Vielleicht eine der gemeinsten, auf jeden Fall aber eine der schwärzesten Komödien aller Zeiten und abgesehen davon mit sehr viel irischem Verve. Der irische Filmregisseur und Autor Martin McDonagh („Brügge sehen … und sterben“, „Three Billboards outside Ebbing, Missouri“) erzählt in wunderschönen Bildern ein wahrlich bitterböses Erwachsenenmärchen. Es geht um Pádraic und Colm, zwei Männer, die mal gute Freunde waren. Bis gestern.
Wann habt ihr eurem besten Buddy das letzte Mal die Fussel aus dem Bauchnabel gepult, ihm ein Küsschen auf die Wange gegeben, eine ernstgemeinte Umarmung gegeben, oder ihm mal nicht die Gurke vom Burger weggefuttert. Freundschaften sind fragil. Und (wahre) Männerfreundschaften eine Kunst für sich. Entweder man hat ihn – oder man hat ihn nicht. Einen besten Freund. Einen Seelenverwandten. Einen langjährigen Weggefährten, mit dem man ALLES, naja … fast alles, teilen mag. So viele Filme, in denen selbst die härtesten Kerle Krokodilstränen verdrücken müssen, wenn Alphatierchen A Alphatierchen B seine Liebe und Freundschaft gesteht. Wir alle kennen die Szene, in der Frodo Beutlin in „Der Herr der Ringe“ seinem besten Freund Samweis Gamdschie im finalen Teil der Trilogie seine tiefe Dankbarkeit für die bedingungslose Freundschaft, die Rückendeckung und den Zusammenhalt offenbart. Ja, das ist groß aufgezogen und ja, da bibbern die Lippen noch heute. Aber hey, was ist eigentlich, wenn der Spieß mal umgedreht wird. Was passiert eigentlich, wenn man seinem besten Freund ohne triftigen Grund die Freundschaft kündigt. Der irische Regisseur Martin McDonagh hat genau das in seinem vierten Kinofilm getan. Der Meister der schwarzen Komödie lässt zwei langjährige beste Freunde ein Szenario des Wahnsinns durchlaufen – und das alles, weil einer von Beiden einfach keine Lust mehr auf den anderen hat. Das ganze Szenario ist tragisch, absurd, traurig und komisch zugleich. Bei den letztjährigen Filmfestspielen von Venedig durfte der Film im Wettbewerb den Preis für das beste Drehbuch entgegennehmen sowie Colin Farrell die Ehrung als bester Schauspieler empfangen.

© 20th Century Studios
Ich mag dich einfach nicht mehr!
„I just don’t like you no more“, meint Colm (Brendan Gleeson), als sei damit alles gesagt. Für ihn trifft das offensichtlich zu. Aber Pádraic (Colin Farrell) sucht verzweifelt nach Gründen für Colms Verhalten, immer in der Hoffnung, dass sich alles aufklären wird und alles wieder so wird, wie es einmal war: die festen Verabredungen, die festen Plätze im Pub, die Gespräche über dieses und jenes und anderes. Doch Colm ist ganz und gar nicht gesprächsbereit, im Gegenteil: Für den Fall, dass Pádraic ihn nicht in Ruhe lässt, fährt er Drohungen auf, die er tatsächlich absolut ernst meint, wie sich bald herausstellt. Colm ist bereit, seinen Standpunkt mit größter Konsequenz zu vertreten. Daraus entwickelt sich eine Situation, die bald eskaliert und die Beteiligten in einen Strudel überraschender Ereignisse hineinreißt. Es wird nicht viel geredet in diesem wunderbaren Film über Freundschaft, aber wenn, dann in allerfeinst geschliffenen Dialogen, und zwar in einem – in der Originalversion – ganz diskret, aber deutlich irisch angehauchten Englisch. Überhaupt wird in diesem Lichtspiel die nationaltypische Lebensart gleichzeitig gezeigt und ironisiert. Also nix mit fröhlich guinessseliger Touristenwerbung. Dazu hat McDonagh seine Handlung mit einer Unzahl von überraschenden Wendungen gespickt, die in ihrem bitterbösen Humor und mit ihrem schier überbordenden Einfallsreichtum irgendwie sehr irisch wirken. Diese verfügen aber über eine tiefe theatrale Logik, die an griechische Tragödien erinnert, in denen dumme kleine Menschen vergeblich versuchen, sich gegen ihr Schicksal zu stemmen.
Anders als bei den alten Griechen weiß man jedoch bei diesen beiden irischen Kerlen nie, was als nächstes passiert: Es kann etwas ganz schrecklich Schönes oder etwas ganz schön Schreckliches sein. Nach dem Film geschieht es dann tatsächlich und man möchte seinem besten Freund dann doch mal wieder auf die Schulter klopfen und Danke sagen, für all den durchlebten, gemeinsamen Wahnsinn, die bierseligen Abende zu zweit, die Deep-Talks und geteilten Nächte voll Kummer und Sorgen.
Die große feierliche Vorpremiere gibt es im Rahmen der traditionellen Casino-Silvester-Preview am 31.12. Alle anderen dürfen sich den 5.1. als Starttermin in die Notizbücher tragen und tatsächlich am besten gleich ein Kinodate mit dem besten Homie ausmachen. Dimitrios Charistes