Was beim letzten Mal geschah
Flashback in den April. Die FRIZZ-(Foto)Redaktion geht auf Safari zu einer der letzten unkontaktierten Urvölker am bayerischen Untermain. Den Mölkky- und Dartspielern der Oscheff Wildboars. Hier wird noch mit Stöcken und Pfeilen geworfen. So primitiv es im ersten Moment klingen mag – die beiden Sportarten, die bei der ersten Ausgabe der Vereinsmeiereihe von den FRIZZen unter die Lupe genommen wurden, fordern ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl und Treffsicherheit. Wer mehr erfahren möchte, wirft gerne einen Blick in die Ausgabe 04/25. Sprung zur nächsten Redaktionssitzung. Stöcke und Treffsicherheit haben es den FRIZZen angetan. Brainstorming ist angesagt. Im Büro herrscht ohnehin der Wunsch, sich untereinander in einem Dreikampf aus Darts, Bowling und Billard zu messen. Zeit zu recherchieren, ob die beiden weiteren Sportarten im Vereinsleben angekommen sind.
Die Reise geht nach Obernau
Nicht einmal 15 Minuten von der beschaulichen Innenstadt entfernt – 20 plus, wenn man aufgrund der unsäglichen Sperrung der Ringstraße im Stau steht – ist die Zentrale des BC ’98 Obernau. Ein Billardclub, der sich im gesamten Regierungsbezirk einen Namen gemacht hat. Und das aus gutem Grund, wie sich im weiteren Verlauf herausstellt. Die FRIZZen hatten Glück mit dem Verkehr, sind zu früh da und warten auf dem Parkplatz in der angenehmen Feierabendsonne auf den Vorstand, mit dem ein Treffen vereinbart wurde. Ein Jugendlicher läuft vorbei mit einer länglichen Tasche auf dem Rücken. „Da passt doch kein Queue rein, oder?“, fragt sich der SchreibFRIZZe laut und bekommt von dem schon etwas älteren billarderfahreneren Kollegen die ernsthafte Antwort: „Doch man zerbricht sie nach jedem Spiel auf dem Knie und leimt sie vor dem nächsten Benutzen wieder zusammen.“ Ha. Ha. Ein platzsparender Schraubmechanismus ist des Rätsels Lösung. Raffiniert. Kennt man nicht unbedingt, wenn man nur mal in der Bar gespielt hat.
Herzlicher Empfang
Der Vorstand verspätet sich um ein paar Minuten, aber trotzdem ist schon jemand vor Ort. Die Tür steht offen und der Empfang ist herzlich. Es entsteht intuitiv ein Gespräch und die ersten Infos über den Verein rollen mit den Kugeln über den Tisch. Wie der Name des Clubs auch schon subtil vermittelt, wurde er 1998 ins Leben gerufen. Aktuell zählt er etwas mehr als 80 Mitglieder und insgesamt sieben Mannschaften aus mindestens vier Spielern. Diese lochen in verschiedenen Ligaabstufungen des Bayerischen Billardverbands die Kugeln auf Wettbewerbsniveau im ganzen Freistaat ein. Die Tür geht auf und Daniel Vetter, Vorstandsvorsitzender, und Jasmina Zoth, eine der beiden lizensierten Trainer des Clubs, treten ein, während sich Foto- gegen Schriftredaktion schon einmal warmspielen. Es folgt eine zweite sehr sympathische Begrüßung und weitere Details. Das Vereinsheim des BC ’98 ist der Bezirksstützpunkt in Unterfranken. Dadurch, dass nicht jeder Club geprüfte Trainer zur Verfügung hat, fördert der Bayernverband ein gemeinsames Training unter der Anleitung der beiden Trainer aus Obernau für Billardspieler im Bezirk Unterfranken. Das überregionale Training findet aus logistischen Gründen in Würzburg statt und kann auch von vereinslosen Spielern besucht werden. Für Mitglieder in Obernau ist neben internen Trainingszeiten der Billardclub 24/7 zugänglich. Zahlt man die monatliche Gebühr von 39 Euro, kann gespielt werden, wann immer man möchte. Fairer Deal.

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Verein BC 98 Obernau 2
Wie viele jetzt eigentlich?
Gespielt wird Eight-, Nine- oder Ten-Ball sowie 14 und Eins – die gängigen Disziplinen des Pool-Billards. Bei der ersten Disziplin muss ein Spieler nacheinander die vollfarbigen und der andere die halbfarbigen versenken. Ist einer zuerst mit seiner Farbe zu Ende ist die schwarze Acht dran. Kennen die meisten. Bei Nine-Ball sind lediglich die Zahlen eins bis neun auf dem Tisch. Beide spielen auf die gleichen Kugeln und müssen sie der Zählweise nach vom Grün oder – im Obernauer Fall – Blau räumen. Wer die magische neun einlocht, gewinnt. Ähnlich bei Ten-Ball hier muss allerdings im Gegensatz zur vorherigen Disziplin angesagt werden, wohin gespielt wird. 14 und Eins ist de facto endlos. Man erhält einen Punkt, wenn man eine Kugel versenkt. Ist nur noch eine übrig, werden die restlichen wieder auf den Tisch geholt und es geht weiter, bis ein Limit erreicht wird. Klingt gar nicht so schwierig. Denkste. Die Regeln vielleicht, aber überhaupt erstmal eine Kugel so zu treffen, wie man möchte – geschweige denn das Verhalten der Weißen komplett nach den eigenen Wünschen kontrollieren und beeinflussen zu können, ist eine Kunst. Eine Kunst, die viel Disziplin, Ausdauer und Frustresistenz fordert. „Am Anfang macht man schnell Fortschritte, aber irgendwann nimmt die Lernkurve stark ab, wenn man nicht dranbleibt und es ernsthaft weiterbringen möchte“, erklärt Daniel. Easy to learn, hard to master, also. Hierfür steht unter anderem „ICats“ parat. Ein digitales System, das Trainingsspiele und Übungen mit dem Beamer auf den Billardtisch projiziert. Hightech, das so nur sehr wenige Vereine für ihre Mitglieder bereitstellen können.
Kneipe oder Ernst?
Die Quintessenz des Vereins ist keine alkoholgetränkte, verrauchte Partystimmung. Wer im Billardsport wirklich weiterkommen möchte, wird hier gefördert, unterstützt und gecoacht. Möchte man aber nur zum Spaß hin und wieder ein wenig spielen, ist ebenso an der richtigen Adresse. Jasmina und Daniel antworten auf die Frage: „Was den BC ’98 als Verein besonders macht?“ mit den vier aus ihrer Sicht aussagekräftigsten Punkten: Offenheit. Das familiäre Miteinander. Eine junggebliebene Vereinsführung, die regelmäßig durchrotiert, um neue Ideen einbringen zu können. Und es sind alle willkommen. Egal ob spielfreudige Freizeitamateure, residierte Profis, oder strebsame Talente, die den Weltranglistenplatz Eins als Kindheitswunsch in die Wiege gelegt bekamen, der BC ’98 freut sich über neue Mitglieder.

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