Hey, ihr Feinschmecker und polyglotten Weltentdecker. Ich freue mich ja wirklich über einiges, was sich mittlerweile in deutschen Supermarkt und sonstigen Regalen finden lässt. Dass dort im Jahr 2022 mehr Sorten an Barbecue-Soßen in Reih und Glied gelistet sind, als es Sportmarken auf der Welt gibt beispielsweise. Eine Soße mit Sweet Whiskey Tennessee Style, eine andere mit Bacon-Geschmack oder Grill & Buchenholz, wahlweise und alternativ Dark Beer. Und wer noch keinen rechten Bock verspürt, greift einfach zu Chili & Kren, Honig & Senf, Roasted Paprika oder Smokey Chipotle. Was immer Chipotles auch sind. Ich habe gerade keinen blassen Schimmer. Ich freue mich gleichermaßen, dass es 35 verschiedene Arten an Gewürzgurken zu kaufen gibt. Welche für Burger, andere speziell für Hot Dogs oder eine Sorte nur für Sandwiches, dazwischen Cornichons in klein, mittel, groß und das komplette Spreewald-Potpourri. Versteht sich von selbst. Haben sonst ja wenig aus dem Osten retten können. Darauf eine Flasche Rotkäppchen. Prost! Also wer Lust drauf hat, einfach zugreifen. Ich finde es auch rundweg spitze, dass sich in deutschen Drogerien komplette Regalwände ausschließlich mit Männerpflege beschäftigen. Dass jede Seifenfirma, wurscht ob traditionelle Wurzeln oder vom Hipster-Barbier aus Berlin-Neukölln gegründet, eine eigene After-Shave-Creme entwickelt hat und ich mir überlegen kann, ob ich meinen Bart mit Pfefferminze-Rosmarin oder doch besser mit Aloe Vera, Leindotteröl und grünem Tee geschmeidig shampoonieren kann. Ich mag das. Ganz ehrlich. Wir Männer machen uns durchaus Gedanken um Stil, Duft und Eleganz. Ich habe mich während der Pandemie sogar mit den kilometerlangen Gin-Regalen samt Start-Up-Brennern ausgesöhnt und etliche Sorten versucht. Was wollte ich denn sonst in trüben Lockdown-Tagen machen? Hicks. Und mit dem Craft-Bier-Thema steh ich ebenfalls nicht auf Kriegsfuß, entscheide mich am Ende nur meistens für ein Helles aus Bayern. Aber jetzt nehme ich euch nimmermüde Produktentwickler doch einmal zärtlich zur Seite und frage vertraulich: Haben wir ernsthaft Gin Tonic- und Whiskey-Duschgel ins Rennen geworfen? Und haben Eure Marktforscher tatsächlich rausgefunden, dass es dafür eine reale Käufergruppe gibt. So ganz in echt. Da bin ich dann doch von den gewaschenen Socken und genehmige zur Feier des Tages schnell einen GnT und einen Single Malt, bevor ich mir selbiges am Ende noch in den Seifenspender oder direkt in die Badewanne fülle. Allein des Wohlfühlfaktors wegen. Ich komme auf viele Ideen, aber mich in der Früh mit Gin-Tonic oder Whiskey zu duschen, schwirrte mir bislang nicht in mein Hirn. Ich habe es auch nicht vermisst. Das ist die eine Facette dieser hanebüchenen Schnapsidee. Manche Sachen sind zum Trinken oder Essen da, andere zur äußerlichen Pflege. Entsprechend habe ich auch keinen Bock, meine Zähne mit Colgate-Roastbeef zu putzen oder meine Haare mit India-Pale-Ale zu waschen. Nur falls ihr das als nächstes raushausen wollt. Da stink ich nämlich am nächsten Tag wie ein Bock und muss zum Vorstand zum Rapport. Obwohl. Zur Unterbrechung fällt mir hier eine Geschichte aus der Jugend ein. Es gab nämlich damals an meiner Schule ein Mädchen, das sehr verrucht wie attraktiv war. Ein Jahrgang über mir und Typ Independent-Star. Aus Unterfranken wohlgemerkt. Von der hieß es immer, sie würde ihre Haare mit Bier waschen. Das fand ich etwas strange, aber deshalb nicht weniger sexy. Also damals. Das bringt mich aber zur anderen Seite der ganzen Story. Nämlich, dass kein Schwein auf die Idee käme, für Frauen so einen Quatsch in die Produktion zu geben. Obwohl meine Frau mindestens genauso gerne Whisky trinkt wie ich und schlussendlich noch viel mehr Gin-Tonic. Sind wir Männer am Ende so einfach gestrickt? Und glauben wir mit einer ordentlichen Whiskey-Dusche wären wir noch hotter as hell? Spätestens jetzt kaufe ich mir eine Tube Sebamed und Kernseife. Ach übrigens. Chipotle sind geräucherte Jalapeños. Ich glaube diese Sauce versuche ich mal.

Geht aufs Haus 8|2022
Ralph Rußmann hat die Qual der Wahl.