Der Grenzenlos e. V. hat Ende letzten Jahres eine wärmende Anlaufstelle mit Dusch- und Waschmöglichkeiten für bedürftige Menschen in Aschaffenburg sowie durchreisende Obdachlose eröffnet. Unter dem Namen „Ludwig 17“ bietet sich ein neuer Ort für all die, die unsere Hilfe am Nötigsten haben – Heißgetränk und offenes Ohr inklusive.
Mit der verdammten Armut ist es wie mit den verdammten Kriegen. Sie sind gefühlt immer ganz weit weg und betroffen sind auch immer nur die anderen. Dass dies beileibe nicht so ist und es auch in der vergleichsweisen strukturstarken Region des Bayerischen Untermains nicht wenige Mitmenschen gibt, die sich jeden Tag aufs Neue um das Nötigste Gedanken machen müssen, führt uns der Grenzenlos e.V. regelmäßig vor Augen. Mit seinen zahlreichen Angeboten für bedürftige Menschen bildet er schon viele Jahre eine inzwischen unverzichtbare Stütze der Gesellschaft und nimmt zahlreichen Mitmenschen in unserer Stadt ein gutes Stück ihrer täglichen Sorgen und Nöte.
Und das bereits seit über 20 Jahren, wobei der Verein seit vielen Jahren von einem führenden Lebensmittel-Einzelhändler der Region für sein Kaufhaus unterstützt wird. Überhaupt ist die Liste der Spender und Unterstützer des Vereins schier unendlich lang. Sie besteht aus Privatleuten, Firmen und auch den ein oder anderen prominenten Namen findet man ohne Probleme bei den entsprechenden Veröffentlichungen auf der Homepage des Vereins oder den dazugehörigen Anzeigen. Der Grenzenlos e.V. hat sich durch seine Arbeit nicht nur einen enormen Bekanntheitsgrad verschafft, sondern eben auch seine Unterstützer gesichert, die den größten Teil zur Finanzierung der vielfältigen Projekte wie Kaufhaus, Café, Kindernest, -Sozialberatung, Tierwohl und Zukunft ohne Grenzen beitragen.
Jüngst eröffnete der Verein in der Ludwigstraße 17 eine Anlaufstelle für bedürftige Menschen, die helfen soll, den Alltag mit all seinen Widrigkeiten besser bewältigen zu können. Und für einige bedeuten diese Widrigkeiten bereits den Zugang zu warmem Wasser, einer Dusche, einer Tasse Kaffee oder einer Waschmöglichkeit. Grenzenlos-Pass-Inhaber sowie durchreisende Obdachlose können das Angebot im „Ludwig 17“ Montag bis Freitag zwischen 10 und 16 Uhr kostenlos nutzen, an jedem Mittwoch sogar bis 18 Uhr. Neben Duschen stehen den bedürftigen Menschen auch Waschmaschine, Trockner und Bügelmöglichkeiten zur Verfügung. Die Wartezeit kann mit einer Tasse Kaffee oder Tee überbrückt werden und wer keine Lust auf einen Schnack mit den Grenzenlos-Mitarbeitern hat, kann sich die Zeit mit einem Buch aus der angegliederten Bibliothek vertreiben. Zudem können Handys geladen und kostenlos Fotokopien angefertigt werden. Doch auch das allerwichtigste gibt es im „Ludwig 17“ völlig gratis: ein offenes Ohr.

© Till Benzin
Diane Waterstradt (Stellvertretende Vorsitzende Grenzenlos e. V.)
Warum der Verein mit dieser Anlaufstelle eine Lücke geschlossen hat, wie sich der Bedarf an Hilfen entwickelt hat und was jeder von uns tun kann – darüber und über noch viel mehr konnte FRIZZ Das Magazin mit der stellvertretenden Vorsitzenden des Grenzenlos e. V., Diane Waterstradt, sprechen.
„Es ist tatsächlich richtig, dass unser Verein Aufgaben übernimmt, die zum Teil Sache des Staates wären.“
FRIZZ Das Magazin: Wie entstand die Idee zu „Ludwig 17“ und wie lange dauerte die Umsetzung?
Diane Waterstradt: Dusch- und Waschmöglichkeiten für bedürftige Menschen haben wir auch vor „Ludwig 17“ schon angeboten, diese waren in unserem Café untergebracht. Da dort aber der Platz für dieses Angebot schon immer sehr eingeschränkt war, haben wir die Planungen für zusätzliche Räumlichkeiten in Angriff genommen. Es hat eine Weile gedauert, bis wir geeignete Räume in Bahnhofsnähe mitsamt einer für unsere Belange aufgeschlossene Vermieterin gefunden hatten. Die Planungen, die Suche und der Umbau, der durch das Architekturbüro Lautenschläger unterstützt wurde, dauerte also insgesamt fast ein Jahr.
Ihr steht nach eigener Aussage mit knapp 50 Obdachlosen in Aschaffenburg und Umgebung in Kontakt. Eine Zahl, die in unserer Kleinstadt die allermeisten wohl gar nicht auf dem Schirm haben. Gibt es darüber hinaus noch eine Dunkelziffer?
In der Tat sagt die Ziffer 50 wohl nur bedingt etwas über die tatsächliche Zahl an Menschen aus, die in unserer Region leider ohne festen Wohnsitz leben. Die genannte Zahl kommt zu Stande, da diese sich ihre Post zu uns schicken lassen und wir daher mit ihnen regelmäßig in Kontakt sind.
Hat sich in den letzten zwei Pandemiejahren der Bedarf an euren Hilfeleistungen in Aschaffenburg vergrößert?
Ja, in den Pandemiejahren waren mehr Menschen auf unsere vielfältigen Angebote angewiesen. Glücklicherweise konnten wir sicherstellen, unsere Einrichtungen geöffnet und die Angebote am Laufen zu halten. Als unser Café für eine Zeit zumachen musste, haben wir die Essen eben nach dem „to go“-Prinzip herausgegeben. Im Kaufhaus konnte man während der Pandemie durchgehend einkaufen und auch die Sozialberatung fand ohne Einschränkungen statt.
Ihr habt euch einen bekannten Namen gemacht und eigentlich weiß jeder, was Grenzenlos macht. Auf der einen Seite natürlich super, was die schier endlose Liste an Unterstützern zeigt. Verlassen sich nicht aber vielleicht übergeordnete Stellen, die sich selbst auch um die -Bekämpfung der Armut kümmern sollten, zu sehr auf engagierte und erfolgreiche Initiativen wie euch?
Es ist tatsächlich richtig, dass unser Verein Aufgaben übernimmt, die zum Teil Sache des Staates wären.
Mit ein bisschen Abstand und den ersten Erfahrungswerten: Wie ist „Ludwig 17“ angelaufen?
Aufgrund der Beschränkungen durch Corona dauerte es eine Weile bis die Ludwigstraße 17 angenommen wurde. Jetzt laufen die Waschmaschinen den ganzen Tag. Der Waschraum wird nicht nur von Obdachlosen Menschen genutzt, wie die Duschen, sondern auch von bedürftigen Menschen. Voraussetzung hierfür ist der Grenzenlos-Pass.
Was kann jeder Einzelne von uns tun, neben der Unterstützung von Vereinen wie Grenzenlos, um den Armen und Ärmsten in -unserer Region gezielt zu helfen?
Neben den reinen Spenden kann man uns auch problemlos beim eigenen Einkauf mit „Eins für Grenzenlos“ unterstützen. Darüber hinaus ist in nahezu allen Hilfsprojekten hier in der Region eine ehrenamtliche Mitarbeit möglich. Von daher: Unterstützt die Arbeit vor Ort!