© Oliver Topf
Seiler und Speer
Deppert aus der Wäschn gschaut hat sie, die gute Adele, damals, Ende 2015. Ausgerechnet zwei Jünglingen aus Niederösterreich musste das britische Goldkehlchen den Thron der Austrian Charts überlassen. Baba „Hello“, griaß di „Ham kummst“! Ka schware Partie für die beiden Bad Vöslauer. Es schmähte aus allen Lautsprechern, Verzückung von Wien bis Innsbruck, alsbald auch von München bis Berlin. Leiwand, die Herren Seiler & Speer liefern ab – da hätte selbst Falco das Mikro weitergereicht. Bevor das Duo Ende Juli hinter ebendieses im colos-saalen Wohnzimmer tritt, hat FRIZZ Das Magazin einen bestens gelaunten Christopher Seiler (links) zum anfänglichen Spaßprojekt befragt.
FRIZZ Das Magazin: Hallo Christopher, Ende Juli habt ihr bei eurem Gig im Colos-Saal zwei Pfunde, eure beiden gleich mehrfach ausgezeichneten Alben, im Gepäck. Inwiefern ist „Und weida?“ (April 2017) eine Weiterentwicklung vom Erstling „Ham kummst“ (Oktober 2015)?
Christopher Seiler: „Und weida?“ wurde zusammen mit der Band eingespielt, mit der man im Laufe der Tournee zum ersten Album auch zusammengewachsen ist. Außerdem glaube ich, dass der Sound einfach reifer geworden ist.
Andreas Gabalier, Christina Stürmer, Wanda und nicht zuletzt Seiler & Speer: Wir Deutschen feiern scheinbar ziemlich alles, was von unseren Nachbarn aus den Bergen kommt. Weshalb ist das deiner Meinung nach so?
Puh … schwere Frage! Aber vielleicht versprühen wir internationalen Charme? Charme aus den Alpen! (lacht) Aber im Ernst: Ich weiß es wirklich nicht. Umgekehrt ist es bei uns aber ja genauso: Wenn Künstler aus Deutschland kommen, füllen die bei uns eher eine Halle als einheimische Künstler. Es ist zwar nicht weit – beispielsweise nach Deutschland – trotzdem sind diese Künstler nicht ganz so greifbar wie die im eigenen Land. Musikalisch betrachtet glaube ich allerdings, dass wir uns auch sehr vom deutschen Mainstream unterscheiden.
Anscheinend wird Musik aus dem Heimatland wieder mehr geschätzt.
Ja, ich glaube schon, dass sich etwas verändert hat. Allerdings begann das schon mit der ersten Austropopwelle, mit Liedermachern wie Georg Danzer, Ludwig Hirsch, Peter Cornelius, Wolfgang Ambros, Rainhard Fendrich. Ich glaube, es ist wie in der Mode: Es kommt alles wieder, was schon einmal da war.
Erscheint dadurch das Genre Austropop in neuem Licht?
Schwierig zu sagen. Ich kenne es nicht anders, ich bin groß geworden mit dieser Musik. Bei uns ist es jedoch etwas anderes, weil wir auch breiter aufgestellt sind. Ich zum Beispiel bin im Brotberuf Kabarettist, Satiriker und Schauspieler. Wir haben ja auch schon eine eigene Serie produziert. Wir machen vieles, deshalb stört es mich auch nicht, wenn die Musik unter Austropop fällt. Wir gehen das einfach locker an, deshalb haben wir uns auch immer vor Major Deals gesträubt, obwohl wir zig Angebote hatten. Wir wollten uns nicht zum Produkt machen lassen, uns hätte die Freiheit gefehlt. Das hat Vor- und Nachteile. Wenn man bei einem Major Label unter Vertrag steht und eine Platte oder Single released, wird die natürlich ganz anders promotet. Aber darauf kann ich gut und gerne verzichten. In erster Linie machen wir das aus Leidenschaft und dann kommt erst das Finanzielle. Nicht, weil uns das Finanzielle egal ist, sondern weil wir andere Brotberufe haben.
Seit über drei Jahren geht Seiler & Speer nun schon durch die Decke, zudem bist du als Schauspieler und Kabarettist auf Tour. Du wachst also zwangsläufig öfter in Hotelbetten auf. Hat sich dadurch die Bedeutung von Heimat verändert?
Nein – wenn, dann die Bedeutung von Zuhause. Mit Heimat assoziiere ich mein Land – und das hat sich ja nicht wirklich verändert … (überlegt) Nein, ich könnte nicht behaupten, dass die Berge irgendwie höher geworden sind! (lacht) Zudem ich ja auch in einem Teil von Österreich lebe, in dem Berge eher Mangelware sind.
Bühne, Film, Musik – in diesen Bereichen können sich eure Talente vollends entfalten. Doch wobei habt ihr zwei linke Hände?
Handwerklich bin ich sicherlich nicht der Beste. Wenn ich aber dabei bin, dann mit Leidenschaft! Dementsprechend sieht es danach aber auch aus … (lacht) Wenn ich beispielsweise ein Möbelstück zusammenbaue, sieht das dann nicht aus wie ein Möbelstück, sondern eher wie abstrakte Kunst. Das könnte gut in einem Museum stehen! Ansonsten bin ich sehr ungeduldig. Ich kämpfe oft mit meiner inneren Unruhe.
… die wiederum zu großer Produktivität führen kann, oder?
Ja, allerdings ist Produktivität nicht automatisch etwas Positives – ich kann ja schon auch viel Blödsinn machen. Ich sag’s mal so: Ein Serienmörder ist ja auch produktiv! (lacht)
Stimmt! Da starten wir doch lieber die Schnellfragerunde: Urlaub lieber in den Bergen oder am Meer?
Am Meer!
Buchteln oder Sachertorte?
Sachertorte!
Ambros oder Fendrich?
Ambros!
Christina Stürmer hat einmal verraten, dass sie sich vor Auftritten ein Gläschen Whiskey gönnt, Max Raabe überprüft, ob sein Hosenschlitz geschlossen ist. Was ist euer Ritual?
Also ich gehe hinter der Bühne einsam auf und ab. Ich glaube, ich laufe da ungefähr drei Kilometer! Es ist eine Art Meditation für mich. Das Glaserl Whiskey habe ich früher auch getrunken, allerdings habe ich meinen Alkoholkonsum auf null gefahren. Ich bin ein Hardliner. Ein bisserl was kann ich nicht machen. Ich muss etwas ganz oder gar nicht angehen.
Abschließend bitte deine Liebeserklärung an deinen Bandkollegen Bernhard.
Er ist sehr, sehr deutsch! (lacht)
Das musst du uns erklären …
In den Aspekten, in denen man uns Österreichern nachsagt, uns sei alles wurscht und egal, ist er eher der Deutsche – sehr strikt, sehr ordentlich und das ergänzt sich ganz wunderbar mit mir, dem „richtigen“ Österreicher. Deshalb liebe ich ihn, aber auf einer rein freundschaftlichen Basis! (lacht)
Besten Dank für das Gespräch!