Man werfe einen retrospektiven Blick auf die vergangene Buchmesse. Nein, nicht auf einen der Bigplayer in Frankfurt oder Leipzig. Die Aschaffenburger Buchmesse. Ja, auch unser malerisch am Main gelegenes Kleinod ist Schauplatz einer solchen Literaturmesse, und die muss sich keinesfalls hinter ihrer großen hessischen Schwester oder die der sächsischen Landeshauptstadt verstecken!
Bereits zum fünften Mal hat am 16.11. im Schloss Johannisburg die Aschaffenburger Buchmesse stattgefunden und bot den Besuchern eine großartige Plattform für Autoren regionaler Literatur. Kennt man die großen Vertreter, so denkt man an unüberschaubare Hallen mit unzähligen Bühnen und Verlagen, die den Hot-Shit der aktuellen Literaturszene im schier endlosen Veranstaltungsprogramm oder auf scheinwerferumfluteten Hochglanzpodesten präsentieren und ihre Bestsellerautoren dem literaturbegeisterten Publikum bei Lesungen oder Autogrammstunden zum Fraß vorwerfen. Es geht aber auch kleiner, gemütlicher, vor allem aber nahbarer.
In zwei Lesezimmern stellte der „Verein zur Förderung der Dichtung am Untermain“, der die Aschaffenburger Buchmesse seit ihrer ersten Ausgabe organisiert, ein liebevoll kuratiertes Programm zusammen, das die regionale Literaturszene mit all ihren Facetten abbildet. Wer glaubt, dass die Aschaffenburger Regionalliteratur ausschließlich Kneipengeschichten oder Lokalkrimis umfassen würde, der irrt. Lesungen aus Lyrikbändchen oder Kurzgeschichtensammlungen zeigten den Reichtum der hiesigen Literatur. Auch ökokritische Texte, die aus dem gegenwärtigen Literaturbetrieb nicht mehr wegzudenken sind und die sich mit den Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Natur beschäftigen, finden ihren Platz im Angebot der Buchmesse.
So stellte in einer Vormittagslesung die Autorin und Literaturwissenschaftlerin Ruth Elsholz ihren bisher unveröffentlichten Roman „Arbor vitae“ vor und erzählt dem Publikum eine Geschichte, in der sich die Natur gegen die menschliche Rücksichtslosigkeit wehrt und Bäume eine textinterne bedeutungstragende Rolle erhalten.
Das Highlight der hiesigen Buchmesse war jedoch Peter Freudenberger. Im übervollen Saal las er aus seinem jüngsten Roman „Stiller und die Kunst des Todes“. Der Journalist erzählte von schlauen Hühnern, die über die Dummheit des Menschen spotten – ganz wie in Luigi Malerbas „Le galline pensierose“ – performte dabei die mainländische Mundart und konnte nicht nur einmal den Saal mit seiner empathischen Lesart zum Lachen bringen.
Wer abseits des literarischen Massenkonsums eine Plattform für den Austausch über Literatur und Kultur sucht, ohne dass durch Reizüberflutungen und Menschenmassen die Lust am Stöbern verloren geht, der ist bei der Aschaffenburger Buchmesse genau richtig. Hier erlebt man nicht nur die Autoren hautnah, ohne Termindruck und wichtigen Presseterminen, sondern auch einen Ort voller Liebe zur Literatur und Kultur der eigenen Heimat.