und auch, wie die Gesellschaft dieses wertvolle Ehrenamt unterstützen kann, hat das Vorstandsmitglied Nadja Spörl im Gespräch mit FRIZZ Das Magazin erzählt.
Mein Sternenkind Miltenberg e.V
FRIZZ Das Magazin: Eltern von Sternenkindern können sich jederzeit an euch wenden und erhalten individuell abgestimmte Hilfe. Wie sehen die verschiedenen Wege der Hilfestellung durch euren Verein aus?
Nadja Spörl: Wir bieten monatliche Gruppentreffen an, aber auch Einzelbegleitungen, in denen Mütter und Väter von Sternenkindern in ungezwungener Atmosphäre über das Erlebte sprechen und sich austauschen können. Über den Tod des eigenen Kindes mit Menschen zu sprechen, die dasselbe erlebt haben, kann eine große Hilfe sein. Wir möchten den Eltern einen Raum bieten, offen über ihre Erfahrungen, Sorgen und Nöte reden zu können und es tut auch einfach gut zu wissen, man ist nicht alleine.
Müssen die betroffenen Eltern Mitglied bei euch werden oder ist das nicht nötig?
Alle Angebote unseres Vereins sind kostenlos und auch eine Mitgliedschaft ist nicht zwingend notwendig. Aber natürlich freuen wir uns aber über jeden neuen Beitritt, da jede neue Mitgliedschaft uns dabei unterstützt, für Sternenkindeltern weiter aktiv sein zu können.
Ihr trefft euch alle 4 Wochen zur regelmäßigen Vereinsarbeit. Wie sind diese Treffen gestaltet und wie sieht die allgemeine Vereinstätigkeit aus?
Bei unseren Treffen unterscheiden wir zwischen Vereinsarbeit und Gruppentreffen. Unsere Gruppentreffen finden einmal im Monat statt, da bieten wir im Wechsel die kreative Sternenkind-Gruppe und die kleine Auszeit an. Bei der kreativen Sternenkind-Gruppe möchten wir trauernden Eltern ein kreatives Zusammentreffen bieten, in lockerer Umgebung kann da gewerkelt und gebastelt werden und man kommt zugleich ungezwungen miteinander ins Gespräch. Die Sternenkinder finden dabei immer einen Platz. Bei der kleinen Auszeit werden verschiedene Aktivitäten angeboten wie beispielsweise Spaziergänge, Klangschalenreisen, Yoga oder Meditationen. Im Zuge der Vereinsarbeit finden regelmäßig Teambesprechungen statt. Dort planen wir die Gruppen, aber auch alles drumherum wie z.B. die individuellen Begleitungen, die finanziellen Themen oder Veranstaltungen an denen wir teilnehmen möchten sowie Social Media Präsenz etc.
Mein Sternenkind Miltenberg e.V.
Seid ihr mit anderen Sternenkinder-Vereinen in Kontakt oder verbunden?
Ja und diese Verbindungen sind enorm wichtig. Wir stehen vor allem im Kontakt mit dem Sternenkinderzentrum Odenwald und dem Verein Sternenkinder Rhein Main. Insbesondere wenn es personelle Probleme gibt, sichern wir so untereinander die Akutbegleitung ab.
Ich könnte mir vorstellen, dass es Situationen gibt in denen eure Möglichkeiten zur Hilfe an ihre Grenzen stoßen. Habt ihr in eurem Netzwerk Experten und Fachinstitutionen, an die ihr die Eltern weiterleiten könnt?
Ja, auf jeden Fall. Wir sind sehr gut vernetzt und leiten, wenn notwendig, zum Beispiel an Donum Vitae, SkF, die Caritas oder Dagmar Weimer weiter.
Damit Außenstehende überhaupt ein Gefühl für die Thematik bekommen: Wie viele Sternenkinder gibt es allein am Untermain pro Jahr?
Dieses Thema brennt uns selbst sehr auf der Seele, allerdings konnten wir bisher nicht mit Sicherheit herausfinden, wie viele Sternenkinder es in der Region pro Jahr in etwa gibt. Problem ist unter anderem die Unterteilung nach Geburtsgewicht. Die Sternenkinder unter 500g werden nicht offiziell erfasst. Auch nachzufragen ist sehr schwierig, da Ausschabungen nicht nur in Krankenhäusern, sondern auch ambulant vorgenommen werden. Bei den Sternenkindern über 500g ist uns die Zahl nur aus Erlenbach bekannt und liegt bei etwa 3-5 stillen Geburten pro Jahr. Für Aschaffenburg dürfte die Zahl höher sein, auch aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine Level 1 Klinik handelt.
Mein Sternenkind Miltenberg e.V.
Wie kann man eure Arbeit unterstützen? Gibt es neben Spenden auch die Möglichkeit zur passiven Mitgliedschaft? Und womit kann man euch sonst noch eine Freude machen?
Wir freuen uns über jede Unterstützung durch Spenden, eine Mitgliedschaft oder Fördermitgliedschaft aber auch das Einbringen von Manpower: Aktuell sind wir leider sehr eingeschränkt an Festen oder Märkten vertreten, weil uns einfach die Arbeitskraft fehlt. Und eine besondere Freude kann man uns machen, wenn man über uns spricht! Damit Betroffene Familien schnell wissen, wo es Hilfe gibt und an wen sie sich wenden können.
Abschließend: Gibt es noch irgendetwas, was euch wirklich wichtig ist und was ihr schon immer mal loswerden möchtet? Dann habt ihr jetzt die Möglichkeit!
Da gibt es für uns zwei Punkte, die uns auf der Seele brennen. Auf der einen Seite das Thema Sternenkinder zu enttabuisieren. Sprecht über die Kinder, seit für betroffene Familien da und habt ein offenes Ohr. Es gibt nichts Schlimmeres, als dass die Menschen sich nicht trauen, die Namen unserer verstorbenen Kinder zu nennen! Außerdem muss sich unserer Meinung nach bei dem Thema Friedhofsangebot für Sternenkinder etwas ändern. Es gibt kaum Möglichkeiten Sternenkinder in extra Bereichen und kostengünstig oder vielleicht sogar umsonst zu bestatten. Viele betroffene Eltern müssen so weite Strecken bis zum Friedhof fahren und können die Kinder nicht in der Nähe bestatten, da es einfach kein passendes Angebot gibt.