©Jens Trierweiler
Jörg Giegerich
Das Klischee: Die jungen Menschen von heute, selbstbetitelte Smombies, bekommen durch den festgenagelten Blick auf das Display nichts mehr von ihrer Umwelt und den aktuellen Problemstellungen mit. Und selbst wenn, hätten sie überhaupt kein Interesse daran, irgendetwas zu ändern. Den Gegenbeweis tritt der Leidersbacher Jörg Giegerich an, seines Zeichens Lehrer für Biologie und Chemie am Elsenfelder Julius-Echter-Gymnasium. Gemeinsam mit seiner Projektgruppe, bestehend aus SchülerInnen der Jahrgangsstufen sieben bis zwölf, hat er den Miltenbecher erschaffen, der aktuell regional für Furore sorgt.
Die Idee ist so naheliegend wie genial: In Kooperation mit diversen Anbietern wie Bäckereien oder Gastronomien wird der umweltbelastende Einwegbecher für den Coffee to go durch ein bepfandetes, lebensmittelechtes und aus recycelten Materialien hergestelltes Mehrweggefäß, den Miltenbecher, ersetzt. Die Inspiration hierzu hat sich Jörg im Rahmen der diesjährigen Umwelttage in Dillingen geholt, als ihm ein Kollege aus Kulmbach von dem dort etablierten Kulmbecher, erzählte. „Ich war sofort begeistert und habe die Idee für die Adaption während des Heimwegs in unsere Whats-App-Gruppe gepostet. Der absolute Wahnsinn aber war, dass sich innerhalb einer Stunde bereits 20 Schüler rückgemeldet hatten, um sich am Projekt zu beteiligen“, erzählt er uns mit Stolz.
Wobei diese Begeisterung bei seinen Schülern für derlei Aktionen nicht von ungefähr kommt, wenn man sich den Gesamtkontext anschaut. Denn Jörg Giegerich setzt schon seit geraumer Zeit auf die kreativen Möglichkeiten seiner Schützlinge und fördert diese nachhaltig. So hat er im Jahr 2015 die Beteiligung des JEG am bundesweiten Projekt „Jugend präsentiert“ forciert, in dessen Rahmen sich Schüler freiwillig in wissenschaftlicher Art mit Fragestellungen aus Umwelt und Gesellschaft auseinandersetzen und ihre Ergebnisse in Form einer Präsentation darstellen. Der Erfolg: In den Jahren 2016 und 2017 sahnten seine Schüler zwei erste Plätze auf Bundesebene ab.
Mit dem Miltenbecher knüpft nun die nächste Erfolgsstory nahtlos an: „Zuerst haben die Schüler das Konzept entworfen, mit dem ich dann auf Sponsorensuche gegangen bin. Durch die Förderung einer Bank konnten wir direkt 1.500 Becher produzieren lassen, die bereits alle im Umlauf sind. Ende Oktober haben wir die zweite Serie mit 2.100 Bechern bekommen, die jetzt verteilt wird – alles innerhalb von fünf Monaten!“ Regelrecht ins Schwärmen kommt Jörg bei der Betrachtung der Details: „Die Gruppe agiert wie ein Start-up-Unternehmen, es entwickeln sich regelrecht Abteilungen, in denen jeder nach seinen Stärken agieren kann. Unsere Homepage wurde beispielsweise von einer 13-jährigen Schülerin komplett autark entwickelt und betreut. Es gibt ein Media-Team, das unfassbar gute Image- und Aufklärungsvideos produziert hat. Auch eine Feierstunde zur offiziellen Vorstellung des Miltenbechers in Anwesenheit des Landrates und weiterer Persönlichkeiten wurde von den Schülern alleine geplant und organisiert.“
Und das wohlgemerkt in deren Freizeit, denn die Arbeit am Miltenbecher läuft komplett losgelöst vom Lehrplan und hat keinerlei Auswirkungen auf die Noten. Auch in diesem Zusammenhang betont Jörg bei seinen Ausführungen die unglaubliche Motivation der Projektgruppe, durch die sich eine zielführende Eigendynamik entwickelt hat. „Die Schüler pushen sich da gegenseitig. Meine persönliche Funktion ist vergleichbar mit Sport. Ich bin der Trainer, die Schüler das Team. Und alle haben ein großes Ziel: Dass der Laden rockt“, sagt er und lacht. Rocken wollen Jörg und seine Gruppe den Laden übrigens so lange, wie Bedarf besteht. Parallel arbeitet die Kreativabteilung bereits an neuen Konzepten und Aktionen, denn schließlich gibt es noch viel zu tun für die Region. Unser Fazit: Mehr Lehrer wie Jörg Giegerich, bitteschön!