© Ralph Rußmann
Frischkäse Neverending Vatertag
Mal was ganz anderes. Seit ich Vater, meine Frau Mutter und wir gemeinsam Eltern sind, halten Produkte und Artikel in unseren Haushalt Einzug, die ich vorher nur begrenzt auf der Agenda oder wahlweise ganz vergessen hatte. Frischkäse zum Beispiel. Fiel mir heute auf, als ich die zweite Schachtel Philadelphia in gefühlt 24 Stunden auskratzte. Diesmal für die Pausenbrote. Fragte ich mich früher beim Blick ins Kühlregal, wer denn all den Frischkäse-Quatsch kauft, habe ich jetzt den Eindruck Bruno und Hanni atmen Frischkäse. Zisch, wusch, peng, schon wieder ist ein Frischkäse weg. Leer wie ein Achter-Bembel um 22 Uhr im Apfelweinlokal „Zum Gemalten Haus“ in Sachsenhausen. Frischkäse galore. Frischkäse über alles, ein Königreich für Frischkäse. Alles darf fehlen, nur Frischkäse nicht. Buko, Alnatura, Noname, Rewe-Eigenmarke und der Primus Philadelphia. Erst einmal völlig egal welche Ausgabe. Frischkäse am Morgen, Frischkäse in der Pause, Frischkäse zu Mittag oder Frischkäse zu Abend. Frischkäse geht immer. Auf Brezel, mit Honig oder blank. Vor allen Dingen bei Bruno. Der ungekrönte King of Frischkäse. Hanni steuert langsam auf das Ende der Frischkäsezeit zu.
Ich glaube man kann mittlerweile auch für das Älterwerden neue Zeitbezeichnungen festlegen. Ähnlich wie Kreidezeit, Steinzeit, Postmoderne. Hier ist es Fläschchenzeit, Pastinakenzeit, Frischkäsezeit, Fleischsalatzeit und so weiter. Hanni ist gerade in der Fleichsalatzeit. Ich bin in der Bierzeit. Meine Frau in der Whiskyzeit. Nur mal so. Ich hatte in meinem Leben before Elternschaft zweimal im Jahr Frischkäse im Kühlschrank. Wahrscheinlich wenn Freunde mit Kindern zu Besuch kamen. Ich weiß es nicht mehr so ganz genau. Und ich trank noch nie so konsequent am Abend Bier. Wenn Hanni und Bruno im Bett sind brauche ich in der Regel ein Bier. Und meine Frau einen Whisky. Na dann mal, Hicks und Prost! Wie meinte eine gute Freundin, auch zweifache Mutter, als sie Samstagnachmittag ein Glas Weißwein bestellte: Wie willst du das denn alles ohne Alkohol aushalten! Na also. Jede Wahrheit braucht eine Mutige. Niemand von uns wiedersprach. Für mich bitte ein Helles, Herr Kellner!
Aber mal mit schnellem Fuß zurück zum Frischkäse und zu den Produkten, bevor wieder die Suchtberatung die Antennen aufstellt. Freunde der Caritasverbände, seid ihr Eltern? Nein? Dann habt ihr eh keinen Plan was das betrifft. Doch ich verliere mich. Zurück zum Thema. Haushaltsrolle zum Beispiel. Auch so ein Ding. Vorher nie gekauft. Jetzt ist ein Leben ohne Haushaltsrolle unvorstellbar. Endlich weiß ich warum die Dinger in ähnlich hohen Stapeln im Supermarkt liegen wie Klopapier und gelbe Rüben. Nicht gut für die Umwelt, ich weiß, aber ich kann gar nicht mehr so viel Waschen, wie ich dreckige Lappen habe, weil irgendein Harnickel am Tisch das halbvolle Glas Hafermilch umgestoßen hat. Hafermilch? Richtig gelesen, Hafermilch. Einer unserer Beiträge zur Umwelt und zur Gesundheit unserer Kinder. Weniger Kuh, mehr Getreide. Jetzt bewege ich mich in der Hafermilchbranche so sicher, wie früher in der alten Batschkapp oder im Gully. Ich bleibe derweil beim Bier.
Pastinaken kannte ich vor meinen Kindern und vor der Breizeit, so gut wie den Bürgermeister von Eckernförde. Dann kam Hanni und zwischenzeitlich hätte ich plötzlich Kurzreferate über Zubereitungsformen von Pastinaken halten können. Aber die Pastinakenzeit ist ja wieder vorbei und ich hab alles wieder vergessen. Vielleicht liegt’s am Bier. Auch neu: Leinöl, Mandelmus, die treuen Freunde der Hafermilch. Und die dunkle Seite der Macht, die ganze Welt der Schokopuddings. Monte, Paula und nach über dreißig Jahren wieder Dany plus Sahne. Some Things never Change! Respekt. Herein mit euch und nix wie in unseren Kühlschrank, neben die Gelbwurst. Die hatte ich auch ganz verdrängt in meinem Leben. „Und Bruno, noch eine Scheibe Gelbwurst?“ Na logo. Immer rein damit. Danke Metzger Menzer! Ach herrje, ich kann kein Ende finden. Ich muss aber los. Wie bereits erwähnt, Frischkäse ist alle. Und ohne Frischkäse ist hier gleich die Hölle los.
Bruno und ich hören: Love A „Irgendwie“ (Rookie Records)