© Marc Stantlen
Jazzkantine
Die Jazzkantine: Eine Institution in der deutschen Musiklandschaft, die seit einem Vierteljahrhundert lässigen Jazz und groovenden Hip-Hop zu einem Sound verschmelzen lässt, der Tanzbeine und Kopfnicker gleichermaßen glücklich macht. Und damit auch heute noch eine absolute Ausnahmestellung in der deutschen Musiklandschaft darstellt. Alles was Rang und Namen hat, stand mit der Kantine schon im Studio oder auf der Bühne und auch auf ihrem Jubiläumsalbum „Mit Pauken und Trompeten“ – nach den letzten Konzeptalben wieder mal ein Silberling mit eigenen Songs – versammelt sich ein illustrer Reigen an spannenden Gästen. Doch nicht nur grandiose Alben und ein unvergleichlicher Spirit bei Liveshows macht die JK zu dem, was sie schon immer war und auch in Zukunft sein wird. Denn schon alle Zeit werfen die Herren aus Braunschweig auch Blicke über den Tellerrand und widmen sich unter anderem zum Beispiel Theaterprojekten mit/im Staatstheater ihrer Heimatstadt. Wer sich einen Eindruck über die gesamte Geschichte der Band verschaffen möchte, sollte sich das Video zum Song „Eine Ehre“ reinziehen, in dem die Combo die vergangenen 25 Jahre in gut vier Minuten Revue passieren lässt. Alles Weitere erfahrt ihr a) im folgenden Interview und b) live am 28.10. im Roßmarkt.
FRIZZ Das Magazin: Lieber Christian, bei unserem letzten Interview hast du davon gesprochen, „dass dann auch irgendwann mal 25 Jahre Jazzkantine ansteht“. Das „irgendwann“ wäre dann jetzt soweit. Wie fühlt ihr euch mit diesem ominösen Vierteljahrhundert Bandgeschichte? Altersmilde oder eher gerade frisch aus der Pubertät?
Christian Eitner: Ein bisschen wie Silberhochzeit. Wenn man so lange, so eng und in den unterschiedlichsten Projekten mit einer Band zusammenarbeitet, ist das ja irgendwann schon wie Familie. Und ich bin der Papa.
Ihr geht erfrischend offen damit um, dass in 25 Jahren nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen war und du es trotzdem stets geschafft hast, die Truppe beisammen zu halten. Wieviel Kraft kostet so etwas und woraus ziehst du deine ganz eigene Motivation?
Es ist tatsächlich sehr anstrengend mit so einer großen Band ein Album zu produzieren. Weil wir eben auch stilistisch aus allen Ecken der Musik Einflüsse sammeln und wir eher unorthodox im Studio arbeiten. Aber die Energie gibt mir einfach die Liebe zur Musik und das Glück nach all den Jahren noch durch die Lande ziehen zu können. Das ist ein großer Schatz.
Euer neues Album heißt „Mit Pauken und Trompeten“ und besteht – ganz so wie du es schon damals angekündigt hast – komplett aus Eigenkompositionen, die mal smooth oder gar balladesk daherkommen, aber teilweise auch ganz schön nach vorne gehen. Ist eine solche Bandbreite auf einem Album für dich als Produzent eine größere Herausforderung als beispielsweise bei einem eurer Konzeptalben?
Klar. Bei Konzeptalben sind die Kompositionen ja schon da und du überlegst, wie du sie arrangierst, verpackst. Natürlich versuche ich jedem in der Band gerecht zu werden, denke aber auch an die Erwartungen der Fans bzw. wie kann man neue Leute dazugewinnen kann. Aber ich mag diese Form des Wahnsinns im Studio. Ich könnte niemals mit ’ner vierköpfigen Band sechs Wochen in einem Stück an Songs arbeiten. Auch „Pauken und Trompeten“ lebt von Spontaneität, Freestyle, Zufällen, Momenten und ’nem Stück Chaos. Hip-Hop und Jazz eben.
Wie gewohnt gibt es auch auf dem aktuellen Album eine illustre Auswahl an hochkarätigen Gästen zu hören. Dürfen wir uns auch live auf die ein oder andere Ergänzung im Line-up freuen?
Wir sind ganz froh mit Albert N’sanda einen tollen Sänger an Bord zu haben, der auch drei Songs auf dem Album gemacht hat. Ansonsten sind wir ja eh schon zu acht. Rhythmusgruppe, zwei Bläser, zwei Rapper. Das garantiert genug Abwechslung.
Laut eigener Aussage habt ihr bei euren bisherigen 1.500(!) Konzerten das Schönste und Schlimmste, Aufregendste und Außergewöhnlichste aus allen Musikwelten erlebt. Verrätst du uns zu den Stichworten „Aufregendste“ und „Außergewöhnlichste“ jeweils ein Beispiel?
Sicher hat man die großen Festivals vor Augen, auf einer Bühne mit den Sex Pistols, Fanta Vier, Bloodhound Gang, Cypress Hill vor vielen 10.000 Zuschauern. Die erste Tour. Die erste Nacht im Nightliner. Montreaux. Shows in Südafrika. Aber klar, wenn dann mal ein schlecht besuchtes Konzert in ’nem Autohaus dabei ist, kann es auch bitter sein. Aber das gehört eben dazu.
Im Verlauf eurer Karriere habt ihr schon so ziemlich alles gespielt, vom kleinen Club bis zur größten Festivalbühne. Was genau macht für dich den Reiz einer Clubshow wie im Colos-Saal im Vergleich zu einer gigantischen Festivalbühne aus?
Wir lieben das Colos-Saal, sicher einer der besten Clubs in Deutschland, den wir auch in unserem Song „Eine Ehre“, eine vierminütige Zeitreise durch 25 Jahre Bandgeschichte, verewigt haben. Im kleinen Club bist du einfach direkt am Publikum. Nirgendwo kann es so intensiv und explosiv sein. Du kannst noch so viele Clicks im Netz haben. Das ist nichts gegen die „Likes“ in den Gesichtern der Leute beim Konzert.
Zum Abschluss unsere Lieblingsfrage, die wir jedem Künstler stellen: Was ist das Allerletzte was ihr tut, bevor ihr auf die Bühne geht?
Unterschiedlich. Einer rennt immer noch mal aufs Klo, die Bläser rauchen noch schnell eine. So ’ne „Wir wünschen uns eine gute Show“-Runde machen wir jedenfalls nicht, weil eh immer einer fehlt, den dann der Tourleiter suchen muss.
Vielen Dank für das Interview, wir freuen uns auf einen (wie immer) grandiosen Abend mit euch!