Zum kommenden Wintersemester bietet die Technische Hochschule in Aschaffenburg einen weiteren neuen Studiengang an. Mit Wirtschaftspsychologie betritt die TH insofern Neuland, als dass hier erstmals auch ein Themenfeld angeboten wird, das nicht im ingenieurwissenschaftlichen, juristischen oder nur im betriebswirtschaftlichen Bereich anzusiedeln ist.
FRIZZ Das Magazin sprach mit Prof. Dr. Wieland Achenbach, dem zuständigen Professor für den Aufbau des Studiengangs, über das neue Angebot.
FRIZZ Das Magazin: Herr Prof. Dr. Achenbach. Ein Blick auf die Webseite der TH Aschaffenburg verrät, dass es derzeit immerhin 16 Bachelor-Studiengänge gibt. Was hat die TH bewogen ab Herbst mit Nummer 17 einen neuen Studiengang „Wirtschaftspsychologie“ anzubieten?
Prof. Dr. Achenbach: Das hat im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen haben wir im Bereich der Fakultät für Wirtschaft und Recht mit derzeit nur fünf Studiengängen noch ein recht übersichtliches Angebot mit den Themen allgemeine Betriebswirtschaft, Betriebswirtschaft und Recht sowie Immobilienwirtschaft – also insofern auch für Studierende der Wirtschaft nicht so viele Auswahlmöglichkeiten. Zum anderen glauben wir, dass Wirtschaftspsychologie nicht nur ein spannendes und vielseitig einsetzbares Themenfeld ist, sondern es wird auch in den Hochschulen im Rhein-Main-Gebiet selten angeboten.
Sie sind verantwortlich für den Aufbau des neuen Studiengangs. Wie kam es dazu? Sind Sie Psychologe?
Nein, ich bin gelernter Volkswirt und lehre hier an der Technischen Hochschule Unternehmensführung und -ethik, Strategie, Organisation und Personal in den betriebswirtschaftlichen Studiengängen. Da sind schon die ersten Schnittstellen erkennbar. Aber natürlich sind wir derzeit schon auf der Suche nach kompetenten Kollegen aus der Psychologie, die diesen Teil der Lehre dann abdecken werden.
Wie der Name des Studiengangs ja schon verrät, gibt es einen wirtschaftlichen und einen psychologischen Teil. Können Sie den Verlauf des Studiums und seine Inhalte noch etwas näher beleuchten?
Der wirtschaftliche Teil macht etwa 50 Prozent des Studiums aus. Dazu zählen wie in den anderen BWL-Studiengängen auch die gängigen Fächer wie Personalführung, Rechnungswesen, Finanzierung, Unternehmensführung, Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre, aber auch Statistik und Recht.
Im psychologischen Teil, den anderen knapp 50 Prozent, gibt es zum Beispiel Inhalte wie Sozial- und Arbeitspsychologie, Verhandlung und Mediation, Motivation, Kommunikation und Teammanagement, Konsumentenverhalten, Psychologie in der Werbung – also die Marketingseite – und Psychologie in den Medien, der digitalen Welt. Da geht es um spannende Themen wie beispielsweise Influencer-Marketing und die Frage, ob es eine spezielle Psychologie des Internets gibt und wie damit umzugehen ist.
Im weiteren Verlauf des Studiums folgt dann ein Praxissemester und wir bieten mindestens zwei Schwerpunktmodule an: eines im Bereich Personalmanagement, wo es zum Beispiel auch um die Psychologie der Vergütung oder um Eignungsdiagnostik in der Personalauswahl geht, und eines im Bereich Marketing mit den Themen Marktforschung und Neuromarketing.
Welche Interessen oder Fähigkeiten sollte man mitbringen für den neuen Studiengang?
Nun, da es sich um einen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengang handelt, in dem auch Statistik und Wirtschaftsmathematik eine Rolle spielen, sollte man mit Zahlen nicht unbedingt auf Kriegsfuß stehen. Außerdem ist es sicher hilfreich, wenn die Studierenden ein Interesse daran zeigen, was Menschen um- und antreibt. Warum zum Beispiel klebt sich jemand einen Apple-Aufkleber auf das Auto und keinen von Samsung? Oder auch: Warum steigt oder sinkt ein Aktienkurs an der Börse? Warum sind Frauen im Durchschnitt die besseren Finanzmanager in der Familie als Männer? Wie, warum und unter welchen Bedingungen einer Verhandlung kann ich etwas kaufen oder verkaufen? Also zusammengefasst: Wenn die Interessenten Neugier auf menschliche Verhaltensweisen mitbringen, das wäre ideal.
Wie sieht es mit Chancen am Arbeitsmarkt aus und welche Betätigungsfelder stehen fertigen Wirtschaftspsychologen offen?
Ich sehe hier sehr gute Perspektiven für unsere Absolventen. Da ist zum ersten der Bereich Personalmanagement zu nennen, bei dem es ja vor allem um Menschen und Menschenführung geht. Zum anderen finden die Wirtschaftspsychologen in der Marktforschung eine Heimat, also z. B. bei Marktforschungsinstituten. Aber auch bei Marketing- und Kommunikationsagenturen sind sie gesucht – insbesondere Marketingleute, die was mit Zahlen am Hut haben, sind sehr begehrt. Und dann gibt es noch das weite Betätigungsfeld der Personal- und Unternehmensberatungen. Grundsätzlich können unsere Absolventen mit dieser Spezialisierung aus der breiten Masse der BWL-Absolventen heraustreten und haben somit bessere Chancen – übrigens auch, wenn sie sich nach dem Studium erst einmal für einen verwandten Master-Studiengang im Anschluss bewerben möchten.
Mit wie vielen Studierenden rechnen Sie zum Start bzw. wie viele Plätze haben Sie zu vergeben?
Das ist natürlich schwer abzuschätzen. Ich wäre glücklich mit 30 bis 60 Studierenden zu Beginn – 80 Plätze stehen insgesamt zur Verfügung. Je nach Anzahl der Bewerber werden wir den NC dann festlegen und eine Auswahl treffen. Aber mit Sicherheit wird dieser nicht so hoch liegen wie beim Psychologie-Studium. Hier liegt der NC oft zwischen 1,0 und 1,5, was dazu führt, dass ein Studium für viele Interessierte von vorneherein ausgeschlossen ist.
Die Bewerbung ist ab 2.5. ausschließlich online möglich. Warum sollte man sich ab Herbst 2021 für Wirtschaftspsychologie in Aschaffenburg einschreiben?
Da möchte ich drei Punkte nennen …
Erstens haben wir bei uns in Aschaffenburg noch ein besonderes Verhältnis zwischen Studierenden und Lehrenden. Alles ist etwas kleiner und persönlicher – bei uns kennen die Professoren die Studierenden noch mit Namen und auch unter den Studierenden gibt’s ein gutes Miteinander. Nicht zuletzt ist auch unser Campus besonders attraktiv und unsere Studierenden fühlen sich hier sehr wohl.
Zweitens landet unsere Hochschule regelmäßig ganz weit oben in Rankings. Die Qualität der Lehre, die Internationalität, die vermittelte Praxis – in allen Punkten zählen wir zu den besten zehn Prozent im Rhein-Main-Gebiet. Das wird uns seit Jahren durch die einschlägigen Ranglisten wie durch das CHE-Hochschulranking bescheinigt.
Und drittens ist Aschaffenburg durch seine Lage im Rhein-Main-Gebiet in einem äußerst attraktiven und boomenden Wirtschaftsstandort angesiedelt, der zudem auch eine hohe Lebensqualität bietet.
Viel Erfolg beim weiteren Aufbau des neuen Studiengangs und vielen Dank für das Gespräch.