Ende des vergangenen Jahres, ein mächtiger Augenblick als Vater. Ich schenkte meinen beiden Kindern jeweils ein Laserschwert. Unterschiedliche Ausführung, wie es sich gehört. Ein Blaues und ein Grünes. Ausfahrbar, mit Beleuchtung. Weder Hanni noch Bruno haben bisher nur eine einzige Sekunde „Star Wars“ geschaut, aber sie trugen ihre Laserschwerter mit sehr viel Stolz am Revers. Von der ersten Sekunde an. Zumindest meinem Eindruck nach. Kurz darauf ging ich in Episode 9 und als der Abspann kam und mir bewusst wurde, dass das jetzt das Ende dieser Saga ist, fragte ich mich, ob meine Kinder jemals auch noch einen Film oder gar eine Filmreihe haben werden, die sie prägt und begleitet. Und was das wohl sein mag. Ich hatte darauf noch keine Antwort, aber so Zeug geht mir eben manchmal durch den Kopf, wenn ich mal Zeit hab’ und vor allem, wenn man mich lässt.
Dann fuhr ich mit Hanni und zwei gut befreundeten Familien in den Skiurlaub. Nur wir zwei von unserer Fraktion. Vater-Tochter. Wir waren ein sehr gutes Gespann. Wir hatten sechs Tage keinen Streit und eine – wie meine Tochter seit Kurzem sagt – sehr „gechillte“ Stimmung. Bevor ich Vater wurde, bin ich immer mit Freunden einmal im Jahr in den Skiurlaub gefahren. Es war ein rechtes Ballyhoo, mit viel Spaß, ohne Zank und massig Alkohol. Wir hockten uns ins Auto und ab dem ersten Augenblick war dieser Flow da. Jeder hatte tiefes Vertrauen in den anderen. Diese nicht abgesprochenen und selbstverständlichen Verhaltensregeln und Haltungen dieser Urlaube nahm ich mir zu Herzen und sie galten auch für Hanni und mich. Nur den Alkohol ließ ich in dem altbekannten Umfang weg.
Wir räumten den Schrank nicht ein, sondern verteilten alle Kleidungsstücke im offenen Koffer, auf der Couch und auf den Sesseln. Bereits da sagte Hanni „Das finde ich gut, denn so sieht man viel besser auf einen Blick, was man alles dabei hat.“ Finde ich auch. Wir duschten, wann jeder von uns das Bedürfnis danach hatte, machten um halb elf abends noch einmal völlig sinnfrei den Fernseher an und hörten bei jeder Autofahrt zur Liftstation die neue Platte von Thees Uhlmann. Auf massives Drängen meiner Tochter. Es war ein rundum gelungener Skitrip. Seit diesen Tagen ist meine Tochter ein ganz großer Thees-Uhlmann-Fan. Mit siebeneinhalb wohlgemerkt. Sie fragte mich sehr viel zu seinen Texten und ich begann zu erklären und zu erzählen.
Warum manche Männer ihre Frauen verlassen und umgekehrt. Was der Kuckuck mit dem Gerichtsvollzieher zu tun hat, wieso es überhaupt Gerichtsvollzieher gibt, warum manche Menschen einfach pleite sind, das Leben oft ungerecht und nicht immer die besten Typen ganz vorne stehen. Ich nahm einen massiven Ritt durch die Filmgeschichte von Stephen King und erläuterte ihr das „Redrum/Murder“-Thema mit einem klitzekleinen Schwenk auf die Story von „Shining“. Ich war mir des Risikos bewusst, aber wenn schon, denn schon! Wer nicht wagt. Große Teile der Welt erklären mit „Grand Hotel van Cleef“. Das geht. Erstaunlich, wie gut Thees Uhlmann bei Kindern funktioniert. Wenn er das mal wüsste. Wir landeten in diesem Urlaub unfreiwillig und zufällig auf einer CD-Releaseparty des unsäglichen voXX-Clubs und meine Tochter blieb bei aller Aufregung felsenfest der Überzeugung, dass Thees Uhlmann viel besser ist. Dann war ich in Köln bei einem meiner besten Freunde, wir tranken einige Kölsch und sinnierten über die Musik und auch das Vater-Tochter-Ding.
Heute beim Bad putzen fiel mir das alles wieder ein. Da hörte ich die „Blood Sugar Sex Magik“ der Red Hot Chili Peppers. Diesen Meilenstein, von Rick Rubin perfekt auf den Punkt produziert. Funk, Rock, Alternative, Punk und Indie in einer furiosen Gemengelage. Mit dieser Platte, dem „weißen Album“ der Band, im Ohr, kam wieder eine zentrale Frage auf: Werden meine Tochter und mein Sohn auch Platten haben, die sie gut 30 Jahre nach Erscheinen immer noch hören und spüren, wie wichtig diese Songs waren und sind. Und urplötzlich erkannte ich den ganz großen Zusammenhang. „Star Wars“, Laserschwerter, Thees Uhlmann, Red Hot Chili Peppers, Hanni, Bruno, ich, meine Freunde. Alles hat mit allem zu tun.
Wie Luke die Macht, durchfloss mich die Erkenntnis in ganz klarer und reiner Form: Wir müssen uns Zeit nehmen für unsere Kinder, mit ihnen und vielen Freunden Tage verbringen. Ihnen Dinge an die Hand geben, die uns wichtig sind, darauf vertrauen, dass sie schon etwas Vernünftiges damit machen, weiterentwickeln und es im Zweifel in die Tonne kloppen, wenn es nix taugt. Wenn wir das beherzigen, wird bestimmt alles gut und die Arschgeigen werden nicht gewinnen. Die Rebellion mag klein sein und sie verfügt über keinen Todesstern oder Sternenzerstörer und hat nur alte X-Wing-Fighter. Aber wir haben „Blood, Sugar, Sex, Magik“, Helmet und Pascow im Ohr. Und unsere Kinder Thees Uhlmann und was-weiß-ich-wen-noch im Stream. Der Nachwuchs beherrscht das Lichtschwert mit einer Grazie und Eleganz und besser als wir jemals. Passt also alle auf. Wir stehen bereit. Mit uns ist immer zu rechnen.
Dann musste ich aber erst einmal los. Hanni abholen, zum Klavier, dann ins Schwimmbad. Seepferdchen ist längst überfällig. Es ist nicht immer einfach, aber ich bleib’ dran! Am Seepferdchen und der Rebellion.
Aus aktuellem Anlass: Hanni und ich hören: Thees Uhlmann „Junkies und Scientologen“ (Grand Hotel van Cleef) und gehen am 3.3.2020 vielleicht auch zusammen auf sein Konzert ins Aschaffenburger Colos-Saal.