Ich schlafe seit geraumer Zeit gerne auf der Couch ein. Vielleicht ist es das Alter, die wilden Kinder, die ganze Arbeit oder von allem ein bisschen. Ich weiß es nicht. Wie so oft tut es auch nix zur Sache. Denn wenn ich wieder aufwache, liegt meine Frau schon im Bett und im Gegenzug läuft meistens „Markus Lanz“. Also die Talkshow mit Markus Lanz, von und mit demjenigen, der vor etlichen Jahren sang und klanglos „Wetten, dass …?“ versenkt hat. Völlig ohne Not. Und ohne sich jemals dafür entschuldigt zu haben! Remember all together: „Wetten, dass …?“ Der Straßenfeger in nahezu ganz Europa, das Flaggschiff deutscher Fernsehunterhaltung, das letzte Lagerfeuer der Familie am Samstagabend, die finale Bastion, bevor die Schlagerfraktion und die Castingshows das komplette Ruder übernommen haben. Statt Bierausschenkende-Gabelstapler und per-Mund-aufgeblasene-Wärmflaschen jetzt Stimmung, Party, Playback und immer gute Laune! Dann wache ich also auf, sehe wie Lanz sich unangenehm gekrümmt seinen Gästen zuwendet und dann passiert mehrerlei. Ich frage mich zuerst, wer eigentlich immer so zu Markus Lanz in die Talkshow kommt. Oder besser warum? Denn Markus Lanz lässt eigentlich niemanden ausreden. Er quatscht stattdessen permanent rein, erzählt selbst gerne am meisten und labert davon, was er alles so gehört, gelesen oder gedacht hat. Das macht er ununterbrochen. Das hat er auch bei „Wetten, dass …?“ schon übel betrieben. So penetrant, dass so mancher von weit her angereiste US-Star bei so viel Dreistigkeit recht dämlich aus der Hose glotzte. Wäre ich eingeladen, dann würde ich gerne sagen: Herr Lanz, lassen sie mich doch bitte einmal ausreden. Oder – im Wiederholungsfall: „Jetzt seien sie doch endlich ruhig, ich bin der Experte.“ Vorausgesetzt natürlich, ich wäre als Experte zu einem Thema eingeladen oder das ZDF bräuchte mein Know-How bei irgendeiner Fragestellung. Ich bin allerdings nirgendwo richtig Experte. Vielleicht für den Themenkomplex „Deutsche Fußballtrikots im Wandel der Zeit“ oder für die Band Chokebore. Das sind aber Themen, die bespielt Lanz selten und so komme ich auch nicht in Verlegenheit, ihm in die Parade zu fahren. Ordentlich reingrätschen könnten ihm aber die ganzen Gäste, die sich hier treu die Klinke in die Hand geben. Das ist nämlich das nächste Auffallende. Es tauchen in regelmäßigen Abständen immer die gleichen Visagen in seinen Sesseln auf. Der Virologe Hendrik Streeck, der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, der SPD-Politiker Ralf Stegner, die junge Journalistin Vanessa Wu, um nur einige zu nennen. Oder – meine ganz persönliche Favoritin – die Medizinethikerin Alena Buyx. Ich dachte übrigens ganz lange, unsere Vorzeigeethikerin wäre Christiane Woopen. Verflixt und zugenäht, wir Deutschen haben in Sachen Ethik und Grundsatzfragen aber auch so einiges am Start. Frau Woopen war bis vor kurzem allerdings die Chefin des europäischen Ethikrates, ist auch sehr schlau, lässt sich allerdings nie bei Lanz blicken. Vielleicht weil sie doch noch etwas gescheiter als Frau Buyx ist. Oder weil eben die schon das Platzabo gebucht hat. Ich mag allerdings Alena Buyx und bin sogar ein ganz klein wenig in sie verknallt. Dabei kenne ich sie gar nicht persönlich. Aber sie ist klug und attraktiv. Und gescheit und adrett ist eine Kombination, die ich grundsätzlich ganz interessant finde. Deshalb frag ich mich einmal mehr, wie es dazu kommt. Warum lässt eine so schlaue und attraktive Frau sich permanent Raum und Zeit von einem so unangenehmen Moderator stehlen? Und kommt immer wieder? Leute, hier geht doch was nicht mit rechten Dingen zu. Da mögen die Querdenker noch so sehr Bill Gates im Verdacht haben, der schlimmste Finger moderiert im ZDF eine Talkshow, hat eine TV-Legende ungestraft ruiniert und pflanzt schönen schlauen Frauen Mikrochips ein, so dass sie immer wieder wie ferngesteuert zu ihm marschieren und ihn labern lassen. Das ist mein Verdacht. Julian Reichelt, da hätten Sie jetzt mal schön übernehmen können.

Geht aufs Haus 11|2021
Ralph Rußmann wacht auf.