Ich will dem neuen Jahr nix Böses und gebe ihm gerne noch ein paar Chancen, aber mal ganz seriös und unter vier Augen: Das kann doch nicht unser aller Ernst sein? Es fängt ja fast genauso beschissen an wie das alte aufgehört hat. Ich hab’ mir das jetzt knapp drei Wochen angeschaut und in positive Vibes mag ich nicht recht kommen. Dabei war 2020 schon Kacke genug. Corona, fiese Machthaber und Despoten wohin das Auge reichte, Menschen mit wegoperiertem Hirn stürmten den Reichstag, ein veganer Koch machte auf Schweinchen Schlau, Thomas Berthold meldete sich zu allem Überfluss auch zu Wort, weder Konzerte noch Stadionbesuche boten Ablenkung – und ganz zum Schluss wurde sogar Annerose aus dem Dreimädelhaus getragen. Für alle, die es interessiert: Bei drei Personen dachte ich immer, sie wären unsterblich: Mein Opa Paul, meine Oma Maja und Annerose. Jetzt ist niemand mehr davon da. Schöne Scheiße. Schnell einen Schnaps zur Verdauung bitte.
Also all Eyes on 2021. Kann nur besser werden. Oder? Hatte ich mir so im stillen Kämmerlein der Hoffnung ausgemalt. Doch denkste, Puppe! Kaum waren die letzten verbotenen Polen-Böller - Päff, Bumm, Päng – verhallt, stürmte eine nicht gerade schmale und als Village People verkleidete Horde Neo-Nazis das US-Capitol. Ja Herrgott, ist denn die ganze Welt verrückt geworden? Was soll denn noch kommen? Dreiköpfige böswillige Außerirdische, die aussehen wie der Wendler, Dieter Bohlen und Veronica Ferres? Mit einer Frisur wie Donald Trump und Pietro Lombardi-Songs als Invasions-Soundtrack in der Dauerschleife? Oder Xavier Naidoo als Teilnehmer beim Eurovision Song Contest? Karl-Heinz Rummenigge als DFB-Präsident und Friedrich Merz doch noch Kanzlerkandidat? Brüssel verbietet Apfelwein? Handkäs’ ist nur noch ohne Musik erlaubt?
Mir wird gerade ganz schwindelig. Denn in einem Land, in dem Impfgegner plötzlich an der Seite mit rechtsradikalen Vollspacken marschieren, kann bald nichts mehr heilig sein und die Menschen sind zu ganz kruden Handlungen fähig. Nur zur Klärung: Ich bin überhaupt kein chronischer Impfsympathisant. Aber ich bin auch der Überzeugung, dass ein Unterschied zwischen einer völlig überzogenen Sechsfach-Impfung für einen drei Monate alten Säugling und notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung einer Pandemie besteht. So mal schnell ins Unreine gesprochen. Doch gerade traue ich keinem mehr über den Holzweg. Die Politik macht in Bayern das, in Hessen ganz was anderes, die Infektionszahlen steigen, während zeitgleich die Solidarität sinkt, alle schimpfen über die Impfstoffbeschaffungsstrategie, während Schalke 04 trotz leerer Kassen weiterhin Spieler aus dem Ausland leihen kann. Mein lieber Schubkarrenschieber, was ist denn los? Kaum habe ich die „Fuck 2020“-Kappe in den Schrank geräumt, suche ich jetzt schon im Netz nach der 2021-Edition.
Ok, ok, vielleicht sehe ich zu schwarz. Und die Liga der ehrenlosen Arschgeigen bäumt sich zum letzten Mal auf. Vielleicht kommt ja alles anders. Sleepy Joe befriedet die USA, Donald Trump wandert in den Knast, Bolsonaro verschluckt sich an einen Stück Rinderfilet, die Eintracht schießt sich in die Champions-League und holt Sebastien Haller zurück, der 1. FC Köln steigt ab, Robert Habeck wird Kanzler, die New Bomb Turks feiern ein Comeback, Mutationen haben sich vom Acker gemacht, alle sind geimpft und leidlich glücklich und Annerose (Gott hab’ sie selig!) hat eine unbekannte Tochter, die wiederum das Dreimädelhaus 2.0 eröffnet.
Ach, wenn ich so darüber nachdenke. Herr Ober, bitte ein Bier auf 2021. Möglicherweise wird es besser als gedacht. Zumindest werden wir auch das überstehen! Hoffe ich mal.