© Till Benzin
Nubar Kanaan
Nubar Kanaan, der von sich nur als Can spricht, ist 23 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Syrien. 2014 kam er nach Deutschland, lebte zunächst in einer Unterkunft in Heigenbrücken und ist seit diesem Jahr in einer Wohnung in Goldbach ansässig. Gerade macht er eine Ausbildung zum Krankenpfleger im Klinikum Aschaffenburg, ist brandneues Vorstandsmitglied des Stadtjugendrings (SJR), Koordinator bei JuMi (Jugend & Migration) sowie flexible Aushilfe bei Radio Klangbrett. Cans Muttersprache ist Kurdisch, aber auch auf Arabisch dolmetschte er schon für deutschsprachige Helfer in hiesigen Unterkünften. Außerdem spricht er ein ganz exzellentes Deutsch und das ist für die kurze Zeit, die er hier erst lebt, wirklich mehr als bewundernswert.
FRIZZ Das Magazin: Wie bist zu dem Ausbildungsplatz des Krankenpflegers gekommen?
Nubar Kanaan: In Syrien hatte ich bereits eine Ausbildung zum MTA begonnen, daher wollte ich auch hier gerne im medizinischen Bereich bleiben. Durch die Caritas wurde ich auf die Berufsschulklasse der Berufsschule I aufmerksam. BIJ (Berufsintegrationsjahr) nannte sich das, als ich mich dafür bewarb. Innerhalb von zwei Jahren absolviert man das Vorbereitungs- und das Praxisjahr. Ich lernte nicht nur Deutsch, sondern beispielsweise auch Mathematik und Sozialkunde. Mein Praktikum absolvierte ich dann dank des BIJ im Klinikum Aschaffenburg. Danach habe ich mich für den Ausbildungsplatz ganz normal beworben. Die Krankenpflegeschule ist auch direkt am Klinikum – so lerne ich im Blockunterricht und in der Praxis.
Du bist sehr aktiv in Aschaffenburger Vereinen unterwegs – wie kam es dazu?
Ich habe über die Berufsschule viele Angebote mitbekommen und wollte einfach unter Leute und am Leben hier teilhaben. Radio Klangbrett hat ein Programm, das nennt sich „Music4life“. Dieses ermöglicht jungen Zuwanderern Berührungen mit Medienarbeit. In der Show stellte ich bereits Titel aus meinem Heimatland vor und ab und an leite ich dort während einer Sendung noch die Technik. Über das Radio wiederum wurde ich auf den SJR und auf JuMi aufmerksam. Ich hörte von zwei freien Stellen im Vorstand und habe mich dann direkt dafür beworben. Meine Arbeit bei Radio Klangbrett und die aktive Mithilfe bei JuMi befähigen mich, ein Vorstandsmitglied beim SJR zu sein. Wieso also nicht?
Was genau sind deine Aufgaben bei JuMi und beim SJR?
Bei JuMi bestehen meine Tätigkeiten hauptsächlich aus Organisation und Koordination, aber ich bin auch Trainer für verschiedene Kurse, z.B. bieten wir gerade einen Programmierkurs an der Schönbergschule in Damm für jedermann ab der 4. Klasse an. Damm ist ja so etwas wie der soziale Brennpunkt hier, von Apple haben wir iPads ausgeliehen bekommen und wurden sogar einmalig von ihnen geschult. Das vermitteln wir nun anderen Interessenten. Beim SJR mache ich zunächst erst einmal nicht viel, weil ich neu bin, aber bei den Sitzungen bin ich immer dabei, darf mitbestimmen, welche Projekte gefördert werden, welche Ideen wir umsetzen usw.
Wo hast du so toll akzentfrei Deutsch sprechen gelernt?
In der Berufsschule lernte ich die Grammatik und in der Freizeit konnte ich es dann anwenden und auch den Dialekt von hier lernen, denn ohne Dialekt geht’s im Klinikum mit den älteren Menschen nicht. Ich verstehe ihn also schon, spreche ihn aber selbst nicht wirklich bewusst.
Was machst du in deiner Freizeit, wenn du mal nicht ehrenamtlich unterwegs bist?
Ich spiele Ultimate Frisbee beim BSC Schweinheim, jogge – manchmal alleine oder in einer Gruppe, wie beim City Night Run von Jörg Oberle –, fahre Rad und mache allgemein gerne Sport. Außerdem fotografiere ich.
Welchen Rat würdest du Menschen mit einem ähnlichen Hintergrund wie deinem geben? Wie kommt man hier am besten an, wie fügt man sich schnell und reibungslos ein?
Ganz am Anfang wollte ich einfach nur die Sprache lernen – das war mein erstes Ziel. Es war mir peinlich, angesprochen zu werden und nichts zu verstehen. Dann wurde ich über Caritas auf diese Berufsschulklasse BIJ aufmerksam, für die man sich bewerben konnte und die mir wirklich viele Angebote hier in Aschaffenburg aufgezeigt hat. Frisbee gab es auch in der Schule im Unterricht, mein Sportlehrer lud mich in den Verein in Schweinheim ein. Aber in der Schule Deutsch lernen und nach Hause kommen und mit den Mitbewohnern nur Arabisch sprechen, funktioniert auf Dauer einfach nicht, daher geht raus unter Leute! Und es ist natürlich auch wichtig, die Kultur hier kennenzulernen und die Menschen zu verstehen. Das ist der Schlüssel für alle Wege!
Danke für das Gespräch!
Sehr gerne.