
© Ralph Rußmann
Ralphs Welt
Keine halben Sachen. Zwei Monate kann mittlerweile ja fast jeder Volksbank-Papa. Verlängerter Urlaub, ein bisschen durch den Park flanieren. Hab ich bei meiner Tochter ja nicht anders gemacht. Also mal kein falsches Schulterklopfen, ich weiß, wie der Kinderwagen bremst. Aber ein Jahr! Freunde der Erziehung, da rollt selbst so mancher Frauenversteher mit den Ohren.
Die Entscheidung ist früh gefällt. Eine Art Langzeitexperiment. Meine Frau und ich tauschen die Rollen und ich bin in Gedanken auf den Spielplätzen mit den attraktivsten Müttern des Stadtteils. Immer einen Cappuccino in der einen und ein Buttercroissant in der anderen Hand. Jetzt ist Halbzeit. Doch bereits nach kurzer Zeit fiel es mir wie Schuppen von den müden Augen: Hier passiert fast jeden Tag etwas, das ich so nicht kannte. Und das hat nicht ausschließlich was mit schönen Müttern zu tun. Eher selten. Ich treffe Menschen und entdecke Verhaltensmuster, die mir völlig fremd waren. An mir und um mich herum. Das muss raus in die Welt. Elternbeirat im Kindergarten? Klar, ich bin dabei. Kasperltheater auf dem Gemeindefest? Kein Thema. Lieber Himmel, habe ich gerade so geschrien? Und warum ist denn hier alles nass? Entscheidende Lebensfragen. Was machen wir Väter anders? Und warum gehen wir manche Dinge so ganz anders als die Mütter an? Und sind wir, wie der Spiegel vor geraumer Zeit titelte, am Ende sogar die besseren Mütter?
Meine Tochter hatte die einfachste Erklärung auf meine Frage, wie das für sie so sei, wenn ich zuhause bin: „Ich bin ein Mädchen und da ist die Mama zuhause geblieben und Bruno ist ein Junge. Da bist du da.“ So habe ich es auch noch nicht gesehen. Ein paar Ziele habe ich dafür auf meiner Agenda. Ich will eine gesunde Übergabe nach zwölf Monaten, mein Sohn soll früh die Eintracht lieben und er darf ganz viel Musik hören. Anytime but now, anywhere but here. Rolf Zuckowski ist nicht so fürchterlich wie alle sagen, aber Bruno liebt Pascow. Na also, geht doch. Jeden Tag eine Platte aus der Kiste! Dazwischen ignoriere ich Hinweise von neunmalklugen Frauen, nehme die täglichen Anrufe meiner Schwiegermutter entgegen und koche Beikost ein wie der junge Bocuse. So ist meine Wahrheit in Anlehnung an den manchmal geschwätzigen aber letztlich großartigen Liederschreiber Thees Uhlmann: Ich habe zwei Kinder zu erziehen, diese Erlebnisse aufzuschreiben und ein Fußballteam zu supporten.
Los geht’s: „Neverending Vatertag“ steht auf dem Startblock. Und wer sich fragt, ob denn der Rußmann keinen Windeleimer auszuleeren hat, der kann mir gepflegt den Buckel runterrutschen. Der Windeleimer ist nämlich regelmäßig geräumt!