Wenn man auf der sonnengefluteten Anhöhe über Eschau steht und den Ausführungen von Moni lauscht, kann es durchaus passieren, dass sich ganz sanft und geräuschlos ein Eselkopf gegen den eigenen Rücken drückt und dort mit großer Ausdauer verharrt. Was übersetzt nichts anderes heißt als: „Hey, streck mal deine Hand nach hinten und kraul mich irgendwo. Das kannste wunderbar erledigen, während du zuhörst!“ Und, ihr ahnt es, die Esel wissen sehr gut, dass das auch funktioniert.
Wir haben uns an einem Donnerstagvormittag im Erlebniszentrum Spessart eingefunden, um möglichst viel über die dortigen Hauptdarsteller zu erfahren, die Betreiberin Monika Bodirsky dort mit viel Liebe und Hingabe hält und mit ihrem Erlebniszentrum ein Freizeit- und Tourismushighlight für Einheimische und Auswärtige geschaffen hat. Sie bietet geführte Eselwanderungen durch den Vorspessart an, die entweder eineinhalb oder drei Stunden dauern und die neben dem Tiererlebnis auch mit zahlreichen, sehr interessanten Fakten rund um die faszinierenden grauen Begleiter garniert werden. Denn Esel sind alles – nur nicht das, wofür der Volksmund sie seit jeher hält. Doch dazu später mehr, denn vorab wollen wir noch auf einen weiteren Aspekt eingehen, der diesen Beitrag so besonders macht.
Zwei Besonderheiten in einem Beitrag
Heute sind nicht nur ein paar langjährige FRIZZen aka Bettina Bogner, Till Benzin und Jens Trierweiler am Start, sondern auch zwei hoffungsvolle Nachwuchskreative, die im Rahmen des diesjährigen Girls’ Days ins Berufsfeld der Mediengestalterin reinschnuppern. Leni und Marie sind Schülerinnen der Realschule in Großostheim und begleiten das Team, um zu lernen, wie so ein Magazinbeitrag im FRIZZ in Sachen Bild und Layout entsteht. Aus diesem Grund ist auch Art Director Till mit in Eschau, um den beiden vor Ort zuallererst beizubringen, wie passende Bilder entstehen. Grundlagen der Fotografie, verwendetes Equipment, Motiv- und Formatauswahl, die passenden Winkel und das richtige Licht stehen auf dem Stundenplan. Und dafür bietet der Auftakt im Erlebniszentrum genug Zeit, Platz und Motive.

© Till Benzin
Eselwanderung 5
Stressless-Faktoren für Mensch und Tier
Denn für Moni ist es wichtig, dass ihre Besucher und ihre Tiere sich in aller Ruhe kennenlernen können. Auf Tierseite zeigen sich Socke, Murphy, Manfred, Till (kein Witz!), Neptun und Neuzugang Oskar aka Wastl äußerst interessiert an den menschlichen Gästen und signalisieren uns nach der ersten Musterung mit ihrem Verhalten „kommt rein, Leute, lasst uns ’ne gute Zeit haben!“. Und wenn man als Besucher ein paar Grundregeln des guten Anstands befolgt, entspannt agiert und das Tier über Kontakt oder Ruhe entscheiden lässt, hat man im Handumdrehen sechs neue Buddys, die ihrerseits die Vorzüge der neuen Streichelmaschinen zu schätzen wissen. Siehe erster Satz.
Klar, nicht alle Esel dieser Welt sind zutrauliche Menschenfreunde – und das ist auch vollkommen in Ordnung. Zur Wahrheit gehört ebenso, dass Esel von Haus aus einen starken Willen haben können. Letzteres kommt übrigens daher, dass sie im Gegensatz zu Pferden keine reinen Fluchttiere sind und im Fall einer für sie nicht komplett einschätzbaren Situation nicht kopflos davonstürmen, sondern erstmal an Ort und Stelle wie angewurzelt stehen bleiben. Eine (etwas vereinfachte) Erklärung dafür, warum sie gemeinhin als störrisch verschrien sind. Die Tiere bei Moni allerdings wissen, dass sie keinen Gefahren ausgesetzt werden, ganz im Gegenteil. Und sollte ihnen bei Besuch doch mal alles zu viel werden, können sie einfach in ihre vorgehaltenen Ruhezonen gehen, in denen ein striktes „Esel only“ gilt. Doch dazu geben wir anscheinend keinen Anlass. Murphy, Socke und die anderen sind zwar neugierig, strahlen aber zugleich eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit aus, genießen die Fellpflege (steht für Besucher auch auf dem Pflichtenzettel), wälzen sich genüsslich, knabbern an bereitliegenden Ästen und stehen lässig Modell, damit Leni und Marie ihre Skills am Auslöser verbessern können.

© Till Benzin
Eselwanderung 4
Familien, Touristen, Kinder und gestresste Geschäftsleute – alle kommen auf den Esel
In dieser Zeit versorgt uns die Hausherrin mit weiteren interessanten Infos rund um ihre Tiere und ihr Angebot. Ende 2014 kam der erste Esel zu der zertifizierten Natur- und Landschaftsführerin, die darüber hinaus auch Shetlandponys, Schafen, Ziegen, Gänsen, Hühnern, Hasen und Meerschweinchen in ihrem Erlebniszentrum eine großzügige und artgerechte Heimstatt bietet und obendrein eine mobile Hundeschule betreibt. Über zahlreiche Kurse und Fortbildungen arbeitete sie sich in die fachgerechte Haltung der Grautiere ein und mit der Zeit kamen immer mehr von ihnen nach Eschau. Seit 2016 bietet sie nun die Gruppentouren mit den Eseln an, die besonders großen Anklang bei Touristen und Familien finden. Doch auch gestresste Menschen aus der Großstadt gehören zu ihrem Kundenkreis, denn die Tiere sorgen mit ihrer Art auch bei den Zweibeinern für Entschleunigung und Ruhe. Besonders beeindruckend: Esel können nicht nur bis zu 45 Jahre alt werden, sondern sich Gesichter, Personen und Orte bis zu 30 Jahre lang merken.
Wir sind soweit, los geht’s zu einem kleinen Spaziergang rund um die Esel-Homebase. Socke und Murphy sind die zwei Tiere, die mit uns eine Runde drehen werden und an der Reaktion der anderen Esel lässt sich ableiten, dass wohl alle gerne mitgelaufen wären. Mit einem mehrstimmigen I-AAAAAH in der Lautstärke eines startenden Helikopters werden wir verabschiedet und eine gute halbe Stunde später wieder empfangen. Dazwischen liegen fantastische Ausblicke über den Spessart und Richtung Maintal, entspannte Plaudereien über Monis Arbeit und sogar ein kurzer Zwischensprint mit zwei „galoppierenden“ Eseln. Viel zu schnell vergeht die Zeit im Erlebniszentrum und wir müssen Abschied nehmen – immerhin warten auf unsere beiden Mediengestalterinnen Leni und Marie nun viele weitere wichtigen Aufgaben. In der Redaktion werden die Bilder gesichtet, Vorauswahlen getroffen und das Grundlayout des Beitrags festgelegt. Wie viele Bilder und in welchem Format? Wo kommen die Zwischenüberschriften hin? Und wie wird der spätere Text so formatiert, dass alles gut lesbar ist? Es wird noch lange beraten, getüftelt, geschoben und bearbeitet.
Das Endergebnis habt ihr nun gerade gelesen und betrachtet: Eine kleine Reportage über ein Freizeitkleinod der Region, dem ihr unbedingt mal einen Besuch abstatten solltet – denn die Eselwanderungen im Erlebniszentrum Spessart sind eine absolut nachhaltige Auszeit vom Alltag und eine klare Empfehlung für eure Wochenendplanungen.

© Till Benzin