Musik und Tanz fungieren als Katalysator für die bildende und darstellende Kunst, den politischen und sozialen Protest, Literatur und Mode. Die Ausstellung präsentiert Filme und Videos, gedreht von Künstlern und Kollektiven, die sich über dieses Medium mit dem Thema Tanz befassen. Die Filme umfassen einen Zeitraum von den 1980er-Jahren bis heute. Sie wurden speziell für die Kamera und nicht für ein Livepublikum konzipiert und aufgeführt oder als Collagen aus historischem Filmmaterial zusammengefügt.
Die Ausstellung „Tanz im Viereck“ präsentiert eine Zusammenstellung von Videoarbeiten, die den Tanz als ein bewusst subversives Mittel des Ausdrucks erkunden – eine künstlerische Form, die sich mutig über gesellschaftliche Konventionen hinwegsetzt. Im Zentrum dieser Präsentation steht die Untersuchung jener disruptiven Kraft, die aus der Synthese von Video als unmittelbarem Medium und der intensiven Körperlichkeit des Tanzes erwächst.
Die Ausstellung beleuchtet die außergewöhnliche Fähigkeit des Videos und subkulturelle Strömungen präzise und eindringlich einzufangen. So zeigt Mark Leckey in seinem nostalgischen Porträt die britische Clubkultur, während Alexander Herzog die Berliner Technoszene in ihrer Glanzzeit dokumentiert. Dieser thematische Bogen wird durch Musikvideos wie „Tanz im Quadrat“ von Die Tödliche Doris und Parade von Roman Flügel und Michel Klöfkorn weitergesponnen, die die avantgardistische Verschmelzung von Bild und Musik exemplarisch vorführen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Clubkultur und den performativen Möglichkeiten des Tanzes findet sich in der Arbeit von (LA) Horde, die auf beeindruckende Weise YouTube-Ästhetik mit eleganten Kamerabewegungen kombiniert, um JumpStyle als kollektives Erlebnis zu inszenieren. In einem ähnlichen Geiste führt Clement Cogitore mit der Kamera tief in die dynamischen Bewegungen des Tanzes ein, um ihn als Ausdruck des Widerstands und als Vehikel subversiver Energien zu Erfassen. Tracy Emins autobiografische Dokumentation hingegen bietet eine intime Reflexion über den Tanz als Medium der persönlichen Befreiung. In einem ähnlich introspektiven Kontext filmt sich Peter Land tanzend in Unterwäsche und hinterfragt dabei traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit sowie die Normen der Gesellschaft – selbst innerhalb der geschützten Sphäre des Privaten. Mary Bom Kahamas Werk erforscht die beiden Pole der transzendentalen Erfahrung, die sich durch den korperlichen Rhythmus ausdrücken – zum einen die rituelle Ekstase, zum anderen die isolierte, von sozialen Normen losgelöste Performance. Ob der Tänzer in Kahamas Video seine Rolle bewusst wählt oder sich in einem tranceartigen Zustand befindet, bleibt offen – doch Gillian Wearing tritt mit vergleichbarer Intensität in diese Rolle, durchbricht gesellschaftliche Konventionen und ermöglicht eine radikale Selbstentfaltung inmitten eines überfüllten Einkaufszentrums.
Die Ausstellung versammelt künstlerische Positionen, die auf unterschiedliche Weise gesellschaftliche Zwänge aufbrechen – sei es durch subkulturelle Resonanzen, den Schritt in den offenen Raum, die direkte Konfrontation mit politischen Realitäten, das Erforschen der widerständigen Avantgarde, das Eintauchen in persönliche Erfahrungen von Scham oder die Auseinandersetzung mit transzendentalen Erlebnissen und deren verschiedenen Graden Entfremdung. Gemeinsam entfalten sie eine suggestive Kraft, die den Betrachter einlädt, den Tanz in seiner tiefen transformativen Wirkung zu erleben.
Kuratiert von Anne Hundhausen und Doris Kroth
Eröffnung: Sa., 5.10., 18 Uhr, Musik: Woog Riots
Öffnungszeiten: Di.–So. & Feiertage 11–17 Uhr, Mo. geschlossen