Ich muss diesen Monat ganz dringend etwas loswerden. Mit knallvollem Magen, reinem Gewissen und frisch abgeputztem Mund. Und zwar etwas in Sachen Leberkäse. Ich esse nämlich sehr gerne Leberkäse. Ich liebe sogar ein wenig Leberkäse. Als Aufschnitt gleichermaßen wie als dicke heiße Scheibe auf dem Brötchen. Mit Spiegelei und gebacken in der Pfanne samt Bratkartoffeln. Oder als klassischer Belag geschnitten und mit Gurke auf einer knusprigen Semmel. Wenngleich ich sonst nie Semmel sage. Ich finde es sogar recht lächerlich, wenn Menschen außerhalb des tiefen Kernbayerns von Semmeln schwafeln. Nur habe ich aber gerade mal kein anderes Wort für Brötchen gefunden. Und Schrippen klingt ja wohl noch viel bescheuerter. Nur mal so am Rande: Leberkäse ist nicht gleich Leberkäse. Bayerischer Leberkäse wird andernorts auch Fleischkäse genannt und bayerischer Leberkäse hat keine Bestandteile von Leber. Der Einfachheit wegen verwende ich hier nur den Begriff Leberkäse. Damit meine ich den bayerischen Leberkäse. Es gibt wirklich sehr guten, normal bis mittel guten Leberkäse und okayen Leberkäse. Leberkäse ist nur ganz selten völlig schlecht. Finde ich zumindest. Es sei denn, er ist über die Zeit. Dann schmeckt selbst der beste Leberkäse nicht mehr. Richtig richtig guten Leberkäse zu finden, ist dafür auch wiederum nicht ganz so einfach. Vor allem, wenn man sich außerhalb Bayerns bewegt. Da möchte ich gleich den Hut ziehen vorm Freistaat und seinen Metzgern. Chapeux und Respekt dafür! Mein Schwiegervater bringt zum Glück immer eine ordentliche Portion mit, wenn er zu Besuch kommt und alle – meine Frau mal ausgenommen – klatschen begeistert in die Hände. Ich will aber auch nicht übertreiben und ehrlich sein.
„Schöne Frau, wollen Sie noch auf einen heißen Leberkäse mit zu mir kommen?“
Mit Leberkäse und einer Leidenschaft für Leberkäse gewinnst du 2025 nur noch selten einen Pokal und so richtig viele Frauenherzen werden ebenfalls damit nicht mehr erobert. „Schöne Frau, wollen Sie noch auf einen heißen Leberkäse mit zu mir kommen?“ In diesem Satz lauern mindestens zwei Fallstricke der Gegenwart. Anyways. So viel aber zu meiner ganz persönlichen Sympathie für den Leberkäse. So langsam, aber sicher wird mir jedoch die Symbolik des Leberkäses unangenehm unnötig überstrapaziert. Und der Leberkäse entwickelt sich zum Politikum. Fast wie die Wärmepumpe. Oder die Krim. „Jetzt kommt Leberkäse statt Tofutümmelei“ tönt nämlich lautstark und im Rausch der Macht der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und spätestens jetzt hebe ich – der ausgewiesene Leberkäseliebhaber – die Hand und habe die Faxen gewaltig dicke. Denn an dieser Stelle will ich ausdrücklich festhalten: Der Leberkäse ist viel zu lecker, als dass er für ein Grünen-Bashing herhalten darf. Denn, ihr liebe konservative Politikertruppe, die meint, dass das Kilo Fleisch für 2 Euro 90 für alle erhältlich sein muss: Hier werden Dinge willkürlich miteinander in den Fleischwolf geworfen, die dem allgemeinen Klima im Land wenig helfen.
Und grundsätzlich, es geht auch beides: Leberkäse essen und sich dennoch ums Klima kümmern.
In diesen besonderen Zeiten die ganze Woche Schnitzel und Schinken spachteln, mag in den Salons der Großstädte verpönt sein, aber Fleisch zum Preis von einer Packung Gummibärchen zu verkaufen, ist definitiv keine Alternative. Das ist kein guter Weg und der Markt regelt hier einen feuchten Scheißdreck. Und grundsätzlich, es geht auch beides: Leberkäse essen und sich dennoch ums Klima kümmern. Eine ordentliche Scheibe Leberkäse verdrücken und hinterher sogar Grün wählen. Soll es geben. Am Montag zu Mittag Leberkäse und Dienstag zum Abendessen Salat mit Tofu und Sojasprossen oder was weiß ich reinpfeifen. Dieser verbale Leberkäsemissbrauch in der Politik gehört allerdings dringend und schnellstens verboten. Das ist übergriffig und tut vor allem dem Leberkäse gar nicht gut. Auch weil er völlig überfrachtet wird. Ich fordere den allgemeinen Schulterschluss. Von Leberkäse und Tofu. Das muss unser gesetztes Ziel sein. Tofu und Leberkäse. Ein traumhaftes Lebensmitteldoppel und ein auf unterschiedliche Weise hinreißendes kulinarisches Paar. Die Herren Markus Söder und Alois Rainer, darüber lohnt es sich, im Populismusgetümmel einmal gründlich nachzudenken.