
Foto: Anika Koppenstedt
STREETS OF AB #12
Umbau, Zerstörung, Wiederaufbau: Bereits stolze vier Jahrhunderte begleitet das Schloss Johannisburg die Aschaffenburger Bürger. Dominierte sowohl als Fürstenresidenz als auch als Verwaltungssitz das Stadtbild und avancierte früh zum Wahrzeichen des Bayerischen Nizzas. Höchste Zeit also, eine Runde Heimatkunde einzulegen und auf den prächtigen Renaissancebau anzustoßen. Wissenswertes zu Hotspots in der Umgebung des steinernen Jubilars gibt’s als Goodie obendrauf.
Wenn man aus dem Hessischen in unser wunderbares Städtchen kommt, ist es meist am einfachsten, den Weg über die Bundesstraße 8 in Richtung der Aschaffenburger Innenstadt zu wählen. Diese verwandelt sich alsbald von der Schnellstraße zur Hanauer Straße und führt wie eine Pulsader in das Herz Aschaffenburgs. Dementsprechend stellt diese Gegend eine optimale Lage für Dienstleistungsfirmen und Händler dar, die sich hier niedergelassen haben. Weithin sichtbar ist beispielsweise die riesige Gitarre an der Außenfassade des Guitar Place, die einen Eindruck davon vermittelt, welch hohen Status die Musik in Aschaffenburg genießt. Was 1987 als kleiner Eckladen begonnen hat, ist heute ein namhaftes Musikgeschäft, das sich auf Gitarren sowie Anlagen spezialisiert hat.
Die kulturelle Vielfalt des Bayerischen Nizzas darf einige Meter weiter bewundert werden, wo der Türkische Religionsverein Aschaffenburg Umgebung Kocatepe Moschee e. V. seinen Sitz hat. Wer einen Blick über den Tellerrand der eigenen Religion werfen möchte, schaue hier einfach mal vorbei! An der ersten Ampelkreuzung angekommen, bietet sich linker Hand die Gelegenheit, die kuriosen Raritäten von Bühler Antik in Augenschein zu nehmen. Wer auf individuelles Wohnen anstatt 08/15-Einrichtung steht, findet hier garantiert das ein oder andere nicht alltägliche Möbelstück.
Stadteinwärts trifft man auf der Hanauer Straße anschließend zuerst auf die Future Music School und danach auf die Modern Music School, deren erfahrene Musiklehrer schon vielen Begeisterten den Umgang mit Instrumenten und Gesang beigebracht haben.
Kult I: Mini Rods
An der Ecke Hanauer Straße/Kolpingstraße schinden die dort stehenden Mini Rods der HotRod CityTouren ordentlich Eindruck. Mitte April stieg die Eröffnungsparty – seitdem erobern die Flitzer nicht nur die Straßen der Nation, sondern auch die Herzen der Fahrer im Sturm. Der kultige Einsitzer hat eine hundertprozentige Straßenzulassung und schafft – mit 100 Kilo Fahrergewicht – gut 88 Kilometer pro Stunde. Am tiefergelegten Selbstversuch führt kein Weg vorbei!
Ohne rollenden Untersatz geht der Weg entgegen der Fahrtrichtung weiter in die Karlstraße. Geprägt wird dieser Straßenzug vom Gebäudekomplex des überregional bekannten Hotels und Gasthauses Zum Goldenen Ochsen. Im Restaurant Oechsle werden bodenständige Gaumenfreuden aus der Region serviert – in unmittelbarer Nähe des Schlossgartens und der Kapuzinerkirche St. Elisabeth, die ab 1626 Niederlassung und Konvent des Kapuzinerordens in Aschaffenburg war. Kein Geringerer als Kurfürst Erzbischof Johann Schweikhard von Kronberg, der Erbauer des Schlosses, rief übrigens vor fast 400 Jahren die Kapuziner ins Bayerische Nizza. Im April 2010 verließen jene die Stadt – mittlerweile hat die Diözese Würzburg Kirche und Kloster der Franziskanischen Gemeinschaft von Bethanien überlassen. Seit März letzten Jahres leben zwei Patres, ein Bruder und fünf Schwestern im Herzen Aschaffenburgs.
Vorbei an mehreren Anwaltskanzleien, Versicherungsbüros und Praxen lohnt sich ein Blick nach links in den Hinterhof zur Unsagbar, die schon unzähligen Ascheberschern auf der Suche nach kurzweiliger Unterhaltung zu später Stunde deliziöse Getränke, unvergessliche Konzerte und wertvolle Gespräche geboten hat. Nicht selten waren die Nächte hier ziemlich legendär … Auf der anderen Straßenseite schweift der Blick zu Il Pastaio, dem grandiosen Pasta- und Feinkostladen, in dessen Räumlichkeiten seit Neuestem auch direkt gespeist werden kann. Täglich frische Nudeln, eine große Auswahl an Antipasti sowie feinste Süßwaren lassen die Herzen Italophiler höher schlagen. Über dem Eingang und Schaufenster prangt übrigens heute noch das uralte Geschäftsschild mit der Aufschrift „Justin Schulz Molkereiprodukte“, das absolut nostalgisches Ambiente versprüht. Ein paar Schritte weiter lädt das Glasstudio Bergmann des Öfteren zum Besuch von Ausstellungen ein.
Kult II: Aschaffenburger Arsch
Nicht weit von der Karlstraße entfernt befindet sich ein vielen – unverständlicherweise – immer noch unbekanntes „Wahrzeichen“ unseres Städtchens: der Ascheberscher Arsch. Arschibald! Klingelt’s? Am Schlossberg in die Mauer des Schlossgartens eingelassen wird dieser für einen Scherz der Erbauer gehalten. Wer ihn noch nicht besucht hat, sollte dies schnellstens nachholen. Hier am Schlossberg erhält man auch eine völlig andere Sicht auf den Prachtbau – besonders der Nord- und Westturm sowie das gewaltige Treppenhaus sind in dieser unpopulären Perspektive besonders eindrucksvoll.
Das Schloss Johannisburg gehört heute zu den bedeutendsten Bauten der Renaissance nördlich der Alpen und beherbergt sehenswerte Ausstellungen. Zum heuer gefeierten 400-jährigen Jubiläum der ehemaligen Zweitresidenz der Mainzer Kurfürsten und Erzbischöfe werden diverse Feierlichkeiten und Veranstaltungen in der ganzen Stadt begangen. Auch die vom 3.–13.7. stattfindenden 15. Aschaffenburger Kulturtage stehen unter dem Motto „400 Jahre Schloss Aschaffenburg“. In diesem Sinne: Die Heimat wartet auf euch!
Mit der zwölften Ausgabe der Streets of AB verabschieden wir unsere Serie in den wohlverdienten Ruhestand.