Leute, unter uns. Können wir damit anfangen, mal wieder normal miteinander zu reden? So wie früher. Ohne saudumme Floskeln oder Begriffe, die sich nur ein Behämmerter ausgedacht haben kann? Ich benutze ja selbst schon so krudes Zeugs. Vor kurzem schrieb ich in einer WhatsApp „Da bin ich ganz fein mit“. Herrgott. „Da bin ich ganz fein mit …“. Kann irgendwer vielleicht einen Exorzisten für mich ordern? Nur zur Sicherheit. Ich weiß nämlich nicht, was da gerade in mich fährt. „Da bin ich ganz fein mit“. Ich schäme mich gerade nochmal für diesen geschriebenen Satz. Denn da habe ich plötzlich „ein Thema mit“. Verflucht. „Da habe ich ein Thema mit“. Das ist in der gleichen „Ich–übergebe-mich-gleich–im-Strahl“-Liga. „Hey, lass die Jungs mal, die haben gerade ein Thema miteinander“.
Kameraden, verstehen wir uns? Oder haben wir auch bald am Ende ein Thema miteinander? Vielleicht geht mir hier aber nur ein Vogel gepflegt auf den Senkel. Am Ende ist aber möglicherweise auch jemand „ganz bei mir“. Das kommt nämlich gleich im Schlepptau mit schnellem Fuß. „Du, da bin ich ganz bei Dir“. Früher hieß das, du hast komplett recht. Oder: Ich stimme dir zu. Jetzt sind plötzlich alle an jeder Ecke ganz bei mir.
Was soll denn das? Haben wir noch alle sieben Sinne beieinander? Ich weiß, ich weiß. Trends kommen, Trends gehen. Sprache und Sprüche verändern sich. Was gestern gut war, gilt heute schon lange nicht mehr. Ich werde älter und was bilde ich mir überhaupt ein. Als meine Großmutter auf ihre alten Tage nochmal einen Grill kaufen wollte und mich um Rat fragte, sagte ich ihr „Oma, kauf einen Holzkohlegrill, der ist geiler“, darauf sie: „Wie meinst Du das jetzt? Geiler?“. So viel zu den Generationen und dem Verständnis.
Aber mal im Ernst: Da bin ich ganz fein mit. Da kann doch niemand wirklich fein mit sein? Bei mir auf der Arbeit fragt plötzlich jemand nach dem „Enrichment“, Einstellungsprozesse heißen auf einmal „Onboarding“ und alles muss seit Corona nur noch als Hybrid denkbar sein. Hybrid war in meiner Kindheit vielleicht ein Superheld, der halb Mensch, halb Materie war. Oder ein Auto, das sowohl auf der Gasse fahren, als auch im Wasser vorankommen konnte. So wie „Dudu“ – aus „Dudu – Ein Käfer geht aufs Ganze“. Verflixt, jetzt vergaloppiere ich mich aber in meiner Rage. Das waren ja Amphibienfahrzeuge, oder? Aber das ist „am Ende des Tages“ wurscht, denn „Dudu“ kennt jetzt eh wieder keiner mehr. Mist, da ist plötzlich niemand mehr ganz bei mir oder hat ein Thema mit. Wahrscheinlich sind sogar alle längst ins Off geboarded.
Bei Projekten wird andauernd gefragt, wie skalierbar das alles ist und scheinen sie erfolgversprechend, tönt plötzlich einer, das wäre ein richtiger „Upskater“. Aber lieber Himmel, ich schwafle selbst schon von Hybrid-Konferenzen, spreche oder denke wahlweise mal was „in die Tüte“ und erzähle den ganzen Tag und allen, die es nicht hören wollen, was von Agilität. Ich bin ja keinen Deut besser und finde auch noch Gefallen daran.
These are wohl the Times, my friends. Die Welt ist eine große Agentur und um mich herum gehen urplötzlich etliche Schwätzer auch noch das „Familienprojekt“ an. Jesses! So viel Alkohol kann selbst ich nicht trinken, als dass ich den raushaue. FamilienPROJEKT! Ist das am Ende eigentlich vernünftig skalierbar? Als ich allerdings vor kurzem „fein war“ mit irgendetwas, da sah ich die überschrittene rote Feuerlinie. Und ich stand auf der falschen Seite. Eindeutig. Sie ist dünn, die Feuerlinie. Sie läuft zwischen notwendig und überflüssig, zwischen lässig und peinlich, zwischen angenehm und furchtbar nervend. Zwischen coolem Typen und schrecklichem Poser. Ich muss ein wenig achtgeben. Ich hab da nämlich ein ganz feines Thema mit. Das ist nicht so nice.