Was beim letzten Mal geschah
„Ein Schritt nach links, nach vorne, nach rechts, wieder nach vorne und das alles nochmal.“ Die ersten Tangotanzschritte waren selbst für Rhythmuslegastheniker – wie die FRIZZ-Redaktion – eine herausragende Erfahrung. Es hat den Drang geweckt, sich im Zuge der Vereinsmeiereihe, mehr mit den Beinen zu bewegen – aber wenn möglich, ohne dabei anderen auf die Füße zu treten, weil die eigene Koordination zu Beginn latent überfordert ist. Viele Sportarten integrieren die primäre Fuß- und dabei Ganzkörperbewegung. Und welcher Verein praktiziert eine Sportart, die aber eher selten als Team ausgeübt wird? Die Antwort ist Green Fit Aschaffenburg.
Ein Zebra wildert aus
In der Mitte des 18. Jahrhunderts – so der Sage nach – lief ein Frachtschiff mit exotischen Wildtieren im Aschaffenburger Mainabschnitt auf Grund. Ein Zebra mit dem Namen Alonso überstand die Havarie und verbrachte ein hervorragendes Leben im Park Schönbusch, der damals wie die Stadt selbst noch zum Kurfürstentum Mainz gehörte. „Zebras sind soziale Tiere und leben eigentlich in Herden. Wegen dieser Geschichte tragen wir als Mitglieder von Green Fit Aschaffenburg bei Laufevents und auch gerne mal bei Freizeit- oder Wettkampfsessions ein zebragemustertes Trikot“, erklärt das Orgamitglied David euphorisch. Ob die Geschichte rund um das Frachtschiff nun der Wahrheit entspricht, kann die Redaktion nach Recherche nicht verifizieren, aber es stellt eine ulkige Entstehungsmythologie sowie eine passende Analogie zur Tierwelt dar. Wie auch Zebras bewegen sich die Green-Fit-Mitglieder vorzugsweise in sozialen Gruppen. So auch beim Sunday-Coffee-Run.

© Till Benzin
Green Fit 2
A Star is born
2019 formierte sich unter einer Hand voll laufbegeisterter Freunde eine WhatsApp-Gruppe. Das erklärte Ziel war, sich hin und wieder zum gemeinsamen Joggen zu treffen. Bis Dezember 2023 scharten sich immer mehr Leute um das Ursprungsteam, gleichzeitig wurden die Bedürfnisse und Trainingsziele der Einzelnen immer spezifischer. Die Frage kam auf, wie man eine Individualsportart für eine 30-köpfige Truppe sinnvoll aufbereiten und regelmäßig dazu Events auf die Beine stellen kann, die alle glücklich stimmen. Die Antwort auf die Frage: Der Community-Tuesday-Run. Im Januar 2024 kamen die Mitglieder zusammen, um sich in unterschiedlichen Geschwindigkeitsgruppen – im Fachjargon für die Zeit pro Kilometer auch als „Pace“ betitelt – gemeinsam eine Strecke durch Aschaffenburg und seine grünen Lungen zu absolvieren. Ganz ohne Leistungsdruck – mit dem gesetzten Ziel, dass es alle schaffen, dabei ihren Spaß haben oder ihn an der Sportart entdecken.
Run & Coffee
Um noch mehr Sozialisierungsaspekt mit ins Wildtierboot zu holen, feierte knapp ein halbes Jahr später der Sunday-Coffee-Run seine Premiere. Seitdem starten die Zebras alle zwei Wochen um 10 Uhr von einem städtischen Café aus in drei Pace-Gruppen und joggen unterschiedliche Streckenabläufe sowie Distanzen. Trotz Variationen sind der Park Schönbusch, die Fasanerie und das Schöntal beliebte Schauplätze. Schließlich soll das Green im Namen auch weiterhin großgeschrieben werden.

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Einsatz für die FRIZZen: Nach kurzem und unkompliziertem Kommunikationsweg sind wir zur nächsten Session eingeladen. Treffpunkt: Human Café & Bar, sonntagmorgens um 10 Uhr. Nach einem herzlichen Empfang, einer kurzen Ansprache und einem Geburtstagsständchen für Felix – einen der Gründer und Organisatoren geht’s rüber ins Schöntal zum Aufwärmen: Hampelmänner, High Knees, ordentlich die Beinmuskulatur dehnen. Kurz, knapp und der Kessel brennt (Fast schon ein wenig zu heiß). Danach werden Gruppen gebildet. 5.30min/km läuft zum Schönbusch. 6.30min/km und 7.30min/km in die Fasanerie. Wegen mangelnder Lauferfahrung, die sich auf ein gutes Dutzend Cardio-Einheiten auf dem Fitnessstudiolaufband nach dem Pumpen beschränkt, kommt – machen wir uns nichts vor – keine der beiden schnelleren Läufe in Frage. Aber gar kein Problem. Schließlich steht der Spaß im Vordergrund – und der Wille, wieder heil anzukommen. Auf, Richtung Fasa! Der Weg führt durchs Schöntal über die Hofgartenstraße und hinein ins Parkgelände mit den Tiefen der Waldausläufer und Lichtungen als Ziel. Etwas vor uns die zweitschnellste Gruppe, die sich allerdings im Sekundentakt immer weiter entfernt. Einmal am Park betitelten Biergarten vorbei, weiter um den See herum und in einer Schleife über angenehm zu bearbeitenden Waldboden wieder zurück – im Schöntal wird eine Extrarunde gedreht und kurz darauf die Ziellinie am Human erreicht. Was von Beginn an direkt auffällt: Man kommt ins Gespräch mit den Gefährten. Die Teilnehmer unterhalten sich beim Laufen über aktuelle private Neuigkeiten, Nichtigkeiten oder den neuesten Tratsch – vorausgesetzt Atemrhythmus und -intensität lassen es zu. Gleichzeitig stehen wunderschöne Naturflecken auf der Checkliste, von denen man nicht erwartet, sie im Stadtgebiet antreffen zu können. Eine hervorragende Gruppendynamik motiviert auch absolute Anfänger dazu, das Tempo gut und konsequent umsetzbar zu halten. Nobody’s left behind – das Kernkonzept von Green Fit. Natürlich ist eine grundlegende Laufaffinität vor dem allerersten Besuch von Vorteil, spielt aber eine kleinere Rolle, als man denkt.
In etwa zeitgleich kommen die drei Gruppen wieder am Startpunkt an. Das Human dient als Schauplatz zum gemeinsamen runter- und ankommen, Kaffeetrinken, Kuchenessen, Limoschlürfen und Austauschen. Das After-Run-Sozialisieren ist in vollem Gange und ein schöner, gemeinschaftlicher Abschluss der Sporteinheit.
Dates & Mitgliedschaft
David, Sabrina und Lulu erzählen, dass neben dem allwöchentlichen Track-Wednesday – ein kollektives Treffen zum Individualtraining auf der Bahn der DJK-Aschaffenburg – noch eine Reihe Events anstehen, an denen die Zebras teilnehmen. Darunter der Niedernberger Triathlon am 13.7., der Aschaffenburger Halbmarathon am 5.10. und der Frankfurter Marathon am 26.10. Auch Veranstaltungen mit verpartnerten Sport-, Kleidungs- und Accessoireherstellern sowie -verkäufern stehen regelmäßig im Kalender. Für den Jahresbeitrag von 30 Euro bekommen die Mitglieder des untypischen Sportvereins, vor allem den großen Benefit der Community-Vorteile wie Vergünstigen, Prozente und Support. Als großes Finale für 2025 plant das Orgateam erneut den bereits einmal hervorragend und populär aufgenommenen Silvesterlauf. Man kann aber auch einfach jeden zweiten Sonntag zum Kaffeetrinken vorbeikommen.

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