© Ralph Rußmann
Ralphs Corner_#1 Aufgalopp
Von Vater zu Vätern. Von Mann zu Männern. Von Vater zu allen Frauen. Platz nehmen beim Neverending Vatertag. Ein Bier steht immer kalt, denn spätestens wenn alle versorgt sind, brauche ich das. Und für alle Gäste ist auch eins da. Die Themen prasseln nur so auf mich ein und bevor ich mich darin verliere, müssen nochmals ein, zwei kleine Schlenker genommen. Damit auch der letzte Gigolo kapiert, was hier gemacht wird. Also zurücklehnen. Was soll der Quatsch?
„Sind Väter die besseren Mütter?“ Will ich denn gleich die bessere Mutter werden? Blödsinn! „The Own Way Of Being ein Vater!“ ist das Motto. Schließlich sind wir eine Generation, deren Väter beim eigenen Kindergeburtstag zum Tennisspielen oder auf den Fußballplatz mit dem Kumpel verschwanden und erst nach Einbruch der Dunkelheit wieder in der Haustür erschienen. Bringt das heute ein Mann, dann findet er sich gleich auf dem Cover des neuen Macho-Magazins und bekommt obendrein einen abgeschnitten Ochsenschädel auf die Kühlerhaube gelegt. Oder so ähnlich.
Zwölf Monate zuhause, das komplette Programm. Dabei nicht vergessen: Ich habe zwei Kinder am Knie, Freunde. Meinen eben geborenen Sohn und meine vierjährige Tochter. Das ist vielleicht noch nicht Championsleague, aber Bundesliga allemal. Eines der beiden hat immer ein Malheur oder ein Bedürfnis am Start. Nichts wird umgegangen oder ausgelassen. Davon berichte ich. Dazu höre ich mit meinem Sohn viel Musik. Immer mindestens eine Platte, die ich schon lange nicht mehr aus der Kiste hatte. Das erzähle ich hier auch. Und ab und an haue ich auch noch ein paar Haushaltstipps um die Ohren. Denn wenn eines sicher ist: Großmutters Rezepte und Hilfsmittel sind die besten. Und ich bin der größte Fan. Das wird aber nirgends gepostet und Hashtags gibt’s da meines Wissens auch nicht so viele zu. Deshalb #zwiebelsackgegenschnupfen #zitronenbeifieber #hustensaftgutundgünstig. Macht ja sonst keiner, aber am Ende stellen sich alle hin und wettern gegen die Pharmaindustrie. Mir hat ja keiner was gesagt und so … Also nix da. Hier am Ball bleiben.
So, aber nicht gleich den Faden verlieren. Zurück zum Thema, Herr Rußmann. Und vorweg schon einmal das Wichtigste, denn nach über einem halben Jahr halte ich fest: Wir Väter machen Dinge nicht besser, sondern schlichtweg anders. Manche Klischees stimmen, andere sind völliger Humbug. Männer können natürlich drei Dinge gleichzeitig und alle klappen. Irgendwie. Und ich bin überrascht wie wenig Zeit am Tag tatsächlich übrig bleibt. Zwischen meine Tochter fertigmachen und in den Kindergarten bringen, Frühstücksbrei für Bruno vorbereiten, Füttern, das dritte Mal aus der Kacke holen, Sterilisieren, Mittagessen-Komplettprogramm, Wäsche waschen, Hanni mit Bruno abholen, Abendessen, Geschichten erzählen, Dinge reparieren und Kind 1 oder 2 ins Bett bringen. Ich bin abends müde, schlafe auf der Couch um zehn bei Bier und Whiskey ein und ich ziehe meinen Hut vor alleinerziehenden Müttern. Und vor allem vor alleinerziehenden Müttern mit zusätzlicher Erwerbsarbeit, aber auch noch vor Müttern mit Mann in Arbeit. Es darf ja niemand vergessen werden. Aber wie gesagt: Väter machen Dinge anders. Wir wählen manchmal den einfachen und naheliegenden Weg und wir machen uns nicht immer verrückt.
Ein bisschen ist es wie beim Nachwuchsspieler, der beim Stand von 0-0 in einem Durchschnittskick eingewechselt wird. Von uns erwartet keiner Wunderdinge, keine Last von hunderten Jahren Erziehung. Wir lesen wenig Ratgeber, aus Sicht der Mütter natürlich viel zu wenige, studieren nur sehr punktuell Stiftung Warentest und wollen keine Wunderdinge. Hauptsache zwölf gesunde Monate ohne größere Verluste und bitte in dieser Zeit alle möglichst viel Lachen. Wir müssen das Spiel nicht entscheiden und all diese Freiheit lässt uns plötzlich in der 88. Minuten den Übersteiger versuchen und sensationell das Ding halbrechts in der Ecke versenken. Mit uns hat keiner gerechnet. Kein Vater vergleicht sich groß mit dem anderen. Wir fragen nicht untereinander, was kann denn dein Sohn schon? Ist er groß genug? Wie oft isst er? Ach schon Brei? Wirklich noch dreimal Milch am Tag? Zumindest ich habe es noch nie erlebt. Und wenn, wird es nur abgenickt. Wir loben uns untereinander gerne selbst und sagen uns, was für coole Typen wir doch sind. Väter nehmen es nicht immer so genau mit der warmen Jacke, aber gerade deshalb sind wir manchmal schneller an der Luft mit den Kindern. Und wir lassen die Kinder auch mal alleine spielen. Schaffen die schon. Manches ist reine Bequemlichkeit, etliches allerdings auch wunderbar befreiend. Anders eben.
Natürlich. Ohne die Frauen im Backoffice könnten wir nicht ganz so geschmeidig übers Parkett tänzeln. Wissen wir doch. Wer hält bei den Sons Of Anarchy allen den Rücken frei? Richtig: Katey Sagal. Also danke ich natürlich auch meiner Frau. Für ihr waches Auge, für ihr stetes Erinnern an so vieles, allerdings nicht alles. Sie ist sowas wie der Sechser in meinem Spiel. Hält mir in der Erziehung den Rücken frei und geht manchmal die unbequemen Wege für mich. Aber nur manchmal. Alles was in den folgenden Beiträgen erscheint, bedient das ein oder andere Klischee, ruft sicherlich einige Feministinnen an die Fahnen und lässt auch manchen Mann die Haare raufen. Doch es sind meine Erfahrungen. Allesamt. In der Elternzeit gesammelt, zuhause, im Supermarkt und auf Elternabenden erlebt. Ganz ehrlich, zwei Finger in der Luft, Hand aufs Herz, ohne zu blinzeln.
Bruno und ich hören: The Weakerthans „Live at the Burton Cummings Theater“ (Epitaph)