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Sauerkrautkoma
Zwangsversetzung nach München. Ein Leben im Hexenkessel. Und das auch noch unter einem Dach mit dem Rudi Birkenberger. Kruzifix, auf den Eberhofer kommen wahrlich finstere Zeiten zu. Auch in der Heimat, dem beschaulichen Niederkaltenkirchen, könnte es besser laufen, wanzt sich doch der schmierige Karl-Heinz „Fleischi“ Fleischmann an seine Susi heran, die er noch immer nicht vor den Traualtar geführt hat. Als wäre all das nicht genug, befördert sich WG-Kumpane Rudi noch in ein Sauerkrautkoma, das sich gewaschen hat. Darüber, ob Birkenberger-Darsteller Simon Schwarz (oben links) bereits selbst ein solches erleiden musste und was ihn an einem Date mit Angela Merkel reizen würde, haben die FRIZZen mit dem 47-Jährigen gesprochen.
FRIZZ Das Magazin: Ab 9.8. flimmert die fünfte Verfilmung eines Eberhofer-Krimis, das „Sauerkrautkoma“, über die Kinoleinwände. Sie geben – ebenfalls zum fünften Mal – Eberhofers treuesten Freund, den Ex-Polizisten und unkonventionellen Privatermittler Rudi Birkenberger. Nicht nur in Bayern sind die Filme wahre Publikumsmagneten. Weshalb erfreuen sich die Kriminalkomödien von Rita Falk Ihrer Meinung nach solch großer Beliebtheit?
Simon Schwarz: Wenn ich es ganz genau wüsste, dann würde ich wahrscheinlich viele erfolgreiche Kinoreihen machen! (lacht) Ich vermute, dass viele Faktoren beteiligt sind: Zum einen sind es vielleicht die Romane, die alle Bestseller sind und ihr Publikum haben. Und diese Leute mögen auch die Filme, was nicht selbstverständlich ist. Außerdem glaube ich, dass das Setting, also die Gruppe um den Eberhofer herum, von der Oma über die Susi bis hin zu seinen Freunden, jedem bekannt ist – in jedem Dorf gibt es solche Figuren. Man kann sich zu Teilen wiedererkennen, diese Archetypen funktionieren von Nord- bis Süddeutschland, vielleicht sogar weltweit. Zudem ist der Eberhofer-Kosmos ein besonderer, es werden nicht jedes Mal komplett neue Geschichten erfunden wie in vielen Serien, sondern es sind Erweiterungen, man taucht immer weiter hinein. Das macht es, glaube ich, leichter und erfolgreicher.
Im fünften Teil muss der Eberhofer, das Phlegma der Niederkaltenkirchener Polizei, seine beschauliche Heimat gegen das hektische München tauschen. Zwangsversetzung! Für den Eberhofer schlichtweg ein Alptraum, oder?
Ja, ein totaler Alptraum! Er wohnt ja dann beim Rudi – hier wird der Kosmos wieder erweitert. Nicht nur um den Rudi, sondern es geht auch verstärkt um Franz’ Freunde, die ihn zurück nach Niederkaltenkirchen holen wollen …
Gut, dass in der Landeshauptstadt zumindest „sein“ Rudi auf ihn wartet. Der Eberhofer und der Birkenberger bilden ja – meistens zumindest – ein Dreamteam. Auf alle Fälle sieht der Rudi das so, oder?
Absolut. Der Franz ist sein einziger Freund, ansonsten hat er niemanden. Den Franz liebt der Rudi wirklich sehr, für ihn würde er alles tun. Umgekehrt bin ich mir nicht so sicher, ob Franz alles für Rudi tun würde … (lacht) Für Rudi ist Franz fast schon ein Lebenspartner.
Was macht für Sie den Reiz an der Rolle des Rudi Birkenberger aus?
Ich mag diese Figur wahnsinnig! Zum einen tut er mir leid, weil er so ein armer Kerl ist, auf der anderen Seite ist er aber auch auf seine Art glücklich. Am Set machen wir uns immer ein wenig über den Rudi lustig, weil er den Franz anhimmelt wie ein Fan seinen Fussballclub. Ich finde den Rudi einfach liebenswürdig – zudem ist er eigentlich ein guter Ermittler, irgendwie schaffen sie es ja zusammen doch immer, die Fälle zu lösen. Und an diese geht der Birkenberger auch mit anderer Energie ran als der Eberhofer.
Was wollte Rudi Birkenberger „seinem“ Franz schon immer mal sagen, hat es sich bislang aber nicht getraut?
Ich glaube, dass er ihm das Wesentliche in der „Grießnockerlaffäre“ gesagt hat: Dass er sein wichtigster – und einziger – Freund ist. Auch wenn die „Liebeserklärung“ eingesperrt im Keller etwas verunglückt ist … (lacht) Das einzige, was er ihm vielleicht gerne noch sagen würde, ist, dass er gerne bei der Geburt von Franz’ Kind dabei gewesen wäre, das könnte ich mir zumindest vorstellen!
Die Presseinfo verrät, dass stolze 50 Kilogramm Sauerkraut für den Filmdreh verbraucht wurden. Wie viel davon mussten Sie verputzen?
Wirklich? 50 Kilogramm? Also gegessen wurde alles – aber zum Glück nicht von mir allein! (lacht) Aber wir mussten dieses Mal wirklich viel essen, besonders in einer Szene, die wir auch wirklich oft wiederholt haben. Als ich dachte, wir seien damit endlich durch, habe ich mir eine vom Mittagessen übrig gebliebene Schoko-Mousse gegönnt. Ich liebe Schoko-Mousse! Genau das Richtige nach so viel Kraut und Fleisch. Als ich das Schälchen gerade genüsslich ausgeschleckt hatte, kam der Aufnahmeleiter mit der Anweisung, dass wir die Szene noch einmal in der Totalen zu drehen hätten. Monate später hat Sebastian Bezzel (der den Franz Eberhofer spielt, Anm. d. Red.) mir noch von dem Blick erzählt, den ich in diesem Moment hatte. Der erste Bissen war dann wirklich widerlich!
Können Sie persönlich Sauerkraut überhaupt etwas abgewinnen – oder jetzt vielleicht nicht mehr?
Unmittelbar nach dem Dreh weniger, aber das ist ja schon wieder ein bisschen her. Auf der Kinotour wird es dann allerdings eher schwer, bei der letzten gab es beispielsweise dauernd Grießnockerlsuppe, ein verhältnismäßig einfaches Gericht, weil es nicht so schwer im Magen liegt. Wenn es dieses Mal immer Sauerkraut gibt … (lacht)
… dafür wird es dank der angekündigten Verfilmung von „Leberkäsjunkie“ bei der nächsten Kinotour dann stets leckeren Leberkäse geben?
Das ist dann deutlich besser! Wobei, nach so vier, fünf Semmeln … (lacht)
Was macht für Sie die Zusammenarbeit mit Kollegen wie Sebastian Bezzel aus?
Sebastian kenne ich seit den Dreharbeiten zu „Schwere Jungs“ (Filmkomödie von 2006, Anm. d. Red.), seitdem sind wir Freunde. Wir wachsen immer enger zusammen, da wir auch jedes Jahr viel Zeit zusammen verbringen. Wahrscheinlich ist unsere Beziehung ähnlich der zwischen Franz und Rudi, nur dass Sebastian natürlich ein bisschen anders ist als Franz … (lacht) Aber im Ernst: Die Beziehung zwischen Rudi und Franz lebt schon sehr stark davon, dass Sebastian und ich uns schätzen und mögen.
Während deutsche Kinofilme sich durchaus großer Beliebtheit erfreuen, können unsere österreichischen Nachbarn Fernsehserien anscheinend besser – das Stichwort lautet „Vorstadtweiber“ (Schwarz war in der ersten Staffel als Josef von Steinberg zu sehen, Anm. d. Red.). Was hat die Serie, was deutschen Formaten fehlt?
Ich glaube, dass sich Filmschaffende in einem kleineren Land wie Österreich mit einer geringeren wirtschaftlichen Abhängigkeit mehr trauen und rigoroser sind. In Deutschland bekommt man solch radikale Bücher nicht durch. Hier ist alles etwas abgeschwächt. Die Angst vor einem echten Misserfolg sitzt in den Köpfen. Man darf aber auch nicht außer Acht lassen, dass die ORF-Serie „Braunschlag“, die noch um einiges schärfer und unfassbar erfolgreich war, den „Vorstadtweibern“ den Weg geebnet hat.
Letztes Jahr haben Sie auch zum ersten Mal die Seiten getauscht – Sie haben Ihr Debüt als Produzent eines Kinofilms („Zerschlag mein Herz“) gegeben. Eine Arbeit, die Sie weiterhin reizt oder die einmalig bleiben wird?
Nein, das reizt mich schon sehr! Man muss dazu sagen, dass es aber ein sehr komplizierter Film ist. Die Hauptdarsteller sind zum Teil Laien, er spielt unter anderem in Roma-Slums in der Ostslowakei, ist ein Liebesdrama, das auf Slowakisch und Romanes mit sehr geringem Budget gedreht wurde. Es war ein ziemlicher Kampf, diesen Film zu realisieren. Trotzdem wollte ich dieses Risiko gehen – auch mit dem Einsatz von Privatvermögen. Der Film läuft übrigens dann auch beim Fünf Seen Filmfestival in Südbayern Anfang September und ich hoffe, dass ihn viele sehen wollen! Darüber hinaus würde ich sehr gerne als Produzent weitermachen, muss jetzt aber erstmal wieder ein paar Filme als Schauspieler drehen! (lacht)
Vor knapp vier Jahren lautete Ihre Antwort auf die Frage, welche prominente Person sie gerne zum Frühstück einladen würden, Angela Merkel. Ist die Bundeskanzlerin heute immer noch Ihre Favoritin oder würden Sie sich anders entscheiden?
Ja, ich würde mich noch immer mit ihr treffen wollen – aber ich würde mit jedem anderen Politiker auch frühstücken gehen. Hollywoodstars indes interessieren mich weniger. Ich würde auf jeden Fall mit jemandem frühstücken wollen, der ein Thema bietet, bei dem ich mich nicht so auskenne. Schauspieler bin ich selbst – deshalb würde ich auch jederzeit einen Bootsbauer einem Berufskollegen vorziehen.
Wie auch Angela Merkel sind Sie – als gebürtiger Wiener – in Berlin zuhause. Worin liegt der größte Unterschied zwischen den beiden Hauptstädten?
Der größte Unterschied ist die Stadt an sich – Berlin ist eine große Fläche mit vielen Zentren. Allein in Charlottenburg gibt es quasi drei davon. Wien hat hingegen eine Struktur, ist von innen nach außen gewachsen. Das ist keine Wertung, macht aber einen großen Unterschied aus. Zudem hat Berlin die Trennung und der Mauerfall geprägt, dadurch stehen die Kieze auch sehr für sich, was man nicht nur an den dort jeweils lebenden Personen festmachen kann. In Prenzlauer Berg wohnen zum Beispiel ganz andere Menschen als in Charlottenburg – so ist zumindest mein Eindruck. Außerdem kann ich einen klimatischen Unterschied ausmachen: Der Sommer in Berlin ist feucht mit vielen Mücken, der in Wien ist extrem heiß. Letztes Jahr bei der Kinotour hatte es dort 42 Grad! (lacht)
Welche ist die Rolle, die Sie gern einmal spielen würden, Ihnen bislang aber noch niemand anbieten wollte?
Schwierig … weil ich eigentlich sehr glücklich über das bin, was man mir anbietet. Deshalb kann ich das nicht wie viele andere Schauspieler beantworten, auch weil ich finde, dass jede Figur etwas Spannendes haben kann. Im Allgemeinen ist mir das Buch, das Gesamte, wichtiger als meine einzelne Figur. Für mich ist ein Film nie eine Einzel-, sondern immer eine Teamleistung!
Besten Dank für das Gespräch!