Im Rahmen der 25. Aschaffenburger Kulturtage entsteht – neben den ganzen anderen Programmpunkten – (wieder) etwas außergewöhnlich Wunderbares, das unser Stadtbild auch in Zukunft nachhaltig schöner macht: Ein weiteres Mural hält Einzug in Aschaffenburg – und wir alle können rund um die Museumsnacht (6.7.) vom 5.–7.7. in der Dämmer Erlenmeyerstraße 1 Zeuge sein, wenn dieses überdimensionale Kunstwerk geboren wird.
Mural? Mural!
Kurz & knapp: Murals sind großflächige Malereien, die sich gerne auch mal über komplette Häuserwände erstrecken und hierzulande zuerst in den Szenevierteln der Metropolen auftauchten. Inzwischen haben viele Kommunen die Strahlkraft dieser urbanen Kunstform erkannt und so zieren Murals in allen erdenklichen Größen, Formen und Thematiken längst nicht mehr nur die Hauswände diverser Großstädte. Auch in Aschaffenburg existieren bereits mehrere dieser beeindruckenden Bilder, deren Erschaffer global gesehen ihren künstlerischen Ursprung nicht selten in der Grafittiszene haben. So ziert zum Beispiel ein Mural (von Engin Dogan) zu Ernst Ludwig Kirchner die Parkhaus-Rotunde am Hauptbahnhof, Marc Robitzky hat zu einer früheren Museumsnacht eine große Hauswand in der Würzburger Straße gestaltet und Engin Dogan hat die komplette Fassade des Café Krem zu einem Gesamtkunstwerk gemacht. Die Liste könnte noch um einige Großkunstwerke verlängert werden.
HERA von Herakut
Eine Meisterin der Murals: HERA von Herakut
Für das brandneue Aschaffenburger Mural konnten die Initiatoren des Vereins Musik-, Kunst- & Kulturinitiative niemand Geringeren als HERA von Herakut gewinnen. Sie gehört unbestritten zu den Stars der weltweiten Streetartszene und genießt dementsprechend auch international höchstes Ansehen. Jasmin Siddiqui – HERAs bürgerlicher Name – wurde 1981 in Frankfurt am Main geboren und studierte an der dortigen Kunsthochschule – ihre Leidenschaft für die schon damals immer weiter blühenden Kunstformen Streetart und Graffiti erwachte aber bereits im Kindesalter, wie sie erst jüngst in einem Interview erzählte. Denn die Graffitis und Wandmalereien in der erweiterten Umgebung ihres Wohnorts waren für sie nicht nur frühe Inspiration, sondern auch Orientierungspunkte im Großstadtdschungel. „Es hat mich damals schon beeindruckt, dass eine Person das irgendwann mal gemacht hat und dass es in keiner anderen Stadt zu sehen ist“, führt sie weiter aus.
HERA von Herakut
Seit über 20 Jahren ist sie nun selbst als Streetartkünstlerin aktiv und hat viele Jahre gemeinsam mit Falk Lehmann, alias AKUT das Malerduo „Herakut“ gebildet. Die beiden herausragenden Künstler waren weltweit unterwegs, ihre Murals verschönern bis heute den öffentlichen Raum in unter anderem Miami, Sao Paolo oder Moskau. Dadurch erarbeiteten sich beide nicht nur einen weltweit hervorragenden Ruf in der Künstlerszene, sondern fertigten zudem zahlreiche Auftragsarbeiten wie beispielsweise für den Schauspieler Jim Carrey auf dessen Anwesen an. Aber auch die Welt abseits des Glitzers und Glamours wurde durch Herakut bunter und menschlicher: So verbrachten HERA und AKUT drei Wochen in einem jordanischen Flüchtlingslager, um dort mit syrischen Flüchtlingskindern insgesamt acht große Murals zu malen.
Nachdem sich 2020 die Wege von Herakut trennten, ist HERA wieder solo unterwegs und bewegt mit ihren Bildern nach wie vor die Menschen rund um den Globus. Jüngst fertigte sie für „Viva Con Agua“ und dessen Fußball-EM-Projekt „11 Walls/11 Goals“ ein Mural in Frankfurt, das in bester HERA-Manier die Verschmelzung von Tier und Mensch zu einem fabelhaften, neuen Wesen abbildet, dabei spielerisch den Bezug zum Fußball herstellt und doch genug Raum für eigene Interpretation und Ableitungen lässt. Überhaupt sind fließende Übergänge zwischen Tieren und Menschen in Verbindung mit ihrem unverkennbaren Malstil und einer philosophischen Botschaft der Signature-Style der Künstlerin. So schafft sie es, dass die Betrachter sofort in ihre Bilder eintauchen und sich instinktiv ihre eigene Geschichte zum Sichtbaren aufbauen können. Schließlich werden Tiere auch auf der ganzen Welt eingesetzt, um Gleichnisse darzustellen und so treffen daher bei HERA auch mal Beutetier und Jäger in freundschaftlicher und friedvoller Absicht aufeinander, um das gedankliche Spiel mit Gegensätzen begreifbar zu machen. Charakteristisch ist zudem ihr teils rougher, fast schon skizzenhafter Malstil, der sich seit ihren Anfangstagen entwickelt und schließlich in unverwechselbarer Art und Weise verfestigt hat. Oft ergänzt sie ihre Murals noch mit Zitaten oder Leitsprüchen, was für diese Art Kunst zwar eher ungewöhnlich, ihr aber wiederum sehr wichtig ist. So kann sie der emotionalen Ebene der Bilder noch eine kognitive hinzufügen und dem Betrachter etwas für seine weitere Reise mitgeben.
HERA von Herakut
Wir dürfen also äußerst gespannt sein, wie die Erlenmeyerstraße 1 nach der Museumsnacht aussieht. Fakt ist, dass unsere kleine Stadt um ein beeindruckendes Werk made by HERA reicher sein wird. Und sie wird uns genau das geben, was sie selbst schon als Kind von der Streetart bekommen hat: Inspiration und Orientierung!