
©Till Benzin
Burgschauspielverein
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit: Ein Vorzeigesohn, dieser Adam Lux, der 1765 mainaufwärts das Licht der Welt erblickte und als „Revolutionär aus Obernburg“ in die Geschichtsbücher Eingang fand. Über 200 Jahre später sorgt der Bauernsohn wieder für Schlagzeilen in der Region. Die Mitglieder des Burgschauspielvereins Freudenberg widmen dem glühenden Verfechter der Französischen Revolution gar ihren ganzen Frühsommer.
Allen voran Simon Schuster (rechts), der im Jubiläumsjahr – die Burgfestspiele feiern 30-Jähriges – Adam Lux mimt. An sieben Juniabenden sind Freilufttheaterfreunde eingeladen, die Ruine der Freudenburg, hoch droben über dem Main gelegen, zu erklimmen und „Adam Lux – frei leben oder sterben“ unter freiem Himmel zu erleben. Dabei ist die Besetzung der Hauptrolle mit dem kommunalen Kreisjugendpfleger fast eine ähnliche Sensation wie das Wirken des historischen Freigeists: Schuster ist nicht nur neu im Ensemble, sondern hat erstmalig Bühnenluft geschnuppert und sofort (Theater)blut geleckt.
Oder wie Detlef Scheiber, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins, es formuliert: „Schuster hat Regisseur wie Vorstand mit seiner hinreißenden Art begeistert. Er muss den revolutionären Denker nicht spielen – er verkörpert ihn mit jedem Aspekt seines Wesens.“ Größer könnte die Lobeshymne nun wirklich nicht ausfallen. Kommt da beim 36-jährigen Kirchzeller Nervosität auf? Mitnichten. Mehr noch: Er lässt sogar verlauten, dass sein Agieren im Innenhof der Burgruine keine Eine-Saison-Fliege bleiben soll.
Ein Statement, das nicht nur die allabendlichen Zuschauer – bis zu 600 Personen finden auf zwei Tribünen Platz –, sondern auch den Regisseur freuen dürfte. Boris Wagner, Absolvent der renommierten Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin und seit 2014 Künstlerischer Leiter der Burgfestspiele, zeichnete bereits für die 2015er Produktion „Burgunderblut“ verantwortlich und hat nun ein Jahr Vorbereitung in das Jubiläumsstück investiert. Mitte Juni feiert das eigens für die Burg verfasste Werk Uraufführung. Auf Adam Lux aufmerksam geworden sei man eher zufällig – durch einen Zeitungsartikel, der den Philosophen porträtierte. Da alle Inszenierungen des etwa 300 Mitglieder zählenden Vereins einen regionalen Bezug aufweisen sollen, kam jener Bericht zur rechten Zeit. Wagner wetzte den Bleistift und verfasste ein Bühnenstück, das zwar Ende des 18. Jahrhunderts angesiedelt ist, aber trotzdem zeitgeistig ist: „Wie Lux, der sich in den Jahren der Französischen Revolution gezwungen sah, Position für die gottgegebene Ordnung oder für die Revolution einzunehmen, müssen wir alle in Zeiten rechtspopulistischer Einflüsse Stellung beziehen. Auch heute muss man für Ideale kämpfen und entscheiden, ob man in einem System verharren möchte“, erläutert der Theatermacher. Adam Lux entscheidet sich für das Ideal der Freiheit und verteidigt es gemäß des Schwurs der Jakobiner: Frei leben oder sterben.
Anfang März fiel der Probenstartschuss, seit Ostern üben die Beteiligten – allein circa 50 aktiv auf der Bühne – jedes Wochenende am späteren Aufführungsort hoch über dem Main. Fast alles werde aus eigenen Reihen geleistet, erklärt der 45-jährige Neu-Miltenberger stolz. „Das ist vor allem im Amateurbereich etwas Besonderes.“ Kein Zweifel, die Freudenberger sind stolz auf ihre Festspiele, die den kleinen Ort alle zwei Jahre aus dem Dornröschenschlaf wachküssen. Spätestens wenn die untergehende Abendsonne die Burgruine in eine einmalige Kulisse verwandelt, sollte man sich in seiner Sitzschale zurücklehnen und ein vielschichtiges Theaterstück genießen, das weltbewegende Ereignisse mitten in heimische Gefilde holt.