Mir schwant nichts Gutes. Oder um Han Solo zu bemühen: „Ich hab da ein ganz mieses Gefühl.“ Ich habe den Großteil der wichtigsten Abende und Nächte meines Lebens in Musikclubs verbracht. In Großen und Kleinen. Linksautonomen, professionell-geführten und irgendwas-dazwischen-Läden. Schuppen am Arsch der Welt und inmitten von Fußgängerzonen. In üblen Kellergeschossen ohne Fenster und in abbruchreifen Hallen. Nichts war besser als mit leichtem Glimmer ein Rock ’n’ Roll-Konzert zu besuchen. Ach, was red’ und schreib’ ich. Nichts IST besser als mit leichtem Glimmer ein Rock ’n’ Roll-Konzert zu besuchen. Immer noch. Selbst mit Ende 40. Vor allem, wenn ich am Folgetag nicht arbeiten muss. Rührseligkeit, wat lieb ick dir! Ich fiel besoffen aus dem Empty-Bottle in Chicago und wir standen mit 5-Dollar-Resturlaubskasse im House-of-Blues in New Orleans bei Ween. Wir sahen Offspring als Vorband von NOFX in der Hanauer Schweinehalle und Weezer mit ihrem Debüt im Frankfurter Negativ. Wir waren bei Bad Religion im Volksbildungsheim am Eschenheimer Tor und verloren unsere Kappen bei den Descendents in der alten Batschkapp. Vorher tranken wir Bier im Elfer. Das AKW in Würzburg, das alte Trauma in Marburg, das Black Cat in Wertheim. Nie war uns ein Weg zu weit. Ohne Navi und mit maximaler Überbesetzung in unseren schmalen Kisten donnerten wir durch die Region. Warum erzähle ich das alles? Ok, ich komm’ mal zum Punkt: Wo einst das Negativ war, ist jetzt ein Matratzengeschäft zuhause. Auf dem Gelände der alten Batschkapp steht ein austauschbarer Wohnkomplex, im einst so wunderbaren VoBi hat sich seit Ewigkeiten ein Multiplexkino eingenistet und was auf dem Gelände der Schweinehalle verbrochen wurde, weiß ich nicht. Ich bin grundsätzlich sehr selten in Hanau. Zumindest die Batschkapp existiert weiterhin. Wenn auch ganz anders. Und das Empty Bottle hat noch eine aktuelle Homepage. Das hab ich mal gegoogelt. Die anderen Lokalitäten waren alles ganz wunderbare Orte zum Musik hören und sind 2020 leider Vergangenheit. Ganz ohne Corona. Jetzt, und mit Virus in allen Nischen, weiß ich partout nicht, wie das die Kulturlandschaft noch halbwegs schaffen soll. Das macht mir Angst. Das Capitol in Offenbach, der Schlachthof in Wiesbaden oder die Sahneschnitte mitten im Roßmarkt, der Colos-Saal. Lokalitäten, die durchgehalten haben oder immer wieder neu erfunden wurden. Oft mit viel DIY-Leidenschaft und Engagement aufgebaut, gegen konservative Ströme und motzende Bürger. Jetzt ist es völlig unklar, wann überhaupt wieder Konzerte möglich sind. Und machen wir uns nichts vor: Livemusik mit Social-Distancing, Mundschutz und Hygieneplan sind ein Widerspruch in sich. Wie das Magazin „Businesspunk“ oder ein schwarzer Schimmel. „Es geht immer noch schlimmer, ich könnte Makler sein“, singen KMPFSPRT. Genau. Das wird eine knappe Kiste. Denn im Hintergrund warten genau diese Jungs mit all den Investoren. Sabbernd und mit so viel Sinn für Subkultur wie Duda für ein liberales Polen. Einen feuchten Kehricht geben diese Vögel um Tradition, Punk, Jazz, Blues und Diversität. Genau. Das ist so ekelhaft wie es klingt.
Bitte, Freunde der non-konformen Unterhaltung, macht euch das bewusst! Das ist jetzt ein Appell. Es geht nämlich um ganz schön viel. Schnappt ein paar eurer ersparten Kröten und unterstützt den Club eures Herzens. Immer wieder. Das wird eine Langstrecke. Aber niemand will doch die nächste Drogerie-Filiale neben der Aloha-Bar!