So leid es mir fast tut, ich muss nochmals ein Thema strapazieren. Doch es liegt mir am Herzen und ist mir im Sinn. Ganz ehrlich. Reden wir über … nein, nicht Fußball, Schallplatten oder mit wem ich gerne eine Himbeerschnitte essen würde. Ich mag nämlich gar keine Himbeerschnitte. Let’s talk stattdessen about Umweltschutz, my Friends! Deshalb erst einmal zum Entree, ohne dass jemand eine Bestellung aufgegeben hat: Mal abgesehen von der Kleberei mitten in der Urlaubszeit stehe ich auf fast alle Aktionen. Wirklich. Kein Gag oder falscher fieser Witz. Die ganzen Plattformen wie Refurbed oder Rebuy mit all ihrem wiederaufbereiteten Kram. Den runderneuerten iPhones oder gebrauchten Tablets. Ich liebe Kernseife statt Duschgel, weil kein Plastik und keine Verpackung und herrlich Old-School. So wie früher Opa Karl im Feinripp am Zuber. Pfand- statt Pappbecher find ick dufte. Bahnfahren statt Fliegen? Hohe Fünf! Ich finde es rattenscharf, dass wir mittlerweile Turnschuhe mit Gummi von wilden Amazonasbäumen und aus recyceltem PET oder so ähnlich produzieren und ich freue mich vor allem, wenn die Firmen mir erzählen, sie würden mit meinem Geld nicht nur ihre Löhne zahlen, sondern auch gleich noch einen Baum pflanzen. Heidewitzka, Herr Kapitän. So viel Gutes auf einmal. Sachen gibt es. Ich hoffe nur, es stimmt auch. Denn da geht es mir nämlich gleich viel besser. Wo befindet sich eigentlich mein kleines Waldstück? Ich fahr gleich mal mit dem Fahrrad hin. Ich stehe ungemein auf T-Shirts, die nicht von Kinderhänden in Indien durch die Nähmaschine gejagt, sondern stattdessen auf der Schwäbischen Alb nach Großmutters Art produziert wurden. Und fast noch mehr geht mir einer ab, wenn ich ein Super-Öko-Eis mit Geschmacksrichtung „Zitrone-Gurke“ lecke, bei dem sogar die Verpackung kompostierbar ist. Ja, rutsch mir einer den Buckel runter.
Alles, was Männern Spaß macht“. Pfui Teufel. „In den Regalen, der Muff aus all den sexistischen Jahren!
Zumindest auf dem freien Markt sind 2023 Nachhaltigkeit und Umweltschutz so sexy wie es 1984 noch ein Abonnement der Zeitschrift Playboy war. „Alles, was Männern Spaß macht“. Pfui Teufel. „In den Regalen, der Muff aus all den sexistischen Jahren!“ So ändern sich die Zeiten. Umweltschutz ist und bleibt der heißeste Verkaufsscheiß, seit Milky Way und Coca-Cola mit Kirschgeschmack. Da können die Klimaaktivisten noch so sehr die Durchfahrt nach Bruchköbel auf dem Arsch blockieren: Ist das Thema schön poliert, konsumiert es sich fast schon wieder ungeniert. Doch bevor ich mich in Kalauer-City verlaufe, lieber schnell die Sinne sortieren. Denn leider kommt mir so mancher Witz wieder hoch, wenn ich den Eindruck bekomme, dass mich der ein oder andere mit der Umweltmasche geschmeidig verarschen will. Wie eine Berliner Hotelkette, die plötzlich im Aufzug via Aushang mitteilt, dass sie aus Klimaschutzgründen ab sofort die Gästehandtücher nur noch jeden dritten Tag wechseln.
Damit wir uns in aller Treue richtig verstehen. Ich habe mein Handtuch gerne drei Tage in Gebrauch.
Nach kurzem Konzentrieren fällt mir nämlich siedend heiß auf, dass die einzigen, die bei dieser Aktion einen Beitrag zum Umweltschutz leisten, die ganzen Gäste des Hauses sind. Denn wir zahlen weiterhin den kompletten Zimmerpreis. Jetzt eben nur mit benutzten Handtüchern. Also ganz nüchtern: Umweltschutz praktiziere ich und nicht die Hotelkette. Damit wir uns in aller Treue richtig verstehen. Ich habe mein Handtuch gerne drei Tage in Gebrauch. Mache ich zuhause nicht anders. Sogar noch deutlich länger. Blinzel, blinzel. Aber diese Aktion ist geradewegs so, als würde mir der Wirt der Gasstätte meiner Wahl aus Gründen des Tierschutzes plötzlich nur noch ein halbes Schnitzel auf den Teller packen. Aber für den Preis eines Ganzen wohlgemerkt. Oder so ähnlich. Und dafür würde er sich auch noch feiern lassen. Deshalb liebe Geschäftsleute, unter uns und im Vertrauen. Euer Ansinnen, Energie und damit Geld zu sparen in allen Ehren, aber für dumm lass ich mich ungern verkaufen. Fragt mich bitte vorher, denn die Wahl, wann ich wo und was spare, würde ich in diesem Zusammenhang gerne selbst treffen. Da fällt mir ein. Ich könnte mein Duschhandtuch eigentlich mal wieder wechseln.