Wir haben eine neue Kanzlerin! Echt? Ja – auch wenn unser Land zukünftig mittlerweile von einem Mann regiert wird, kann sich die Stadt Aschaffenburg glücklich schätzen, seit November eine Kanzlerin ihr eigen zu nennen.
Dr. Heide Klug besetzt damit eine der wichtigsten Positionen an unserer Technischen Hochschule. FRIZZ Das Magazin hat mir ihr über sie und ihre Aufgaben gesprochen.
FRIZZ Das Magazin: Wie ist Ihr erster Eindruck von der Stadt Aschaffenburg – Ihrem neuen Wirkungskreis?
Dr. Heide Klug: Die Stadt kannte ich schon vorher. Ich wohne in Südhessen, bin aber im Kreis Aschaffenburg aufgewachsen. Die Stadt ist sowieso schon mein Einzugsgebiet für Einkaufen und Kultur. Es fühlt sich ein bisschen so an, wie nach Hause kommen.
Was halten Sie vom Campus bzw. von der Hochschule als Gebäudekomplex?
Ich kannte den Campus noch nicht, war aber von Anfang an gleich beeindruckt. Die Atmosphäre, die Umgebung, die Menschen, die mir begegnet sind, das gefällt mir sehr gut hier in Aschaffenburg. Ich bin auch sehr gut angekommen und aufgenommen worden. Diese Campus-Hochschule ist schon etwas Besonderes.
An welchen anderen Hochschulen waren Sie schon tätig?
Ich komme von der Goethe-Uni Frankfurt. Dort habe ich die letzten vier Jahre die Abteilung Berufungen geleitet. Davor war ich zehn Jahre lang Geschäftsführerin des Fachbereichs Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der TU Darmstadt. Außerdem war ich in der Verwaltung der Uni Heidelberg tätig und habe an der Uni Speyer über Hochschulmanagement promoviert. Somit habe ich gerade was Hochschulen betrifft auch schon sehr unterschiedliche Länder-Rahmenbedingungen mitbekommen.
Ist das in jedem Bundesland so anders?
Es ist tatsächlich unterschiedlich, weil die Hochschulbildung landesspezifisch organisiert ist und das merkt man natürlich in den einzelnen Institutionen. Das ist für mich auch das interessante Neue hier in Aschaffenburg, da ich im bayerischen Hochschulsektor noch nicht tätig war.
Sind Sie vor diesem Hintergrund eine Freundin des Föderalismus mit seinen unterschiedlichen Bildungssystemen?
Ich finde, die unterschiedliche Herangehensweise der Länder bietet die Möglichkeit zu einem breiteren Angebot. D. h. die Vielfalt ist größer. Im Hochschulsektor ist es ja so, dass trotzdem der Wechsel zwischen den Ländern gut funktioniert. Ich denke deshalb, der Föderalismus hat den Vorteil einer Differenzierung und die Länder können sich gegenseitig in ihrer Vorgehensweise befruchten.
Was macht eine Kanzlerin denn eigentlich?
Als Kanzlerin leite ich die Verwaltung, das bedeutet, ich bin Verwaltungschefin und Dienstvorgesetzte des nichtwissenschaftlichen Personals und sogenannte Beauftragte für den Haushalt. Meine Aufgabe ist es, die Verwaltung am Laufen zu halten und zu entwickeln. Die Präsidentin hingegen hat die akademische Seite im Blick. Es gibt da aber einen engen Austausch. Wir sind sozusagen eine Doppelspitze mit getrennten Schwerpunkten.

Hochschule Aschaffenburg
Wer entscheidet zum Beispiel, welche Studiengänge neu dazu kommen?
Das geht über die Hochschulgremien, zum Beispiel auch über den Senat, dem die Hochschulleitung – der ich angehöre – berichtet. Meine Berührungspunkte liegen dann vor allem in der Abwicklung des Studiums. Das betrifft die Fragen, die zum Beispiel im Studienbüro angesiedelt sind.
Sie haben gerade den Senat erwähnt. Was ist das?
Der Senat ist eines der Gremien in einer Hochschule, in dem die verschiedenen Studiengänge, Rechtsvorschriften und andere Dinge beschlossen werden, die zur Funktionsfähigkeit der Hochschule beitragen. Er ist so besetzt, dass alle Statusgruppen vertreten sind, also Professorinnen und Professoren, Studierende und Mitarbeitende.
Ist das dann die letzte Instanz, in der entschieden wird, wie man sich zukünftig entwickelt?
Es gibt da auch noch den Hochschulrat. Der ist besetzt mit den Mitgliedern des Senats sowie externen Mitgliedern. Dort wird über die konzeptionell-strategische Ausrichtung der Hochschule entschieden.
Können Sie denn als Hochschule die Dinge alle selbst entscheiden oder muss irgendjemand in München im Ministerium zustimmen?
Wir dürfen als Hochschule relativ viel selbst entwickeln und bei bestimmten Themen erteilt das Ministerium dann im Anschluss formal die Genehmigung. Demnächst stehen zum Beispiel die Verhandlungen mit dem Ministerium über die neue Zielvereinbarung an. Da geht es um zukünftige Ideen und Projekte für die TH.
Welche Weiterentwicklungsperspektiven haben Sie für die Hochschule?
Natürlich ist ein Stichwort, das immer fällt: die Digitalisierung auf allen Ebenen. Dies wird sicherlich eines der Themen sein, das ich angehen werde. Was ich auch sehr wichtig finde, ist das Thema Nachhaltigkeit. Hier liegt mein Fokus auf mehr Nachhaltigkeit in der Verwaltung.
Haben Sie für Nachhaltigkeit und Digitalisierung ein konkretes Beispiel?
Das A und O ist hier ein Dokumentenmanagementsystem. Und das gilt es so zu führen, dass sämtliche Post, wie z. B. die Bewerbung auf einen Studienplatz oder auf eine Stelle, und alle möglichen Vorgänge digital in einem System weiterbearbeitet werden, sodass keine Medienbrüche mehr existieren. Das flankiert z. B. auch die Entwicklung, die jetzt Corona in Sachen mobiles Arbeiten beschleunigt hat. Ortsunabhängiges Arbeiten ist in einer digitalen Welt besser möglich als in einer Welt mit Medienbrüchen, in der Papierakten geführt werden.
Das heißt, da besteht in Aschaffenburg noch Optimierungsbedarf?
Ja. Aber es gibt bereits viele Projekte, die an bestimmten Punkten ansetzen, um perspektivisch die Prozesse von Anfang bis Ende umsetzen zu können. Man muss auch bedenken, dass teilweise die Rechtsprechung noch gar nicht so weit ist, wenn wir zum Beispiel von digitalen Signaturen reden. Bei Nachhaltigkeit stellen sich beispielsweise die Fragen der Mobilität: Wie kommt die Belegschaft an die Hochschule? Wie können Studierende möglichst umweltschonend die TH erreichen? Aber auch: Wie können Dienstreisen möglichst umweltschonend organisiert werden?
Hat man als (zukünftig) Studierender überhaupt mit Ihrem Bereich bewusst Kontakt oder findet das alles über die Professoren statt?
Tatsächlich ist es so, dass ich da ein bisschen mehr Abstand habe. Durch die Gremien bin ich aber zumindest mit den Studierendenvertreterinnen und -vertretern im Austausch. Ansonsten wird z. B. über das Studienbüro oder den Career Service sicherlich mal der eine oder die andere Studierende bis zu mir durchgereicht.
Warum haben Sie die neue Stelle hier in Aschaffenburg angenommen?
Das ist auch meinem Werdergang geschuldet. Ich bin schon ziemlich am Anfang in das Hochschulmanagement eingestiegen. Und nachdem ich eben schon viele Organisationen und Institutionen kennen gelernt und fachlich sehr breit Erfahrungen gesammelt habe, ist das, was so eine Kanzlerin macht, eigentlich der nächste logische Schritt. Die Stelle hat einfach gepasst zu dem, was ich bisher gemacht habe, was ich kann und worauf ich Lust habe. Es ist eine Möglichkeit auf einer Position zu arbeiten, in der ich Verantwortung übernehmen und die TH voranbringen kann.
Welche Themen wollen Sie noch angehen?
Was ich mir für die Hochschule wünsche, ist, dass wir es schaffen, mehr Frauen vor allem für die technischen Studiengänge zu begeistern. Ich glaube, dass das auch eine Frage der fehlenden Vorbilder ist. Mit mehr weiblichen Studierenden wird es mehr promovierte Ingenieurinnen geben und damit mehr Professorinnen. Das ist eine gute Möglichkeit, Schülerinnen zu motivieren, sich zu trauen, diesen Weg einzuschlagen.
FRIZZ wünscht Ihnen viel Erfolg bei Ihrer neuen Aufgabe. Dankeschön für das sehr nette Gespräch!